Die Gerichtssprache ist deutsch

Der Angeklagte wird sich auf meinen Rat hin zur Sache nicht äußern. Ich wollte aber insbesondere bei den Schöffen nicht den Eindruck entstehen lassen, daß er sich „bockig“ verhält. Deswegen habe ich in einer Erklärung nach Verlesung der Anklageschrift u.a. erläutert, aus welchen Verfassungsrechten sich das „Schweigerecht“ ableitet.

Die Verteidigung durch Schweigen hat die selbe Qualität wie die (aktive) Verteidigung durch Stellungnahmen und Gegenreden. Aber scheint der Staatsanwalt wohl anders zu sehen.

Ganz besonders erregte er sich über die von mir gewählte Überschrift meiner Erklärung:

Opening Statement.

Dieser juristische Terminus stammt aus dem amerikanischen Prozeßrecht. Dort ist eine Stellungnahme der Verteidigung zur Anklage der Staatsanwaltschaft üblich. Im deutschen Recht ist das eher ungewöhnlich, gleichwohl im Rahmen von § 257 StPO zulässig.

Das kannte der Staatsanwalt wohl nicht. Er fragte mich in giftigem Ton, was das denn nun sei. Eine eigene Erklärung des Verteidigers? Des Angeklagten? Und überhaupt:

Die Gerichtssprache ist deutsch! Demnächst unterhalten wir uns hier noch auf türkisch …

Unschwer erkennt man: Es ist nicht das Landgericht Berlin, vor dem hier verhandelt wird.

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht veröffentlicht.

10 Antworten auf Die Gerichtssprache ist deutsch

  1. 1
    dpms says:

    Haha, das klingt lustig.

    So ähnlich habe ich meinen nächsten Strafrechtsfall vor gericht auch geplant. Zuerst erkläre ich, dass meine Mandantin nichts sagen wird. Anschließend beabsichtige ich dem Gericht etc. vorzutragen, wie es alternativ gewesen sein könnte.

    Ich denke, das wird ein Spaß.

  2. 2
    Jerome says:

    Aber Recht hat er doch, der Herr Staatsanwalt…

  3. 3

    @Jerome aus dem Regierungsviertel: Recht haben ist eine Sache. Das Recht richtig und sinnvoll anwenden eine andere. ;-)

  4. 4
    Tilman says:

    Useless foreign words are a pain in the ass. Sagen Sie doch statt dessen „Eröffnungsvortrag“ oder einfach nur „Stellungnahme zur Anklageschrift“. Es soll nämlich auch Schöffen geben, die nicht täglich http://law.com/newswire lesen.

  5. 5

    Die (englische) Überschrift fand sich nur in der schriftlichen Ausfertigung meiner Erklärung, die ich ansonsten in deutscher Sprache mit einem leichten Siegerländer Dialekt vorgetragen habe. Und den haben auch die Schöffen verstanden. ;-)

  6. 6
    Martin says:

    Ist ja sicher mal ganz lustig, aber stelln Sie sich mal vor, da kommt eine türkische Überschrift daher… wer hat denn zu deren Lektüre und Übersetzung wirklich Lust? ;)

  7. 7

    Ich habe zu diesem Thema bzw. zu den Kommentaren einen weiteren Beitrag geschrieben:
    Opening Statement.

  8. 8
    Martin says:

    ;) Also zumindest meineserseits war es keine Kritik, das haben Sie missverstanden, sondern ein beiderseitiges Verständnis, denn ich kann beide Positionen, die der StA und Ihre gut verstehen.

  9. 9

    @Martin: Ich empfinde Kritik grundsätzlich nicht als negativ. Selbst wenn sie nicht als solche gemeint war, ist sie meist fruchtbar. Ihr Kommentar, sei er nun kritisch gemeint oder nicht, hat zumindest den Auslöser für einen weiteren Beitrag gegeben. Das ist doch schonmal positiv. Oder? :-)

  10. 10
    Martin says:

    Ja, das ist dann wahr. So sehr ich auch andere Sprachen schätze, finde ich es schon gut, wenn man im jeweiligen Inland weitestgehend die jeweilige Sprache verwendet, auch in Globalisierungszeiten. Wobei die Franzosen bspw. wohl noch etwas restriktiver als wir Deutschen insbesondere bei der weitestgehenden Negierung des Englischen im Inland sind. ;)