Überraschung mit Fahrverbot

Im Bußgeldbescheid war noch kein Fahrverbot angeordnet worden. Auch stand da nichts von vorsätzlichem Handeln. Der Betroffene war trotzdem nicht damit einverstanden und legte Einspruch ein, es kam zum show down beim Amtsrichter.

Der meint, daß das doch alles recht heftig gewesen sei, was der Betroffene da angestellt habe und kündigt – mehr oder minder deutlich – an, ihn nun doch wegen eines vorsätzlichen Verkehrsverstoß‘ verurteilen zu wollen. Der Betroffen hält – nichts Böses ahnend – gleichwohl an seinem Einspruch fest. Auf ein paar Euro kam’s ihm wohl nicht an.

Nach dem letzten Wort des Betroffenen und der dann folgenden Beratungspause kam die unfreundliche Überraschung: Wegen vorsätzlicher Begehungsweise wurde der Betroffene nicht nur zu einer erhöhten Geldbuße verurteilt. Zusätzlich wurde ein Fahrverbot verhängt.

So geht das aber nicht, meinte das OLG Hamm (Beschluß vom 12.04.2005, 3 SS OWI 191/05). Der Richter am Amtsgericht hätte neben dem Vorsatzhinweis auch darauf hinweisen müssen, daß er zusätzlich auch die Verhängung eines Fahrverbotes in Betracht zieht.

Aus den Gründen:

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in entsprechender Anwendung des § 265 II StPO ein Hinweis erforderlich ist, wenn der Tatrichter ein im Bussgeldbescheid nicht angeordnetes Fahrverbot verhängen will. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls ist dem Verteidiger nur der rechtliche Hinweis erteilt worden, dass auch die Ahndung wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsübertretung in Betracht käme, nicht aber der Hinweis auf die Möglichkeit der Verhängung eines Fahrverbotes nach § 25 StVG. Es ist nicht auszuschliessen, dass der Betroffene im Fall eines entsprechenden rechtlichen Hinweises seine Verteidigung anders eingerichtet, möglicherweise auch den Einspruch gegen den Bussgeldbescheid zurückgenommen oder auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hätte.

Offene Messer, in die ein Betroffener laufen könnte, müssen vom Richter auf den Tisch gelegt werden. Alles andere wäre unfair. Aber manche versuchen es trotzdem.

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht veröffentlicht.

2 Antworten auf Überraschung mit Fahrverbot

  1. 1

    Tsss, Tsss, wie kann man nur öffentlich einen Richter so kritisieren ;-)

  2. 2

    Ich kann das riskieren, denn ich kenne einen guten Strafverteidiger aus einer bekannten Selbsterfahrungsgruppe, der mich aus dem Beleidigungsverfahren wieder raushaut. ;-)