Ersatzzustellung

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin schickt mir drei dicke Bände einer Akte, die unter anderem ein nicht rechtskräftiges Urteil gegen meinen Mandanten enthält. Ich brauche diese Akten dringend, weil ich eine Revision begründen möchte.

Mit dem Versand beauftragt die Staatsanwaltschaft die „DPD Geopost“ in Wustermark. Auf den wohl üblichen Wegen kommt das Aktenpaket dann nach Berlin, wo es dann von der „DPD Zeitfracht“ an uns ausgeliefert werden soll.

Der Zusteller hatte aber wohl am Abend des 29.09.10 nicht mehr so die richtige Energie, die zwei Treppen zu uns hoch zu laufen. Statt dessen gibt er das Paket irgendwo in der Nachbarschaft ab, vielleicht weil er dort sowieso noch ein (anderes) Paket ausliefern möchte.

Es könnte eine schlaue Idee sein, wenn sich die Herrschaften dieses DPD Paketdienstes mal ein paar Gedanken über den Begriff „Zuverlässigkeit“ machen würden. Denn es kann sicher nicht schaden, wenn man als Absender darauf vertrauen kann, daß die Sendung auch beim Empfänger ankommt.

Ich hoffe, daß die Verantwortlichen bei der Justiz in Neuruppin sich diesen Gedanken anschließen werden.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei), Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

16 Antworten auf Ersatzzustellung

  1. 1
    Otto says:

    Nicht rumheulen!

    Die Alternative besteht dann meist darin, dass sie das Paket in irgend eine Zentrale, mindestens 70km vom Zustellort entfernt, einliefern.

    Da kann man es sich dann Mo-Fr selbst abholen. Ansonsten kommen sie auch gerne noch mal am nächsten Tag zur selben Zeit vorbei (toll für Berufstätige).

    Also lieber freuen wenn es schon mal in der Nähe ist!
    (Noch besser ist es natürlich wenn man das auch durch eine Benachrichtigung erfährt und nicht erst 3 Tage später durch einen Anruf heraus findet…)

  2. 2
    Micha says:

    Mir wäre es als Mandant nicht lieb, wenn meine Akte beim (vertrauenswürdigen??) Nachbarn landen würde. Deshalb gibt es bei Paketdiensten auch die Option, die Ware zu einer bestimmten Zeit oder bis zu einer bestimmten Zeit abzuliefern oder bei Gewerbe am Wochenende keinen Zustellversuch zu unternehmen. Und wenn der Absender noch das Kästchen „persönlich“ ankreuzt, darf es (eigentlich) nicht beim Nachbarn abegegeben werden. Soweit die Theorie. Praxis ist, dass Pakete bei Privaten meist von 8-16 Uhr abgegeben werden, danach kommen die großen schweren Teile für die Firmen, weil da jetzt bestimmt noch jemand da ist….
    So zumindest meine Beobachtungen. Ich werde fast täglich früh zwischen 9 und 11 aus dem Bett geklingelt, weil der Postbote irgendwas im Haus abgeben will. Im Erdgeschoss wohnen und ab und zu Nachtschicht passen eben nicht gut zusammen.

  3. 3
    A.N. says:

    @Otto: Dass CRH in der Kanzlei anwesend war und das Paket hätte annehmen können, haben Sie jetzt aber schon erfasst?

    @CRH: Immer drauf. Bei Paketdiensten und Akten ist deutsche Beschwerdekultur nicht unangebracht.

  4. 4
    JPaudio says:

    Da können Sie ja nur hoffen, dass die Staatsanwaltschaft nicht auf einen bestimmten anderen Service (ebenfalls mit 3 Buchstaben, nein, fängt nicht mit U an) umsteigt. Diese Herrschaften legen eine Sendung auch mal im Hausflur – wenn man Glück hat wenigstens vor der richtigen Tür – ab. Ohne Benachrichtigung.

  5. 5
    RA JM says:

    (Angeblicher) Zustellungsversuch um 20.00 Uhr – habe ich auch noch nicht gesehen.

  6. 6
    Hans says:

    Bei DPD mag das ungewöhnlich sein. Bei Hermes ist das gang und gäbe, daß die stinkenden ungewaschenen (und vermutlich auch ausgebeuteten) „Fahrer“ auch noch weit nach 20 Uhr klingeln. Alternativ morgens vor 7 Uhr. Aber dafür gucken sie einen dann auch vorwurfsvoll an, dass sie zwei Stockwerke hochlaufen müssten und keuchen als wenn unmittelbar ein Lungenkollaps bevorsteht.

    Die Servicequalität der Paketdienste hat durch die Bank extrem nachgelassen.

  7. 7
    Arnold Weißenegger says:

    http://www.dpd.com/de/content/download/2193/33843/file/AGB_DPD%20CLASSIC_03_08_de.pdf
    4 LEISTUNGSUMFANG
    4.1 Die Leistung umfasst
    (…)
    4.1.3 die Ablieferung mit befreiender Wirkung an jede unter der Zustelladresse angetroffene empfangsbereite Person, es sei denn, es bestehen begründete Zweifel an deren Empfangsberechtigung; die Identität dieser Person (z. B. anhand eines Personalausweises) muss nicht überprüft werden;
    (…)

    Vielleicht sollte einfach der Absender durch geeignete Hinweise bei der Adressierung (“ – persönlich – nicht bei Nachbarn abgeben“) dafür sorgen, dass ggf. begründete Zweifel an der Empfangsberechtigung bestehen.

    Mir selbst ist eine Abgabe bei der Nachbarschaft durch DPD, Hermes oder GLS lieber als jeder Karteneinwerfer von der Post/DHL, welcher ohne Notwendigkeit eine zeit- und kostenaufwändige Abholung in einer Filiale erzwingt.

  8. 8

    Nochmal: Wir reden hier von Strafverfahrensakten. Servicerwägungen hin oder her.

  9. 9
    Hanno says:

    „die“= „dies“ im pdf Text?

  10. 10
    ExRA says:

    Am letzten Mittwoch, als das passierte, waren doch noch Semesterferien, oder? Dann war der Zusteller mit Sicherheit eine Aushilfe, Jura-Student im 2. Semester, der sich nicht einmal ansatzweise vorstellen kann, dass er später einmal als Rechtsanwalt auch noch um 20 Uhr abends in der Kanzlei sitzen wird. Deshalb wäre der auch nie auf den Gedanken gekommen, jemals bei seiner „Schummelei“
    (Zustellversuch um 20 Uhr erfolglos, weil niemanden angetroffen) erwischt zu werden.

  11. 11
    Christian says:

    Nein, auch „persönlich“ und so hilft nix. Vorletzte Woche, Riesenkiste per DHL, Wert > 1000 €, Absender gibt ausdrücklich „Eigenhändig“ vor, was an sich PA prüfen bedeutet. Zusteller stellt mir die Kiste vor die Füße, schönen Tag noch.

  12. 12
    Hans says:

    @Christian: Ist der Service „Eigenhändig“ denn auch korrekt gebucht und bezahlt worden? Einfach nur draufschreiben gilt nicht, da das extra kostet.

  13. 13
    Karl says:

    Auch kürzlich erst erlebt, keine Benachrichtigung im Briefkasten und vom Absender erfahren, dass nach Recherche das Paket bei einem/ einer „Müller“ ist. Der Name steht nicht an den Briefkästen und da viele Büros im Haus sind, sind unmöglich alle Mitarbeiter bekannt. Einige Tage später kam man dann aus dem Büro auf uns zu… Der Kostendruck zur Gewinnmaximierung sorgt für starke Qualitätsreduktionen bei Dienstleistungen und Produkten in Deutschland, eine abenteuerliche Entwicklung.

  14. 14
    doppelfish says:

    Wenn die Verantwortlichen in Neuruppin auf die Idee kommen, daß die Akten in Zukunft nur in ihren Geschäftsräumen einzusehen sind? Versenden kann man die ja nicht, wer weiss, wo die ankommen.

  15. 15
    JPPB says:

    Aus dem Leben eines Paketzustellers „light“

    Dienstbegin: 9.30 Uhr
    Empfang der Ladeliste : 9.45
    Schreiben der „nicht angetroffen Zettel“: 9.45 – 10.30 Uhr
    In den VW Golf steigen und losfahren: 10.35
    Letzte Karte eingeworfen: 12.45
    Zurück im Hauptlager 13.15
    Beladen LKW mit Paketen 13.20 – 13.45
    Abfahrt zur Postfiliale: 14.00
    Ankunft Postfiliale: 14.20
    Entladen LKW: 14.30 – 15.00
    Rückfahrt und Ankunft im Lager: 15.30
    Feierabend!

    Und schon wieder 125 Haushalte am 20.12. glücklich gemacht.

    Könnte natürlich alles nur Fiktion oder ein schlechter Traum gewesen sein. Aber als Student verwechselte man sowieso alles. Gott sei Dank träume ich so etwas aber schon seit über einer Dekade nicht mehr.

  16. 16
    Friedrich says:

    Sehr lesenswert dazu, aber leider in der Praxis viel zu wenig bekannt:
    OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. März 2007, I-18 U 163/06, http://openjur.de/u/30880.html
    Eine Klausel in AGB, die es dem Frachtführer gestattet, Sendungen im Wege der Ersatzzustellung an Nachbarn des Empfängers abzuliefern, ist unwirksam.