Das Passwort für die Staatsanwaltschaft

Ich weiß ja nicht, welche Vorstellungen manchen Staatsanwälte von der Arbeit eines Berliner Strafverteidigers haben. Aber bei einigen Staatsanwälten frage ich mich, ob sie mich wirklich für dumm halten oder nur für dumm verkaufen wollen.

Es geht um eine gewaltige Urkundenfälschung. Dem Mandanten wird vorgeworfen, ein Zeugnis gefälscht zu haben, um bei einer namhaften Zeitung eine Stelle zu bekommen. Die Fälschung wurde rechtzeitig aufgedeckt, es ist nichts passiert. Trotzdem hat der Herr Strafverfolger die Durchsuchung der Wohnung des Mandanten veranlaßt. Es wurde ein Notebook beschlagnahmt. Das war Anfang Oktober 2008.

Nun hat man versucht, irgendwas (was auch immer) auf dem Notebook zu finden. Das Problem – für die Kriminaltechnik – ist aber: Wie kommt man an die Daten, die sich auf der Festplatte befinden. Auf die Idee, die Festplatte auszubauen, um sie an einem anderen Rechner auszulesen, ist man gekommen. Aber dann war da ein Passwort, daß eben genau das verhindert:

Nach dem Ausbau der Festplatte duch EDV-Referent G konnte mit dem Tableau-Writeblocker unter gleichzeitiger Verwendung des Programms Tableau Disk Monitor festgestellt werden, dass die ATA-Security-Features der Festplatte so eingestellt sind, dass der Zugang auf die Festplatte ohne Passwort gesperrt ist. Das Passwort ist dem Uz. nicht bekannt. Die Festplatte wurde durch EDV-Referent G wieder ordnungsgemäß eingebaut. Beim Einschalten des Notebooks erscheint im BIOS zudem die Meldung, dass die Festplatte geschützt sei („password authentication system“) und ohne das ‚zugehörige Passwort sei kein Zugriff auf die Daten möglich.

Deswegen fragt mich nun der Herr Staatsanwalt, ob ich bzw. der Mandant es ihm verrät.

… Mitteilung bis zum 5. Januar 2009, ob Ihr Mandant bereit ist, das erforderliche Passwort zu benennen, anderenfalls davon ausgegangen wird, dass dies nicht der Fall ist. In diesem Fall wird die Sicherung und Auswertung der Daten anderweitig erfolgen, was mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein soll.

Wenn er mich weder für dumm hält, noch für dumm verkaufen will, denkt er nicht weiter als von der Wand bis zur Tapete: Gibt der Mandant das Passwort heraus und findet der Staatsanwalt auch nun ein einziges „verbotenes“ MP3-File, unterliegt der Rechner der Einziehung. Das heißt, das Ding ist weg. Warum sollte der Mandant also dieses Risiko eingehen?

Bekommt die Kriminaltechnik die Verschlüsselung nicht geknackt, wovon ich vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen und Kenntnisse von einer AES-Verschlüsselung einfach mal ausgehe, muß das Notebook wieder herausgegeben werden. Denn dann steht eben nicht fest, ob denn da wer was Kriminelles gemacht hat oder nicht. Und im Zweifel …

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