Nicht akzeptables Vollmachtstheater

Ich verteidige einen Spanier, der seinen Wohnitz in Frankreich hat. Meine ordnungsgemäße Bevollmächtigung steht außer Streit.

Der zuständige Staatsanwalt, der nun die Anklage schreiben wird, droht mir bzw. meinem Mandanten mehr oder minder unverholen mit dem Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls. Die Anklage muß „zugestellt“ werden und wenn ich die Vollmachtsurkunde nicht zur Akte gebe, hat die Zustellung eben beim Mandanten in Frankreich zu erfolgen und nicht in Kreuzberg beim Strafverteidiger. Ich hatte ein nicht sehr freundliches Telefonat mit dem Staatsanwalt, dessen Ergebnis ich noch einmal schriftlich zusammen gefaßt habe.

Allein aus dem Umstand, daß Herr Wilhelm Brause seinen Wohnsitz in Frankreich hat, läßt sich der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO liegt nicht konstruieren. Herr Brause ist Europäer und Frankreich ein Land der Europäischen Union. Es sollte der Staatsanwaltschaft Berlin möglich sein, auch außerhalb von Moabit wirksame Zustellungen zu bewirken.

Ihren Versuch, sehr geehrter Herr Staatsanwalt, mich mit dem wenig zweideutigen Hinweis auf die strafprozessualen Möglichkeiten, die sich aus der Zustellungsproblematik ergeben, weil Ihnen eine schriftliche Vollmachtsurkunde nicht zur Verfügung gestellt wird, zu veranlassen, Ihnen die Arbeit der Auslandszustellung abzunehmen, habe ich mit deutlichen Worten quittiert. Ich betrachte diese Sache damit als abgeschlossen.

Die „deutlichen Worte“, mit denen ich reagiert habe auf den Versuch des Staatsanwalts, mich zu etwas zu „motivieren“, was ich nicht will und muß, sind nicht zitierfähig.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft, Vollmacht veröffentlicht.

7 Antworten auf Nicht akzeptables Vollmachtstheater

  1. 1
    Andreas says:

    Wann stehen Sie eigentlich morgens auf?

    Ich habe das jetzt schon mehrfach erlebt, dass Sie Blog-Beiträge veröffentlichen bevor ich zu Bett gehe (wobei meine Zeitzone 7 Std. hinter Europa liegt).

    Ich selbst hasse es früh aufzustehen und eine der wenigen Sachen, die ich im Referendariat am öffentlichen Dienst gut gefunden habe, war, dass man kommen kann wann man will.

  2. 2

    „The early bird catches the worm“ heißt es auf Europas schönster Insel…andere sitzen um die Zeit sogar schon im Flieger und sind unterwegs zu Gericht…

  3. 3
    matthiasausk says:

    Man kann Blogbeiträge vorbereiten und sie automatisch zu einem bestimmten Zeitpunkt einstellen lassen.

    • Verräter! crh
  4. 4
    ko says:

    Der Spruch der Insulaner geht aber noch weiter:
    „The early bird catches the worm – but the second mouse gets the cheese.“ :)

  5. 5
    Alexandra Braun says:

    So ein ähnliches Telefonat zum Thema „Vollmachtsurkunde“ und im Ausland lebender Mandant hatte ich gerade auch. Der Staatsanwalt sagte, er „wolle sich meinen Namen merken.“ Hui.

  6. 6
    RA Anders says:

    @Alexandra Braun
    BINGO! Viel Feind, viel Ehr!
    Aber warum müssen die immer gleich so persönlich werden?

  7. 7
    RA B. says:

    @Alexandra Braun

    Vielleicht braucht er ja auch mal einen Strafverteidiger.