Keine Terminsverlegung

Aus einem freundlichen Schreiben eines kleinen westdeutschen Amtsgerichts in einer Bußgeldsache:

… wird mitgeteilt, dass dem Terminsverlegungsantrag des Verteidigers vom 28.09.2009 (eingegangen bei Gericht per Fax um 17:27 Uhr) wegen angeblicher Erkrankung des Betroffenen derzeit nicht stattgegeben wird, nachdem bereits zwei Termine auf Gründen, die im Einflussbereich des Betroffenen oder der Verteidigung lagen, verlegt wurden.

Das zum Nachweis eingereichte Attest genügt nicht in Ansätzen den Erfordernissen zur Glaubhaftmachung, da hierin weder die angeblichen Symptome noch die Art der Erkrankung genannt sind. Dem Betroffenen wird daher Gelegenheit gegeben, seine behauptete Erkrankung in einer genügenden Form durch ein aussagekräftiges Attest nachzuweisen. Hierzu wird der behandelnde Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden [sein], damit das Gericht den behandelnden Arzt gegebenenfalls telefonisch im Freibeweis zu der Erkrankung befragen kann. Es wird darauf hingewiesen, dass dieses nur berücksichtigt werden kann, wenn das Attest bis zum Termin der Hauptverhandlung um 15:00 Uhr dem Abteilungsrichter vorgelegt wird.

Wieso kommt mir gerade der Gedanke, dem Megalomaniker Richter die Visitenkarten meines Lieblingspsychiaters zu übermitteln?

Dieser Beitrag wurde unter Richter veröffentlicht.

12 Antworten auf Keine Terminsverlegung

  1. 1
    Malte S. says:

    Ähm, sollte einem ärztlichen Attest nicht Glauben geschenkt werden, wenn kein anderer Grund für Zweifel vorliegt. Und selbst wenn gibt es das amtsärztliche Attest, dessen Vorlage nicht so tief in die Rechte des Betroffenen eingreift.

  2. 2
    Caro says:

    Da fühlt sich einer von Ihnen bzw. Ihrem Mandanten an der Nase herumgeführt (vulgo: verarscht), und man kommt ja wohl nicht umhin, dafür Verständnis aufzubringen.

  3. 3

    @ Caro:

    Die beiden Terminsverlegungen zuvor waren erforderlich, weil der Richter die Termine ohne Rücksprache so gelegt hatte, daß sie mit anderen Terminen des Verteidigers kollidierten. Hier ist wenig Raum für Verständnis.

    Und wenn Sie die Krankheit hätten, an der der Betroffene leidet, wäre es Ihnen sicherlich auch nicht so Recht, wenn sich ein Richter mit Ihrem Arzt darüber austauscht.

    Wenn man keine Ahnung hat …

  4. 4
    RA JM says:

    Na, da gab’s doch gerade was bei Burhoff. ;-)

  5. 5
    JLloyd says:

    Ich würde ihm eher die Adresse des nächsten Amtsarztes nennen, zu welchem der Patient in derart gelagerten Fällen zu senden ist. Ersterer unterliegt zwar auch der Schweigepflicht, ist aber glaubhafter als ein Doc Holiday.

  6. 6
    Das Ich says:

    Hivi hinschicken und direkt den Richter ablehnen. Dann muss er doch erstmal darüber entscheiden.
    Was ist mit ihrer Trickkiste???

  7. 7

    Ich werde den Teufel tun und hier meine Trickkiste öffnen. Was glauben Sie, wieviel Richter hier mitlesen? ;-)

  8. 8
    studiosus juris says:

    Außer Ballmann hoffentlich keiner. Denn ob es dem Verfahren/der Neutralität des Richters zuträglich ist, wenn der Betroffene solch einen Kommentar über sich liest?

  9. 9
    no1 says:

    Ihnen ist aber schon klar, dass das Fordern eines aussagekräftigen Attestes von der obergerichtlichen Rechtsprechung gedeckt ist?

    Und warum? Weil es genug Hausärzte gibt, die ihren Patienten Gefälligkeitsatteste oder Atteste ohne wirkliche Untersuchung ausstellen, wenn die Patienten genug jammern…

  10. 10

    @no1:

    Meine *Hauptkritik* richtete sich gegen die Forderung nach der Schweigepflichtentbindung des Arztes.

  11. 11
    PR says:

    Hm, erinnert mich an eine eigene Sache: zweimal verlegt, eben weil das Gericht die Termine nicht abgestimmt hat. Nun steht die Mandantin kurz vor der Entbindung, ist schon im Mutterschutz, trotzdem soll Termin (12 Tage vor erwarteter Entbindung) bestehen bleiben, wobei die Mandantin auch derzeit noch nicht vom persönlichen Erscheinen entbunden ist.

  12. 12
    Krian says:

    Es ist zwar schon ein älterer Beitrag, aber die Bitte um eine Schweigepflichtentbindung kann ich auch nicht nachvollziehen – damit macht man sich selbst ordentlich mehr Arbeit. Arzt anrufen, der natürlich so am Telefon nichts rausgibt, Schreiben aufsetzen, auf Antwort warten, unter Umständen dann nochmal mit dem Arzt telefonieren.

    Das dauert problemlos über eine Stunde und kommt am allerbesten, wenn am Sitzungstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne Gründe eingereicht wird – da muss man dann von Amts wegen ermitteln und kann nicht einfach verwerfen, weil sie eine konkludente Schweigepflichtsentbindung darstellt. Währenddessen stehen sich auf dem Flur schon die Verfahrensbeteiligten der nächsten drei Verfahren die Beine in den Bauch stehen und gucken einen gemeinsam mit den Wachtmeistern böse an, weil die Sitzungsplanung gerade richtig schön aus dem Ruder gelaufen ist.

    Und wenn man Pech hat, kommt dabei noch raus, dass die vorgelegte Bescheinigung gefaked ist – dann darf man unter Umständen später noch als Zeuge im Verfahren wegen Urkundenfälschung aussagen.

    Insofern hätte es von mir höchstens den Hinweis gegeben, dass das vorliegende Attest nicht ausreicht (sofern es nicht ohnehin bloß eine Arbeitsunfähigungsbescheinigung war, s.o.). Und dann wird entweder nachgebessert oder ein Verwerfungsurteil flattert ins Haus.

    Nebenbei: Fake- und Gefälligkeitsatteste sind keinesfalls die Ausnahme, sondern eher die Regel. Mindestens die Hälfte, eher gefühlte 70%.

    Ich kann die Verärgerung nachvollziehen, wenn jemand, der wirklich ernsthaft erkrankt ist und nicht verhandeln kann, zur Glaubhaftmachung oder Schweigepflichtsentbindung angehalten wird. Gerade wenn das so wie im Beitrag rübergebracht wird.

    Wenn man allerdings laufend offensichtliche Fälschungen (öfters erkennbar an den grausigsten Rechtschreibfehlern) oder Gefälligkeitsatteste („Ich bin leider heute reiseunfähig und kann die Anfahrt zum Gericht von meinem Wohnort nicht wahrnehmen, anbei ein Attest vom heutigen Tage eines Arztes aus 500km Entfernung – oh, dass der denselben Nachnamen hat wie ich, ist übrigens nur Zufall.“) auf den Tisch flattern hat, bitte ich ebenfalls um Verständnis.

    Von den Verteidigern, denen ich zu Schreiben wie letzterem nochmal kurz telefonisch Gelegenheit zur Stellungnahme gebe oder sie darüber in Kenntnis setze, dass der ausstellende Arzt mir gerade bestätigt hat, dass der Mandant zuletzt vor 3 Jahren in Behandlung war, wird es mir jedenfalls meistens entgegengebracht…