Das untere Ende der justiziellen Intelligenz

Die Strafjuristen werden ja bekanntermaßen am unteren Ende der justiziellen Intelligenz angesiedelt.

Dieser Satz stammt von einem Insider, von Herrn Staatsanwalt Jörn Patzak aus Trier, seines Zeichens kompetenter Gegner der Verteidigung, wenn es um Betäubungsmitteldelikte geht.

Das Zitat ist schon etwas betagt, es fiel mir jedoch bei der Lektüre der Zeit, Ausgabe Schweiz, wieder ein. Der Schweizer Bundesanwalt Erwin Beyeler geht ist den Ruhestand und gibt dort das letzte Interview seiner Amtszeit.

Herr Beyeler versäumt es nicht in seinem Resumee, Verteidiger-Verhalten zu kritisieren:

Das stimmt nicht. Das ist falsch. So etwas ist sehr gezieltes Anwaltsgeschwätz.

und

Aber die Anwälte nutzen so etwas aus …

Diese Art der Kritik ist bekannt. Engagierte Strafverteidiger sind bei einer bestimmten Sorte von Staatsanwälten weder hier noch in der Oase beliebt. Anwaltsschelte aus dieser Ecke ehrt eher, als daß sie kränkt.

Am Ende des Interviews wird der künftige Pensionär nach seinen Zukunftsplänen gefragt:

Ich habe im Sinn, mich – nach einer Pause – als Anwalt formell zu konstituieren und eintragen zu lassen in Schaffhausen. Dann möchte ich gern beratend tätig sein für Behörden, auch Projekte begleiten. Vielleicht mal als außerordentlicher Staatsanwalt. Oder als Strafverteidiger, wenn ein ganz interessanter Fall kommt.

Der Kollege Konrad Jeker aus Solothurn, bei dem ich den Hinweis auf das Interview gefunden habe, begrüßt den künftigen Kollegen Beyerele freundlich, wenn auch mit einem gewissen Unterton.

Die Schweizer sind eben ein höfliches Volk. Ich hingegen überlege, ob es unterhalb des unteren Endes der Intelligenz noch ein weiteres Ende gibt.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

10 Antworten auf Das untere Ende der justiziellen Intelligenz

  1. 1
    Fjord Springer says:

    Ach, Herr Hoenig, nach unten ist immer Platz. Besonders wenn es sich um Intelligenz handelt. ;o)

  2. 2

    Ich glaube, uns Familienrechtler siedeln viele noch tiefer an.

  3. 3
    RAWinkler says:

    Was lese ich da für anwaltliche Tiefstapeleien oder ist eine Depression im Spiel?

  4. 4
    M.A.S. says:

    Das Interview liest sich für mich über weite Strecken wie ‚verbitterter alter Mann‘. Muß man das ernstnehmen? Und hat die ZEIT nicht früher mal lesenswerte Interviews geführt?

  5. 5
    Lexus says:

    Also am 1. Tag an der Uni wurden wir auch vom Zivilrechtsprofessor damit begrüßt, dass Strafrecht für die Studenten sei die es nicht so mit Jura haben. Anschließend sagte unser Professor für öffentliches Recht, dass Strafrecht ja eigentlich nur ein Teilbereich des öffentlichen Rechtes sei.

    Dass das Strafrecht ganz unten angesiedelt wird, wird also schon den Studenten vom ersten Tag an beigebracht :]

  6. 6
    MaxR says:

    Irgendwo las ich mal sinngemäß, daß die Intelligenz die gerechtverteilteste Gottesgabe überhaupt sei: Denn jeder glaubt, er habe genug davon.

    Dann ist doch auch wieder alles in Butter.

  7. 7

    Mir sind die Strafverteidigungskollegen, die sich für den Rechtsstaat auch im Einzelfall einsetzen, hundertmal lieber als die Anwälte, die denken daß Unternehmensfusionen oder Versicherungsrecht die höchsten aller Gefühle auslösen.

  8. 8
    ui-ui-ui says:

    Materielles Strafrecht ist zu Recht Erstsemesterstoff.

  9. 9
    pro sekution says:

    @ui-ui-ui:
    was für eine herrlich bescheuerte aussage. und so sinnbefreit.

  10. 10
    Nasowas says:

    Ist Intelligenz messbar? Was ist Intelligenz?

    Entscheidet der Geldbeutel eines Anwalts über seine Intelligenz?