Gesteigertes Verfolgungsinteresse

Dem Mandanten wird vorgeworfen, zwei Autos angezündet zu haben. Aus dem Haftbefehl, den die Staatsanwaltschaft vorformuliert dem Haftrichter zur Unterschrift untergeschoben vorgelegt hat:

Der Beschuldigte hat im Falle der Verurteilung die Verhängung einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu erwarten. Diese gravierende Straferwartung ergibt sich vor allem aus der hohen Sozialschädlichkeit der verübten Taten. Auch die Häufung gleichgelagerter Taten, insbesondere die Streuungsbreite von Nachahmungstaten, erfordern aus generalpräventiven Gründen die Verhängung einer hohen Freiheitsstrafe mit abschreckender Wirkung innerhalb des schuldangemessenen Strafrahmens.

Da scheint ein Staatsanwalt am Werke zu sein, der die Ermittlungen mit dem Messer zwischen den Zähnen führt. Ich bin auf den Gehalt der Zeugenaussagen gespannt, die den Beschuldigten in dunkler Nacht erkannt haben wollen. Wenn die Ermittlungen genauso geführt wurden, wie die Begründung des Haftbefehls (pdf – 9 MB!) aussieht, kann der Beschuldigte hoffen …

Nebenbei: Die mir bekannten Haftbefehle, die z.B. wegen Mord oder schwerer Sexualstraftaten erlassen wurden, waren insgesamt wesentlich moderater – im Sinne von emotionsfrei – formuliert.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft, Strafrecht veröffentlicht.

11 Antworten auf Gesteigertes Verfolgungsinteresse

  1. 1
    Tilman says:

    Betr. Dateigrösse 9MB für 1 Seite: Man kann auch Farbblätter in S/W scannen, meistens passt die scanner-software die Einstellungen für Kontrast / Helligkeit sogar automatisch an; falls nicht, muss man die Schieber per Hand bewegen. Danach die Werte für solche „Problemblätter“ aufschreiben. Sonst werden Sie irgendwann arm, falls öfter auf rotem (!) Papier gedruckt wird :-)

  2. 2

    Ich werde wegen 9 MB nicht arm. Ich kann mir das leisten. Locker!

  3. 3
    ben says:

    Offenbar hat sich hier sogar die Orthographie von den Emotionen ausschalten lassen ;-)

  4. 4
    GiantPanda says:

    Wer weiß, was der Staatsanwalt Schönes fährt.

  5. 5
    Trop says:

    Ihr Kunde ist „nicht unerheblich vorbestraft“ und hat keinen festen Wohnsitz. Ich glaube nicht, dass in der rechtschaffenden Gesellschaft große Trauer ausbricht, wenn der gute Mann mal für eine Weile weggesperrt wird.

    Und ich freue mich auch, wenn einer weniger durch die Stadt rennt und Autos von arbeitenden Menschen anzündet.

  6. 6

    @ Trop:

    Ich weiß es nicht, ob er die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat. Vielleicht wissen Sie mehr als ich? Der „Kunde“ jedenfalls sagt, daß er es nicht war.

  7. 7
    RA JM says:

    @ ben:

    „DFiese gravierende Straferwartung“ – nicht unbedingt ein Orthographiefehler, sondern die Kurzform von „Diese fiese“ ;-)

  8. 8
    ben says:

    @ JM:
    war mir auch schon aufgefallen – netter Freud’scher Verschreiber :-)

  9. 9
    Liz says:

    Wenn Sie auch arme kleine Sitzungsvertreterinnen so bös abkanzeln….? Da muss die geballte Staatsanwaltschaft jetzt doch zurückschlagen ;-)))

  10. 10

    @ Liz:

    Das sehen Sie völlig falsch!

    Der Haftbefehl wurde geschrieben, *bevor* die Staatsanwaltschaft wußte, daß der Beschuldigte mich zu seinem Verteidiger wählt. Wäre das Mandat vorher bereits bekannt gewesen, hätte man das Verfahren ohne weiteres eingestellt. 8-)

  11. 11
    eborn says:

    Mit dem Mandanten können Sie ja auf jeden Fall in Augenhöhe verhandeln.