Justizamtmann geohrfeigt

Kostenbeamte sind die Folterknechte der Justiz, wenn es um die Gebühren des Pflichtverteidigers geht. Die Halbgötter in Schwarz entscheiden oft schlicht aus dem Bauch heraus, ohne auch nur einen Gedanken an Sinn und Zweck der Tätigkeit eines Verteidigers verschwenden. Rotstift und gut is‘, scheint viel zu oft das Motto zu sein.

Gegen hirnlose Entscheidungen steht dem Verteidiger natürlich ein Rechtsmittel zur Verfügung, hier die „Erinnerung“. Zu der Unterbezahlung für die eigentliche Verteidigung addiert sich dann noch der arbeitsintensive Kampf um das Kleingeld. In vielen Fällen gewinnt der Verteidiger diesen Kampf, die Mühen dafür bekommt er allerdings nicht erstattet. Deswegen pfeift ein Verteidiger oft auf das Geld und zieht seine Konsequenzen an anderer Stelle. Ob das der Rechtspflege dann nützt, steht auf einem anderen Blatt.

Anlaß für diesen (für einen strafrechtlichen Laien etwas schwierigen) Beitrag ist eine Kostenentscheidung des Amtsgerichts, die (für den Kundigen zwischen den Zeilen deutlich erkennbar) einem Justizamtmann um die Ohren gehauen wurde.

Ich hatte den Mandanten auch in einem Haftprüfungstermin verteidigt. In solchen Terminen wird viel erörtert, aber wenig protokolliert. Insbesondere dann, wenn die Haftprüfung (nach Anklageerhebung) bei dem Richter stattfindet, der auch in der Hauptsache zu entscheiden haben wird.

Ich habe den Antrag auf eine Entscheidung zurückgenommen, nachdem ich an anderer Stelle das Verteidigungsziel erreicht hatte, nämlich die Durchführung der Hauptverhandlung direkt im Anschluß an den Haftprüfungstermin. So sieht das dann aus im Sitzungsprotokoll:

Dem Termin sind bereits einige, teils mühsame Gespräche mit Richter und Staatsanwalt voraus gegangen.

Am Ende der Instanz habe ich die Verteidigung im Haftprüfungstermin auch vergütet verlangt. Der Justizamtmann schrieb mir lapidar:

Eine gesonderte Gebühr nach Nr. 4103 W RVG kann hier nicht beansprucht werden, da im Haftprüfungstermin vom 28.01.2009 nicht über die Fortdauer der Haft verhandelt wurde.

und demonstriert damit seine schiere Ahnungslosigkeit von seiner eigenen Tätigkeit. Es folgte diesmal das Rechtsmittel und dann die Entscheidung des Gerichts:

Die Erinnerung ist zulässig und begründet. Es ist der typische Sinn eines Haftprüfungstermins, die Haftfrage zu erörtern (und ggf., soweit keine Rücknahme des Haftprüfungsantrages erfolgt, zu entscheiden). Wenn anlässlich der Haftprüfung auch noch andere – zumal verfahrensfördernde – Erörterungen stattfinden, ändert dies an der Entstehung des Gebührenanspruchs nichts.

Ich war versucht, diese Entscheidung mit einer Dienst-/Fach-Aufsichtsbeschwerde an irgendeinen Oberamtsmann zu schicken und zu beantragen, die Kosten für diese sinnlose Ehrenrunde dem Justizamtmann vom Gehalt abzuziehen. Nur auf einem solchen Wege bestünde die reelle Chance, daß sich solcher Blödsinn nicht ständig wiederholt.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz veröffentlicht.

12 Antworten auf Justizamtmann geohrfeigt

  1. 1
    Malte S. says:

    Wenn es die einzige Chance zur Verhinderung solchen Blödsinns ist, warum waren Sie dann nur versucht und haben es nicht getan?
    Mal ehrlich, der Justizverwaltungsapparat benötigt eine Menge Ohrfeigen, bis er auch nur halbwegs wieder funktioniert.

  2. 2
    Rechtsflegel says:

    Seit wann sind Rechtspfleger „Kostenbeamte“ und seit wann haben diese selbst von Berufs wegen etwas mit dem Haftprüfungstermin zu tun?
    Auch wenn ich Ihren Blog sehr schätze, aber hier haben Sie dem Falschen aus dem falschen Grund eine Watsche verteilt. Der insoweit tätige Rechtspfleger hat mit Strafsachen – gerade am AG – herzlich wenig zu tun. Vollstreckung in Jugendstrafsachen, Festsetzung von Pflichtverteidigervergütung und das war’s schon fast.

      Dieser Beamte (wie auch immer seine zutreffende Bezeichnung sein mag) sitzt in der Turmstraße mitten im Kriminalgericht und hat den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als über die Kosten von Strafverfahren zu entscheiden. Wir sind hier in Berlin mit einem zentralen Strafgericht und nicht in Bad Salzungen, wo das Strafgericht mit Familienrechtlern besetzt ist. *Dieser* Beamte hier wußte genau (oder hätte zumindest wissen können), was er da anrichtet.

    Mit dem vorhergehenden Verfahren hat er nichts am Hut. Das Protokoll ist der einzige Anhaltspunkt dafür, was denn nun vorlag. Wenn sich nicht mit einem einzigen Nebensatz aus diesem ergibt, was denn da tatsächlich stattfand (es reicht ja schon ein „Die Sachlage wurde erörtert“!), woher soll es der JAM denn dann wissen?

      … weil er solche Protokolle zu hunderten auf dem Tisch hatte, wenn er auch nur ein einziges Jahr im Job war.

    Und warum ist es so wichtig, dass es ein Amtmann war (und kein Oberamtsrat, Inspektor oder whatever)?

      Das ist mir völlig wurscht. Von mir aus kann man solche Leuten auch einen Adelstitel geben, deswegen ändert sich die Qualität ihrer Arbeit nicht.

    Mal ganz davon ab, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei einer SACHentscheidung formlos, fristlos und sinnlos sein dürfte…

      Das sehe ich nicht so. Wenn ich eine DAB schreibe, wird der „Rechtsflegel“ sich beim nächsten Mal an meinen Namen erinnern. crh

    Dickes Eigentor – schade!

  3. 3
    Rechtsflegel says:

    Nachtrag: Ein „Oberamtsmann“ ist übrigens nicht existent.
    Die Beförderungsstufen im gehobenen Dienst sind seit ewiger Zeit
    Inspektor (A9)
    Oberinspektor (A 10)
    Amtmann (A 11; ohne s)
    Amtsrat (A 12; wieder mit s)
    Oberamtsrat (A 13).

    Mit der Dienstaufsichtsbeschwerde von Beamten im gehobenen Dienst befasst sich der Direktor/Präsident der jeweiligen Behörde.

    Dennoch einen guten Rutsch!

  4. 4
    skugga says:

    @ Rechtsflegel: Sorry, aber was ist unklar an „zum Zwecke der Haftprüfung“ und an Nr. 3) des Beschlusses? Allein aus diesen beiden Punkten erschließt sich mühelos, dass die Gebühr entstanden ist.

  5. 5
    RA Will says:

    @ Rechtsflegel: Ja, das sehe ich genauso wie skugga und der Kollege Hoenig. Im Protokoll steht Haftprüfung, also ist die Gebühr entstanden.

    Generell bin ich dazu übergegaangen, mit jeden erdenklichen Pups ausdrücklich protokollieren zu lassen. Z.B. bei der verbindung mehrerer Verfahren in der HV, dass sich die Beiordnung auf alle Verfahren erstreckt, denn sonst will der Kostenbeamte nachher nur die Gebühren für ein Verfahren bezahlen.

    Und dass die Dienstaufsichtsbeschwerde nichts bringt, sehe ich auch nicht so. Ich bin in letzter Zeit auch dazu über gegangen, öfter eine Dienstaufssichtsbeschwerde zu machen und siehe da, einige Sachen passieren anschließend nicht mehr…
    Da einige Richter zunächst etwas ungehalten reagieren, erkläre ich immer ausführlich, weshalb ich das gerne drin stehen hätte. Dann gibt es quasi immer ein Einsehen, aber auch große Verwunderung, weshalb der Kostenbeamte auf die Idee kommen könnte, nur einmal bezahlen zu wollen. Tja, ich weiß es auch nicht und verstehe es erst recht nicht. Aber man kann ja nicht alles verstehen…

  6. 6
    fernetpunker says:

    Bekommen die Kostenbeamten denn eine Extravergütung für Gelder, die sie nicht zahlen wollen? Gibt es bei Beamten ein derartiges Leistungsprinzip?

      Leistungsprinzip bei Jusitzbeamten?? Eieiei … crh
  7. 7
    Rechtsflegel says:

    Noch einmal zur Klarstellung: Es handelt sich nicht um (profane) „Kostenbeamte“. Ein „Kostenbeamter“ ist ein Beamter des mittleren Dienstes, der sich überwiegend mit den Gerichtskosten beschäftigt.
    Die Festsetzung Ihrer Vergütung obliegt dem gehobenen Dienst, da dem Rechtspfleger. Ob er in Strafsachen als Rechtspfleger oder als UdG auftritt, ist mir nicht bekannt – ich gehe jedoch (wie bei den PKH-Vergütungen) davon aus, dass diese Tätigkeit als UdG ausgeübt wird. (Zur Erläuterung: Wäre der Rpfl als Rpfl tätig gewesen, hätte Bezug auf § 9 RPflG genommen werden können)

    Nichtsdestotrotz ist eine Dienstaufsichtsbeschwerde dazu da, auf dienstliches Fehlverhalten eines Beamten aufmerksam zu machen – wie z.B. Verfahrensverschleppung, ungehobelter Tonfall o.ä.
    Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist nicht das geeignete Rechtsmittel gegen eine Entscheidung – und im Regelfall hilft auch eine so deutliche Watsche, wie sie hier durch den Erinnerungsrichter verteilt wurde.

    Mag sein, dass es in Berlin anders läuft… es wäre traurig, aber vorstellbar ist es.

    @fernetpunker: Nein, wir Rechtspfleger sind nur allgemein als „pingelig“ verschrien, weil wir uns *erdreisten*, dem Rechtsanwalt auch mal (in vielen Fällen übrigens zurecht – hier augenscheinlich nicht) etwas abzusetzen… sei es in Strafsachen oder im „normalen“ Zivil-Kostenfestsetzungsverfahren oder bei PKH- oder Beratungshilfevergütungen etc.pp.
    Und wer damit nicht einverstanden ist, der legt halt Rechtsmittel ein ;-)

  8. 8

    […] Der Kollege Hoenig schildert seinen Kampf mit den Kostenbeamten und die Kostenerstattung für die Verteidigung im Strafverfahren. Es geht aber auch immer noch eine Nummer tiefer. Im Sozialrecht zum Beispiel. […]

      Wenn ich im Sozialrecht unterwegs bin (meist im Zus’hang mit Betrugsvorwürfen), kommt mir stets der Gedanke an böswillig genutzte Kettensägen. crh
  9. 9
    John Doe says:

    @Rechtsflegel:
    Jo, in dem Fall wäre die Fachaufsichtsbeschwerde der Dienstaufsichtsbeschwerde vorzuziehen.

  10. 10
    Malte S. says:

    @Rechtsflegel: Selbst Staatsanwaltschaften sehen die sachliche DAB als passendes Mittel, um unanfechtbare StA-Entscheidungen doch noch gerade zu bekommen. Die sachliche DAB richtet sich ja gerade auf eine sachliche Verfehlung. Diese lag hier nunmal vor, die DAB ist daher dem Grunde nach durchaus das richtige Mittel.

  11. 11
    chaoskas says:

    Der Grund warum oft der Rotstift angesetzt wird ist, das einige Ihrer Kollegen sehr kreativ sind was zu erstattende Kosten betrifft. Nun kann man jedesmal eine Prüfung durchfühen (=viel Arbeit) oder man setzt den Rotstift an und wälzt die Arbeit auf die Gegenseite ab.

    Wie beschrieben verzichten viele auf diese Arbeit auch wenn Anspruch besteht da es sich nicht lohnt und der Staat hat wieder gespart. Ursache dieser Praxis ist aber der unehrliche Umgang bei der Beantragung.

    Zumindest ist dies meine Erfahrung in einem ähnlichen Bereich ;-)

  12. 12

    […] Geistes Kind manch Folterknecht der Justiz ist, zeigt sich einmal mehr in dem Beschluß des Landgericht Koblenz vom 24.09.2010 (4 Qs 56/10), […]