Ermitteln? Brauchen wir doch nicht mehr.

Das Motorrad des Mandanten stand nicht mehr im Hof. Es lag 100 km weiter nördlich unter einer Leitplanke. Völlig verbogen. Der Mandant hatte, bevor das Krad gefunden wurde, den Diebstahl desselben angezeigt. Er war nicht verletzt. Keine Schramme, kein blauer Fleck, überhaupt nichts, sagte seine Freundin gegenüber der Polizei aus.

Der Sachverständige stellte fest, daß das Motorrad mit Hilfe eines passenden Schlüssels gestartet wurde. Keine Beschädigungen am Schloß, keine Manipulationen an der elektronischen Wegfahrsperre. Deswegen ermittelt die Staatsanwaltschaft nun gegen meinen Mandanten. Man wirft ihm vor, den Diebstahl nur vorgetäuscht zu haben. Die Schlüssel soll er dem „Dieb“ geliehen haben, der sich mit dem Mopped auf die Seite gepackt hat.

Die beiden Schlüssel hat der Mandant der Polizei gegeben. Sie sind nicht untersucht worden, ob Kopien davon angefertigt wurden. Das läßt sich ansonsten meist gut anhand der Abtast- und Einspannspuren feststellen. Aber solche Gutachten kosten Geld, das wollte die Polizei sparen.

Man hatte den Täter ja schon. Oder etwa doch nicht?

Ich war gerade bei dem Händler, der das Motorrad an meinen Mandanten verkauft hat. Die Namen von knapp 20 Probefahrern, die das Motorrad samt Schlüssel teilweise einen halben Tag lang im Besitz hatten, werde ich dann mal an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Das Motorrad war ein Vorführfahrzeug.

Update:

Das Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten wurde nach § 170 Absatz 2 StPO eingestellt, nachdem sich die Strafverfolgungsbehörde mit deutlichen Worten anhören mußte, wie sich ein Verteidiger sorgfältige Ermittlungen vorstellt.

Jetzt müssen wir nur doch den Abschluß des Zivilverfahrens abwarten, das der Mandant gegen seinen Kaskoversicherer führt. Der beruft sich darauf, daß ja ein Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten geführt wurde. Also wird ja schon was dran gewesen sein … deswegen zahlt er nicht (freiwillig).

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht veröffentlicht.

3 Antworten auf Ermitteln? Brauchen wir doch nicht mehr.

  1. 1
    RA Tobias Andreas Feltus says:

    ich hoffe doch sehr, dass die Fortsetzungen weiter berichtet werden, denn es bleibt ja spannend, außerdem sehr lehrreich…..
    mit freundlichen und kollegialen Grüßen

  2. 2

    und lieber Carsten, hattest Du den Bock vielleicht auch probegefahren???

  3. 3
    Thomas Klotz says:

    Wenn Kollege Hoenig auch probegefahren wäre, würde die Staatsanwaltschaft bestimmt vernünftig ermitteln. :-)