Monatsarchive: April 2011

Eine freundliche Vollmachtsdiskussion

Der Kampf um den Nachweis, daß der Verteidiger von seinem Mandanten bevollmächtigt wurde, nimmt teilweise völlig bizarre Formen an. Der Verteidiger versichert seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung, der Staatsanwalt glaubt ihm kein Wort und schon geht das Theater um die Vorlage einer Vollmachtsurkunde los.

Daß es auch anders geht, zeigt dieser Fall, den wir in unserer Kanzlei bearbeiteten. Kolja Zaborowski verteidigte den einen und ich den anderen Beschuldigten.

Es begann mit meiner Verteidigungsanzeige …

Meine ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichere ich anwaltlich. Auf Meyer-Goßner, StPO, 48. A., Vor § 137 Rdz. 9 weise ich vorsorglich hin.

… dem Akteneinsichtsgesuch und dem üblichen Sermon.

Darauf reagierte der Staatsanwalt u.a. mit einer Bitte:

Sie sind als Verteidiger erfasst worden. Ich möchte Sie gleichwohl bitten, eine unterzeichnete Vollmacht Ihres Mandanten zeitnah nachzureichen. Da sich ein anderer Anwalt Ihrer Kanzlei für einen anderen Beschuldigten gemeldet hat, besteht Anlass zur Prüfung der Mandantierungsverhältnisse. Die von Ihnen gewünschte Akteneinsicht kann grundsätzlich gewährt werden.

Ich habe ihm zurück geschrieben:

Der Nachweis der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ist gesetzlich nicht vorgesehen und hier auch entbehrlich, nachdem beide Verteidiger diese anwaltlich versichert haben. Ich bitte daher darum, auf die Vorlage von Vollmachtsvordrucken zu verzichten.

Recht bald erhielt ich eine Antwort, mit der ich in dieser Form nicht gerechnet hatte:

Mit einer nur geringen Menge an Empathie für den geplagten Staatsanwalt ist sein Anliegen auch für einen knorrigen Verteidiger jedenfalls nachvollziehbar.

Und nachdem er das Thema mit diesen Worten eigentlich recht versöhnlich abschließt, scheint es hier ausnahmsweise einmal kein Fehler zu sein, seiner Bitte zu entsprechen.

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Vögel im Gegenverkehr

Das Flaggschiff der Deutschen Bahn AG.

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Der Gefangene

33 Jahre Knast – „Man fühlt sich nicht mehr eingeschlossen nach so langer Zeit. man läuft wie ein Uhrwerk und das war’s.“

Hans-Joachim Lenz wird 1951 in Niedersachsen geboren. Er erlernt viele Berufe: Stahlbauschlosser, Schmied und Drucker. 1978 verübt er in Berlin einen Raubmord und wird zu lebenslänglich “mit besonderer Schwere der Schuld” verurteilt. In der Strafanstalt Tegel, Deutschlands größtem geschlossenen Männervollzug, arbeitet er in der Gefängnisgärtnerei.

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Eine Vorschuß-Rechnung vor dem Wochenende

Es ist in unserer Branche üblich, den Mandanten vor Aufnahme der Tätigkeit um die Hereingabe eines Vorschusses auf die voraussichtlichen Kosten zu bitten. Insoweit scheinen sich Strafverteidiger und Insolvenzverwalter nicht zu unterscheiden.

Allerdings sehen meine Vorschußrechnung inhaltlich ein wenig anders aus als die des Herr Frege:

Der Insolvenzverwalter für das Deutschland-Geschäft der Investmentbank Lehman Brothers, Michael Frege, hat 45,3 Millionen Euro als Honorar-Vorschuss erhalten.

Ich bin ein wenig nachdenklich geworden, als ich den Artikel im Manager Magazin gelesen habe.

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Verkehrshinweis

Prognose für 2025:

Mehr Radfahrer als heute, weniger Fahrten mit dem Auto und häufigeres Nutzen von Bahn und Bus.

Quelle: Tagesspiegel

Noch mehr von diesen anarchistischen Radfahrern in Kreuzberg?? Das hält unsere Demokratie nicht aus!

Danke an HU für den Hinweis!

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Hardcore

Vor dem Landgericht Göttingen wurde das Geständnis von Jan O. verlesen:

Erfahrenen Strafrechtlern und Opferanwälten wie den Nebenklage-Vertretern Carsten Ernst und Steffen Hörning stand das Entsetzen im Gesicht. Die beisitzenden Richterinnen blickten fassungslos zu dem Angeklagten, eine von ihnen schloss immer wieder die Augen. Routinierte Ermittler starrten ins Leere. Und das, obwohl sie alle das Dokument längst kannten. Abgehärtete Gerichtsreporter verließen den Verhandlungssaal.

Aus einem Prozeßbericht im Spiegel

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Reisekostenvorschuß

Ich hatte von einer Bulgarien-Reise berichtet, die durch eine „ausgelagerte“ Beweisaufnahme erforderlich wurde. Einer der Verteidiger hatte beantragt, einen Vorschuß auf die Reisekosten festzusetzen und an ihn auszuzahlen.

Die freundliche Rechtspflegerin, die für diesen Antrag zuständig ist, schrieb ihm:

… werden Sie bzgl. Ihres Antrags auf einen Reisekostenvorschuss um Mitteilung gebeten, wer die Reise durchführen wird. Der Antrag ist von demjenigen, der den Vorschuss in Anspruch nehmen möchte, schriftlich zu stellen bzw. genügt der schriftliche Hinweis, dass Sie persönlich reisen werden.

Es bestehen keine Bedenken, einen Vorschuss in Höhe von 500,00 € pro Person festzusetzen. Nach Durchführen der Reise sind die tatsächlich entstandenen Kosten durch Einreichen der Originalbelege abzurechnen.

Der Antrag stammte vom 29. März 2011. Der Flieger nach Sofia startete von Tegel am 13. April 2011 um 10:05 Uhr (Flugnummer: FB 0320). Auf dem Schreiben der freundlichen Rechtspflegerin war oben rechts zu lesen:

Die Mühlen der freundlichen Rechtspflegerin brauchen eben ihre Zeit.

Nebenbei – soviel Zeit muß sein:

Kosten für Frühstück oder andere Mahlzeiten werden durch das Tagegeld abgegolten und können nicht abgerechnet werden.

Aber wehe, wenn das Gehalt der freundlichen Rechtspflegerin nicht pünktlich am Monatsersten auf ihrem Konto ist.

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Mal eben bestellt

Osterlektüre, nostalgische.

„Euch schickt der Herr zu uns.“
„Nein! Wir kommen nur zufällig vorbei!“

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Überflutung

BGH-Präsident Klaus Tolksdorf kritisierte in seinem Grundsatzreferat zum Thema „Strafen um jeden Preis?“ die Flut neuer Strafrechtsnormen, etliche neue, teils hochkomplexe Tatbestände seien selbst für Praktiker kaum noch zu durchschauen.

Auch die Debatte über die Verjährungsfristen in Fällen sexuellen Missbrauchs zeuge von der gewachsenen Bereitschaft zum „Strafen um jeden Preis“, klagte Tolksdorf. Zugleich kritisierte er die Zunahme der Telefonüberwachung. Zwar gehe ihm die Behauptung des früheren Verfassungsrichters Jürgen Kühling zu weit, wonach das Fernmeldegeheimnis de facto abgeschrieben werden müsse. Doch habe die Überwachung mittlerweile ein bedenkliches Ausmaß erreicht.

Quelle: Berliner Zeitung

Hey, will der Mann uns arbeitslos machen?! Schließlich leben Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und die gesamte Belegschaft der Justiz ganz gut von dem Verfolgungswahn des Volksempfindens.

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Klaus klaut

Der tschechischer Präsident Václav Klaus wird sich wohl irgendwohin gebissen haben, nachdem er sich das hier angeschaut hat:

Politiker eben.

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