Richterlicher Rat als Entschuldigungsgrund?

Zufällig begegnete mir der Vorsitzende Richter einer Schwurgerichtskammer auf dem Flur. Das Schwurgericht urteilt über Delikte am Menschen, oft über Mord und Totschlag.

Ich hatte ein paar Tage zuvor eine Beschwerde gegen einen Beschluß dieser Kammer erhoben. Darüber wurde nun entschieden. Erwartungsgemäß zu Lasten meines Mandanten: Die Beschwerde wurde verworfen.

Mein Antrag war ganz klar unbegründet, jedenfalls für den Eingeweihten, der die ständige Rechtssprechung kennt. Ich hatte mir eine (ok, ein wenig abseitige) Literaturmeinung zu eigen gemacht und ein mir ein bisschen was eigenes einfallen lassen. (Das eigentliche Ziel der Beschwerde hatte ich dann aber doch erreicht, aber das ist eine andere Geschichte, auf die ich noch zu sprechen komme.)

Über das Ergebnis der Entscheidung kamen der Vorsitzende und ich kurz ins Gespräch:

Richter:
Alles andere als die Ablehnung der Beschwerde hätte mich auch sehr verwundert. Schließlich steht der BGH felsenfest gegen die von Ihnen vertretene Ansicht.

Verteidiger:
Nun, ich wollte es nicht unversucht lassen. Und außerdem: Wenn es geklappt hätte, wäre ich in die Zeitung gekommen.

Richter:
Das können Sie einfacher haben: Begehen Sie einen Mord, dann steht Ihr Name morgen auf der Titelseite der BZ.

Verteidiger:
Gute Idee, ich denke mal drüber nach!

Schade, es ist in Berlin nicht mehr eindeutig vorhersehbar, welcher Richter für eine solche Tat, wenn ich sie denn begehen würde, zuständig sein wird.

Aber das wäre doch ein echter Knaller, wenn ich nach Verlesung der Anklageschrift und zu Beginn meiner Einlassung als Angeklagter vor der versammelten Presse von diesem Flurgespräch berichten würde. Dann käme ich ein zweites Mal auf die Seite 1. Und der Vorsitzende gleich mit.

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8 Antworten auf Richterlicher Rat als Entschuldigungsgrund?

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    JCL says:

    Ja, ja, die BZ interessiert sich eben auch mal gerne für den mäßig witzigen Smaltalk von Juristen, wenn denn die Begleitumstände passen. *g*

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    doppelfish says:

    RA JM: Ob der Rat des Richters dazu konkret genug wäre? Nicht, daß sich CRH und der Richter dann ein staatliche Wohnung teilen müßen. ;)

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    Burschel says:

    Wenn es Ihnen dann noch gelingt, Ihre Kaffeemaschine unbemerkt in die Haftzelle zu schmuggeln, ist Ihnen zum drittenmal die Seite 1 sicher („Deutschlands dreisteter Häftling“ oder so)

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    Lexus says:

    Und wenn dann auch noch rauskommt, dass sie zum Bankraub aufriefen!

  6. 6
    Malte says:

    Vor der Tatausführung bitte noch Gedanken über das zukünftige Opfer machen. Bei einer guten Wahl hätte die Tat außer der medialen Aufmerksamkeit noch einen zweiten Sinn :-)

  7. 7
    egal says:

    Ich dachte, sie mögen keine Verräter? ;)

  8. 8
    fernetpunker says:

    @RA JM, viel besser, nach § 30 StGB sind beide auf jeden Fall schon jetzt dran!