Einer der letzten …

Die Dortmunder Staatsanwaltschaft will noch diese Woche Anklage gegen einen mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher erheben. Der 86-jährige Heinrich B., dessen Nationalität nicht einwandfrei geklärt ist, soll zwischen Juli und September 1944 drei Niederländer erschossen haben, berichtete gestern Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß. Er leitet die „Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen“.

Quelle: taz vom 14.04.2008

Einmal abgesehen von der Beweislage – Zeugen gibt es bis auf einen keine mehr – stellt der Artikel auch die Frage nach Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten. Die Antwort soll das Gericht geben, meint die Staatsanwaltschaft:

Dabei wird auch die gesundheitliche Verfassung des mutmaßlichen NS-Verbrechers eine Rolle spielen. Der Mann lebt mittlerweile in einem Altenheim am Rande der Eifel.

Ich denke darüber nach, ob es wirklich sein muß, einen Menschen in diesem Alter noch einem Verfahren vor dem Schwurgericht auszusetzen. Sicherlich: Wenn der Vorwurf zutrifft, ist das Verhalten des Alten vor 64 jahren sicherlich nicht entschuldbar und müßte eigentlich uneingeschränkt sanktioniert werden. Aber stünde es einem Rechtsstaat nicht auch ganz gut, auf die Verfolgung eines Greises zu verzichten?

Ich kann diese Frage nicht beantworten.

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Eine Antwort auf Einer der letzten …

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    Hauke says:

    Ja, diese Überlegungen hatte ich vor einiger Zeit auch mal angestellt, als mal wieder ein älterer NS-Taten Beschuldigter »plötzlich und aus Versehen« entdeckt wurde und sich eine Strafverfolgung nicht vermeiden lies…
    Ich bin dann zum folgendenden Ergebnis gekommen, sofern die Betreffenden einigermaßen verhandlungsfähig sind und die Voraussetzungen für eine Verurteilung objektiv und subjektiv vorliegen, sollte man sie auch – ohne Berücksichtigung des Alters – verurteilen. Allerdings könnte man dann, kurz nach Haftantritt überlegen, diese dann vom Bundespräsidenten – in Anbetracht ihrer wenigen Restlebenszeit – begnadigen zu lassen bzw. den Rest der Strafe zu erlassen. Je nachdem wie das von den betreffenden Regelungen her möglich ist. Natürlich müßte der Bundespräsident da »mitspielen«.
    Damit würde man zeigen, das NS-Taten – von früheren Ausnahmen mal abgesehen – in Deutschland doch noch juristisch verfolgt werden. Ebenso das in einem demokratischen (zumindest offiziell gibt es ja noch eine Demokratie…), Rechtsstaat auch Gnade vor Recht möglich ist. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, das diese Personen nach der Begnadigung oder wie auch immer man das nennen will, plötzlich wieder aufblühen, aber das Risiko muß man halt in Kauf nehmen, es kann ja nicht ewig dauern…