Noch mehr Zeit, noch mehr Milde?

Insbesondere der Angeklagte darauf gehofft, die leidige, nun fast fünf Jahre alte Geschichte, heute endlich hinter sich bringen zu können. Er hat sich vorbereitet auf den Termin und es ist ihm sehr schwer gefallen, den Gang nach Moabit anzutreten.

Als ich vor Aufruf der Sache in den Saal bin, saß da ein Richter, mir nicht bekannt. Statt der Richterin, die laut Geschäftsplan zuständig ist. Die war erkrankt, wie mir der Richter mitteilte.

Die Prüfung, ob denn der Richter nun zuständig war, konnte ich mir sparen. Denn er war nicht vorbereitet. Zwei Aktenbände, ein Beweismittelordner. Das geht nicht über’s Wochenende. Sagt er.

Und da es kein Ladendiebstahl war, bei dem der Dieb auf frischer Tag erwischt wurde, konnte auch keine Einigung „ex äermelo“ erfolgen. Also: Aufruf der Sache, Aussetzung, Neuer Termin von Amts wegen. Irgend wann im Frühjahr dann …

Mein Versuch, doch noch ein wenig Vertrauen in ein faires Verfahren bei dem Mandanten zu retten, war ein untauglicher. Manchmal habe ich den Eindruck, solche Versuche haben wahndeliktischen Charakter. Jedenfalls in Moabit.

Schauen wir mal, was wir im nächsten Termin daraus machen können.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei) veröffentlicht.

4 Antworten auf Noch mehr Zeit, noch mehr Milde?

  1. 1
    BV says:

    Inwiefern musste der Mandant denn das Gefühl haben, unfair behandelt zu werden?

  2. 2
    runatthesun says:

    Nunja ich denke schon das die Aussicht auf entweder Bewährung oder Gefängnis bei dem ein oder anderen schon Auswirkungen auf die Zukunftsplanung hat.

  3. 3
    ra kuemmerle says:

    Wegen Art 6 EMRK z.B.? Danach hat jede Person ein Recht darauf, dass über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage in einem fairen Verfahren, öffentlich und vor allem innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.

  4. 4
    doppelfish says:

    Also, Gesamt-Freiheitsstrafe zwei Jahre, Gesamt-Verfahrensdauer aktuell fünf Jahre, beim nächsten Termin dann sechs Jahre. Dem Kerl sind durch den Prozess schon mehr Jahre versaut worden, als es wohl die Strafe tun könnte.