Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft

In den Fällen Jörg Tauss (SPD), Nadja Benaissa (No Angels) oder Klaus Esser (Mannesmann) hat die Staatsanwaltschaft reichlich Informationen an die Medien weitergegeben. Die Betroffenen dieser als aggressiv empfundenen Informationspolitik waren darüber – nachvollziehbar – nicht besonders amüsiert.

Der Bonner Rechtsanwalt Gernot Lehr hat dieses Verhalten zum Anlaß für einen Aufsatz in der Neuen Zeitschrift für Strafrecht (NStZ 2009, S. 409 ff.) genommen, um die Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit aufzuzeigen. Es lag auf der Hand, daß Lehr zu dem Schluß kommt, daß die Pressesprecher der Staatsanwaltschaften eben nicht über alles berichten dürfen, was ihnen gerade über den Schreibtisch läuft.

Lehr fordert, die presserechtlichen Sorgfaltsmaßstäbe sind insbesondere bei Verdachtsäußerungen streng einzuhalten. Weiter müsse der Betroffene Gelegenheit erhalten, seine Sicht der Dinge darzustellen. Hierzu sei er aber nur effektiv in der Lage, wenn er

vor Veröffentlichung einer Pressemitteilung, der Anberaumung einer Pressekonferenz oder sonstigen Auskünften der Ermittlungsbehörden von den zu erwartenden öffentlichen Verdachtsäußerungen erhalte.

[…]

Vor allem aber muss der Betroffene Gelegenheit erhalten, seine Sicht der Dinge darzustellen. Dies verpflichtet die Strafverfolgungsbehörden, vor einer Informationserteilung an Journalisten zunächst den Betroffenen davon in Kenntnis zu setzen. Dieses Vorgehen ist nicht zuletzt eine wesentliche Bedingung für einen effektiven, zeitgerechten Rechtsschutz gegen unzulässige Auskünfte.

Quelle: NStZ 2009, S. 409, 413

Ich glaube eher, daß hier der Wunsch der Vater dieses Gedanken war. In unserer Kanzlei hat sich jedenfalls noch kein Staatsanwalt gemeldet, bevor er sich mit seinem Mitteilungsbedürfnis an die einschlägigen Blut- und Busenblätter gewandt hat.

Trotzdem: Der Aufsatz von Lehr liefert ein paar hübsche Ansätze, allzu mediengeilen Strafverfolgern auf die Finger zu klopfen.

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Eine Antwort auf Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft

  1. 1

    Ausgewogenes Gleichgewicht oder einseitige Stimmungsmache? Grünes Licht für „informationsinkontinente Unschuldsvermutungshintergeher“?

    http://strafprozess.blogspot.com/2009/10/ausgewogenes-gleichgewicht-oder.html