Sparen – koste es, was es wolle

Die Justiz ist knapp bei Kasse. Deswegen muß gespart werden. Zum Beispiel bei den Auslagen, die Verteidigern durch das Kopieren von Ermittlungsakten entstehen.

Hier mal ein Einblick in eine Sparmaßnahme:

Man spart wo man kann

Insgesamt hat Arbeit der Justizinspektorin zur Minderbelastung der Justizkasse in Höhe von 26,95 Euro geführt. Inklusive 19% Umsatzsteuer. Macht 22,65 Euro netto. Da kann man schonmal einen halben Tag lang für Seiten umblättern.

Ich prüfe nun, ob ich gegen diese Kürzung ein Rechtsmittel einlegen soll. Nicht, daß mir diese gut 20 Euro irgendwo ernsthaft fehlen würde. Aber ich möchte gern verhindern, daß man für die Inspektorin und die anderen Justizbediensteten sonst nichts mehr zu tun hat.

Dieser Beitrag wurde unter Kosten veröffentlicht.

20 Antworten auf Sparen – koste es, was es wolle

  1. 1
    Micha says:

    Band 1 hat 86 Blatt. Wenn 16 nicht erstattet werden können, wie viele Blatt bleiben dann?

    Bei einem halben Tag Aufwand sollte doch wohl Raum sein, das Ergebnis durch Zählung zu überprüfen…

    • Hmm. Nicht *ganz* richtig gelesen, aber das Ergebnis zutreffend angedeutet. Hier mal korrekt: 87 Blatt abzüglich 17 Blatt ergibt 70 erstattungsfähige Kopien. Und nicht 60. Ich sage gleich mal meiner Assistentin Bescheid … crh
  2. 2

    „Das kleinteilige nachträgliche Prüfen von Ablichtungen im Kostenfestsetzungsverfahren verbraucht letztlich mehr staatliche Ressourcen als eine großzügige Erstattungspraxis dieser fast immer untergeordneten Auslagenposition“

    LG Essen, Beschluss vom 09. Juni 2011 – 56 Qs 28/11

  3. 3
    Max says:

    Interessant ist die Chuzpe mit der erst sachlich unbegründete – da zu hohe – Kostenfestsetzungsanträge gestellt werden (es ist ja nun nicht der erste Post zu diesem Thema) und sich der Autor danach darüber beschwert, dass die auch tatsächlich geprüft werden.

    Herr Hoenig, zwei Vorschläge:
    1.) Sie lassen ihre Anträge in Zukunft von den eigenen Mitarbeiterinnen prüfen. Das wird Sie mehr als 20 Euro kosten, entlastet aber die Justiz und Sie könnten im Brustton der Überzeugung sagen, dass sie bereits geprüfte Kostenfestsetzungsanträge einreichen.

    2.) Sie lassen diese Arbeit auch weiterhin von der Justiz vornehmen, die sich auch nicht um diese Aufgabe reißt, von Rechts wegen aber verpflichtet ist unbegründete Anträge insoweit sie unbegründet sind zurückzuweisen – was eine Prüfung voraussetzt.
    Nachdem Sie aber selbst – das ist wertneutral gemeint und ich gehe nicht davon aus, es (für Sie) wirtschaftlich groß anders geht – den Prüfungsaufwand verursacht haben, fände ich es ein Zeichen des Respekts, sich nicht auch noch darüber zu beschweren, wie mit diesem Arbeitsaufwand dann umgegangen wird.

    • Das ist der falsche Ansatz. Richtig wären folgende Varianten:
      • Die Kopien werden gezählt (aber dabei nicht gelesen!), mit der Auslagenpauschale multiplizert und gut ist. Das spart hier wie dort solche stumpfen Fleißarbeiten (dafür wurden weder die ReFa noch der RA ausgebildet; wie das mit den Kostenbeamten ist, weiß ich nicht).
      • Die Akten werden bereits bei der Justiz digitalisiert (oder digital geführt) und den Verteidigern wird eine DVD oder der Download angeboten. Dafür sieht das RVG eine Pauschale 2,50 Euro vor. Auch das spart Ressourcen und ganz erheblich Kosten (Denken Sie nur mal an Verfahren, in denen mehrere Verteidiger ihre Kopien mit der Justizkasse abrechnen.)

      crh

  4. 4
    Denny Crane says:

    3. Variante: Man gibt im Kostenfestsetzungsantrag einfach 50 Kopien weniger an als man tatsächlich gefertigt und die Akte Blätter hat. Das rührt die meisten Kostenbeamten so zu Tränen, daß gar nicht erst nachgezählt und anstandslos festgesetzt wird.

    Mir wurden, seit ich diese Praxis pflege, noch nie Kopien „streitig“ gemacht. Der Verlust von 5,30 Euro kostet mich weniger Zeit, Geld und Nerven als solche Antwortschreiben und eventuelle Rechtsbefelfe gegen die Festsetzung.

  5. 5
    meine5cent says:

    @RA Hoenig:
    Die „richtige Variante“ Digitalisierung ist aber auch nur dann eine Lösung, wenn nicht der Anwalt meint, er arbeite lieber mit Papier, habe aufgrund seiner Berufsausübungsfreiheit die Akte zum Lesen ausgedruckt und wolle daher die Ausdrucke abrechnen …

    • Dazu – zu der Frage der „Notwendigkeit“ des Ausdrucks von durch die Justiz digitalisierten Akten – gibt bereits (akzeptable) Rechtsprechung. Tenor: Wer nicht am Bildschirm lesen mag, kann es sich gern ausdrucken – das aber auf eigene Kosten. crh
  6. 6
  7. 7
    Ri Fifi says:

    Wie oft macht ein gut beschäftigter Anwalt so eine Abrechnung im Jahr? 100x? Und verdient sich jedesmal 25 € hinzu? Und beschwert sich dann auch noch, dass er kontrolliert wird?? O tempora, o mores …

    • Bitte lösen Sie sich von Ihren eigenen jährlichen (Hartz IV-?) Bezügen und stellen mal einen 6-stelligen Jahresumsatz vor. Ihre aus dem Caffèsatz gewonnenenn Schätzung ist noch kein halbes Prozent des Umsatzes einer Kanzlei, deren Team aus 7 Mitgliedern besteht. Es ist wirklich nicht das Geld, sondern der Aufwand, der uns mit diesen öffentlich-rechtlichen Pingeligkeiten übergeholfen werden soll, gegen den wir uns wehren. crh
  8. 8
    RA Philipp Rinklin says:

    Ja, da kann man schon immer staunen, wie da „gespart“ wird.
    Mir ist mal was ähnliches passiert, da hat die Staatskasse dann tatsächlich satte 4,- € gespart gehabt. Immerhin, da kann man schonmal ordentlich Arbeit investieren :)

    http://www.burhoff.de/insert/?/burhoff/rvginhalte/1404.htm

  9. 9
    Miraculix says:

    Ich habe von der Gerichtskasse eine Rechnung über 50 Cent bekommen weil ich angeblich eine Kopie zu wenig beigefügt hatte. Die konnte ich nach Erinnerung bei der Kostenfestsetzung wieder geltend machen. Es gibt nicht was es nicht gibt.

  10. 10
    Lenin says:

    Abgesehen davon, dass es kein Pappenstiel ist, wenn der Anwalt Kopien abrechnet, von denen ein sattes Drittel nicht erstattungsfähig ist, weiß der Kontrollierende immer erst hinterher, ob sich etwas gefunden hat. Eine Kontrolle rechtfertigt sich deshalb immer auch durch den Abschreckungszweck (dem man freilich auch durch entsprechende Betrugs-Strafanzeigen nachhelfen muss, wie das beim Steuerbetrug ja auch geschieht).

    Denn wie heißt es so schön (und offenbar gerechtfertigterweise): Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

  11. 11

    Wer bestimmt eigentlich, welche Kopien für eine zweckentsprechende Verteidigung notwendig sind? Doch wohl einzig und allein der Verteidiger. Er muss es nur begründen. Natürlich kann es für eine zweckentsprechende Verteidigung notwendig sein zu prüfen, ob Ladungen zugestellt und Ladungsfristen eingehalten wurden, ob der BZR-Auszug Eintragungen oder auch keine Eintragungen enthält, ob die Ausfertigung der Geschäftsstelle mit der richterlichen Verfügung übereinstimmt, ob der Nebenklägervertreter nicht zuviel abgerechnet hat usw. Oftmals fehlt es auch bei den Akteneinsichtsfristen an der Zeit, vorab eine Auswahl vorzunehmen, dann bleibt nur das ungelesene Zurücksenden mit dem Antrag, erneut Einsicht zu gewähren für eine angemessene Frist – oder eben unbesehen eine Vollkopie. Hier zu unterstellen, ein Anwalt wolle sich grundsätzlich an zuviel abgerechneten Kopien bereichern, geht wohl in den meisten Fällen an der Sache vorbei.

  12. 12
    Fennichfuxer says:

    Das Gesetz sieht die Kontrolle nun mal vor, also muss der Kostenbeamte auch kontrollieren. Andernfalls verstößt er schuldhaft gegen seine Dienstpflichten und muss ggf. mit einem Disziplinarverfahren rechnen.

    Wenn sich genug Personen in Deutschland finden, die eine Kontrolle der Ausgabe von Staatsfinanzen ablehnen, können durch Einwirkung auf die Gesestzgebungsorgane die entsprechenden existierenden Regelungen ohne weiteres abgeändert oder aufgehoben werden.

    Solange das nicht passiert, müssen Rechtsanwälte halt den Umweg über die Steuererklärung gehen, um die entstandenen Kopierkosten wieder reinzuholen.

  13. 13
    Jens Bonn says:

    Es ist immer nur die Frage nach dem Sinn – wenn der Beamte da nur 2-3 Stunden mit verbracht hat, ist dem Staat (und damit uns) ein höherer Schaden entstanden als wenn einfach festgestellt wird, ob die Anzahl der Seiten und die Anzahl der Kopien passen (sprich gleich oder weniger).

    Beim Zoll (wenn man zB sein Paket im Zollamt abholen muss) gibt es ja eine Regelung nach dem gesunden Menschenverstand – wenn die Gebühren und Steuern unter dem Betrag x (den habe ich gerade nicht genau parat) bleiben, bleibt die Sache unversteuert da der Aufwand dafür höher wäre als die Einnahme.

  14. 14
    Andreas says:

    Das Problem ist einfach, dass diese Kostenbeamten und die teilweise ergangene Rechtsprechung völlig die praktischen Realitäten und jegliche Verhältnismäßigkeit vermissen lassen.

    Um zu prüfen welche Seiten relevant sind, müsste der RA vor dem Kopiervorgang einmal komplett die Akten durchsehen und notieren, welche Blätter nicht kopiert werden dürfen. Daneben müsste er sich auch Notizen machen, was auf diesen Blättern steht um bei einer späteren Bearbeitung der Akten nicht vor dem Rätsel zu stehen, was nicht kopiert wurde. Dieser Aufwand steht in keinem Verhältnis zu den paar Euro Kopierkosten, die dadurch gespart werden. Zudem müssen die Akten regelmäßig innerhalb kurzer Frist zurückgegeben werden, so dass dieses Vorgehen schon aus Zeitgründen unpraktikabel ist.

    Zudem verzögert eine derartig ineffiziente und kleingeistige Bearbeitung auch die Bearbeitung anderer KFAs, was letztlich wiederum von der Anwaltschaft und ihren Mandanten zu tragen ist.

  15. 15
    Hennes says:

    @ Andreas: Es hat niemand was dagegen, dass der RA sich das Leben etwas leichter macht und pauschal alles kopiert. Aber dann soll er das bitte nicht auf Steuerzahlers Kosten tun, sondern (wie Kommentator #4 es macht) für solche Kopien einen Abzug vornehmen.

    • Ja, das ist durchaus eine sinnvolle Variante, die teilweise auch von den Kostenbeamten im Festsetzungsverfahren praktiziert wird: Die ziehen dann schlicht 20% pauschal von den Kosten ab. Wir haben das eine zeitlang vorweggenommen und bei den Anträgen bereits den 20%-Abschlag vorgenommen. Das hat sich langfristig aber nicht bewährt, weil teilweise trotzdem noch gezählt oder gar nochmal ein Abschlag vorgenommen wurde. Jetzt beantragen wir das, was unserer Ansicht nach vertretbar ist und prüfen dann nach Festsetzung der Kosten, ob wir diese akzeptieren oder ob wir ins Rechtsmittel gehen. crh
  16. 16
    Chikary says:

    Den Blogeintrag haben Sie doch frech von RA Hoenig kopiert, Herr Hoenig! http://www.kanzlei-hoenig.de/2015/fleissige-justiz/

  17. 17
    Steffen says:

    Die hier schimpfen, dass der Herr RA zu viel angibt und dann noch mault, wenn gekürrzt wird, sind doch die selben, deren Arbeitsweg auf der Steuererklärung dann täglich 2 km länger ist.

  18. 18
    roflcopter says:

    Unnötige Arbeit, allerdings auf Grund der derzeitigen gesetzlichen und dienstrechtlichen Lage vorgesehen. Ein Kostenbeamter macht das sicher auch nicht allzugern.

    Einfache Lösung: Digitalisierung oder aber, sofern diese noch dauern mag(wird sie wohl) einen für beide Seiten, auf Grund der Erfahrungswerte festgelegten Wert, an dem es dann, egal ob nach oben oder nach unten abgewichen wird, nichts zu meckern ist.
    Ob das nun 80% oder 90% einer Akte sind sollen andere beurteilen, der Nutzen wäre jedenfalls für alle Seiten vorhanden

  19. 19
    Jemand, der nachdenkt says:

    Wenn es der Justiz nur um betriebswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen ginge, müssten alle Strafprozesse sofort abgeschafft werden. Die Justiz ist jedoch keine Aktiengesellschaft, sondern ein Gerechtigkeitsbetrieb. Dem einen oder anderen schwarzen Schaf unter den RA’en gehört daher gelegentlich auf die Finger geklopft. Da man aus Gleichheitsgründen nicht immer nur die halbkriminellen Advokaten prüfen kann, muss auch ein most honourable man wie CRH mal dran sein.

  20. 20