Zeitablauf als Strafmilderung

Ich fahre gleich nach Moabit. Schwere Untreue wird dort verhandelt. Der Angeklagte hatte sich selbst angezeigt, der Sachverhalt ist aufgeklärt. Seit 2004. Heute startet der Prozeß. Das ist unsere Justiz, wie ich sie liebe.

Der Zeitablauf nützt meinem Mandanten aber: 7 Fälle schwerer Untreue. Mindestfreiheitsstrafe pro Fall: 6 Monate. Im Normalfall käme dabei eine Gesamt-Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren heraus. Die wäre nicht mehr bewährungsfähig.

Nach Rücksprache mit Staatsanwalt und Gericht rechne ich heute mit einem Ergebnis zwischen 12 und 18 Monaten. Ausgesetzt zur Bewährung. Auch wegen der überlangen Zeit, die die Staatsanwaltschaft benötigt hat, um in einem aufgeklärten Fall zu ermitteln.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Mandanten, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

4 Antworten auf Zeitablauf als Strafmilderung

  1. 1

    […] der Angeklagte darauf gehofft, die leidige, nun fast fünf Jahre alte Geschichte, heute endlich hinter sich bringen zu können. Er hat sich vorbereitet auf den Termin und es ist […]

  2. 2
    egal says:

    Hm, gab es nicht mal ein BGH-Urteil, bei dem bei überlangen Verfahren dieser Zuschlag erst „hinten ruff“ berechnet wird und nicht vorne rauf, so dass man hübsch unter 2 Jahren bleiben darf?

  3. 3

    @egal:
    BGH Beschluß vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07; können Sie hier nachlesen.

  4. 4
    egal says:

    Genau das Urteil meinte ich.

    Wenn ich diese Entscheidung des großen Senats richtig verstehe, dann dürfte es eigentlich gar nicht eine solche „Verständigung“ in Richtung 12-18 Monate geben, so dass eine Freiheitsstrafe von unter 2 Jahren gar nicht möglich ist.

    Oder wird diese Rechtsprechungsänderung von den Landgerichten geflissentlich ignoriert und spielt es im juristischen Alltagsgefecht keinerlei Rolle?