Schiebetermin

Für alle Beteiligten, sind die so genannten Schiebetermine grundsätzlich erst einmal ärgerlich. Dies gilt umso mehr, wenn dafür durch die halbe Weltgeschichte gefahren werden muß, um bei einem auswärtigen Gericht einen Fünf-Minuten-Termin wahrzunehmen.

Nach § 229 I StPO dürfen in einem Verfahren zwischen zwei Hauptverhandlungsterminen nicht mehr als drei Wochen liegen. Das ist angesichts der knappen Ressourcen (Gerichtssäle, Protokollführer …) bei den Gerichten und wegen der Terminslage der Verteidiger, oder auch der Zeugen, oft sehr schwierig, wenn die Termine nicht längerfristig geplant werden konnten. Um in einem solchen Fall die Drei-Wochen-Frist zu überbrücken, wird dann ein Termin vereinbart, zu dem nur eine kleine Prozeßhandlung vorgenommen wird.

An einem solchen Brückentermin habe ich gestern teilgenommen. Gegen 8 Uhr habe ich das Haus verlassen, der Termin war für 9:30 Uhr angesetzt. Der Gerichtssaal war jedoch noch nicht frei und außerdem hatte sich eine Schöffin verspätet. Um 10:20 Uhr erfolgte dann der Aufruf, anschließend wurde der Auszug aus dem Strafregister des Mandanten („keine Eintragung“) verlesen und um 10:25 Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Um 11:45 Uhr war ich dann in der Kanzlei.

Für den Angeklagten war es besonders häßlich, weil er zur Zeit im Ausland tätig und wegen dieser fünf Minuten über 2.000 km umhergefahren ist. Und was so eine Sache dann an Kosten verursacht … darüber möchte ich nicht ernsthaft nachdenken.

Es ist eine wichtige Regel, dieser § 229 StPO; schützt er doch dem Grunde nach die Rechte des Angeklagten auf einen angemessen kurzen Prozeß und auf einen Richter, der sich an die Sache bei der Urteilskündung auch noch erinnert. Die Konsequenz dieser Förmlichkeit ist manches Mal nur schwer erträglich. Eine Alternative fällt mir dazu aber auch nicht ein.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Verteidigung veröffentlicht.

8 Antworten auf Schiebetermin

  1. 1
    Danny says:

    Könnte man in dem Zusammenhang nicht über § 231 Abs. 2 StPO nachdenken?

    Das Gericht, das ja meist über Schiebetermine auch nicht sonderlich glücklich ist, wird die Situation doch halbwegs nachvollziehen können und die Verlesung könnte dann doch mit „gebilligter Eigenmächtigkeit“ vom Richter durchgeführt werden.

  2. 2
    BV says:

    Ohne ernsthaft darüber nachgedacht zu haben: Wie wäre es denn, wenn mit Zustimmung aller Beteiligten auf einen solchen Termin verzichtet werden und die 3-Wochen-Frist „verlängert“ werden könnte? Es sollten schon gute Gründe vorliegen, damit so etwas nicht missbraucht wird. Aber gerade in dem geschilderten Fall dürfte es doch sinnvoller sein, den nächsten Termin z.B. nach vier oder fünf Wochen stattfinden zu lassen, als – unter Einschub eines inhaltslosen Schiebetermins – nach sechs Wochen.

  3. 3

    Der Schiebetermin ist aber auch immer die Chance für den Verteidiger. Nicht selten wird hier revisibler Bockmist gebaut.
    Ich war mal mit einer Revision erfolgreich, wo im ST1 die eine Bildmappe und im ST2 die andere Bildmappe in Augenschein genommen wurde.
    Das Ganze war dann eine „widernatürliche Aufspaltung“ einer zusammengehörenden Sache.

  4. 4

    Es kommt schon mal vor, dass in solchen Terminen nicht ausreichend „zur Sache verhandelt“ und „das Verfahren gefördert“ wird. Genau das aber verlangt der BGH, sonst haben solche Schiebetermine keine fristunterbrechende Wirkung. Wenn die Richter das übersehen, hat man ein schönes (zusätzliches) Argument für die Revision. In Ihrem Fall wohl aber eher nicht :(

  5. 5
    Dr. Bashir says:

    Die Verlesung eines BZR-Auszugs soll zwar grundsätzlich genügen. Im Hinblick darauf, daß durch die gesetzliche Verlängerung der Unterbrechungsmöglichkeit von 10 Tagen auf drei Wochen eigentlich eine Verringerung der Schiebetermine erreicht werden sollte, darf bezweifelt werden, ob die Verlesung eines BZR-Auszugs ohne Eintragung ausreichend ist.

  6. 6
    nutella says:

    wie wäre es, in solchen fällen den angeklagten von der anwesenheitspflicht zu entbinden und einen sowieso anwesenden kollegen als terminsvertreter zu benennen (ohne geprüft zu haben, ob das zulässig ist…)?

  7. 7
    Ref.iur. says:

    Warum konnte man denn nicht einfach ordentlich zur Sache verhandeln? Vorsitzender, Schöffen, StA, RA und Angeklagter waren doch da? Sofern der Saal blockiert war, hätte man doch auf einen anderen Saal ausweichen können (notfalls einen Zivilsaal, da stehen doch auf der Richterseite immer Stühle für Referendare rum, auf die die Schöffen sich hätten setzen können…)?

  8. 8
    A.N. says:

    Der Beitrag ist gut!