Aus der Schleuse gebloggt

Ins Gericht kommt man nur durch eine Sicherheitsschleuse. Fein säuberlich getrennt: Die Herren rechts, die Damen links.

Mittlerweile ist das zumindest bei fast allen Strafgerichten so oder so ähnlich, auch in Hamburg. Der Besucher wird an den Eingängen kontrolliert; Waffen und sonstige gefährliche Gegenstände (z.B. Luftpumpen) müssen draußen bleiben.

Auch beim Verlassen des Gerichtsgebäudes sind Hürden zu überwinden. In Hamburg muß der Besucher sich dazu durch ein System von Türen und Klappen zwängen, das für Menschen mit einem auch nur leicht erhöhten BMI vor massige Probleme stellt.

Ich empfinde es als eine erniedrigende Prozedur, die jedoch notwendig zu sein scheint, wenn man manche Geschichten aus den Gerichtssälen erinnert.

Wenigstens den Stammgästen des Hauses werden diese Durchsuchungsmaßnahmen erspart. Mit einer „Clubkarte“ ausgestattet, kann man sich den Leibesvisitationen entziehen. In Berlin gibt es einen roten „Hausausweis“, an auswärtigen Gerichten zeige ich meinen Rechtsanwaltsausweis vor (und grüße die Wachtmeister freundlich ;-)).

Zu Stoßzeiten, also meist morgens vor 9 Uhr, stauen sich die Besucher vor der einzigen Schleuse, die das Strafjustizgebäude jeweils für ein Geschlecht vorhält. Als privilegierter Verteidiger (Clubkarte, s.o.) schummelt man sich vor und durch. Angeklagte, Zeugen und Publikum brauchen Geduld.

Aber auch manche Richter stehen in dieser Schlange, auch sie läßt man nicht ohne Kontrolle ins Gebäude. Ihre Taschen werden durchleuchtet, Gürtel müssen abgelegt werden … erst dann öffnet sich die Tür für diese Richter.

Es sind die Laienrichter, Schöffen, die sich an der Pforte erst einmal entwürdigen lassen müssen, bevor sie sich an den Richtertisch setzen dürfen, um Recht zu sprechen. Die Justizverwaltung möchte ihnen keinen Eintrittsausweis geben. Also stehen sie gemeinsam mit den Angeklagten und den Zeugen aus dem Milieu in einer Reihe und lassen sich filzen. Respektvoller Umgang sieht aus anders aus.

Danke an Björn für die Anregung zu diesem Beitrag.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz veröffentlicht.

17 Antworten auf Aus der Schleuse gebloggt

  1. 1
    Karsten Wallath says:

    Anscheinend haben die Krawallmacher reagiert: http://www.kn-online.de/Lokales/Kiel/Schlaegerei-im-Kieler-Amtsgericht – Hände und Fäuste kommen auch durch die Schleusen…

  2. 2
    Björn says:

    Haha, keine Ursache. Gerne. :-)

  3. 3
    Philip says:

    Immerhin das das mit den Laienrichtern etwas gutes: Wenn der Zeuge/Angeklagte zu spät erscheint, weil die Kontrollen so lange gedauert haben, bestehen gute Chancen, dass mindestens ein Laienrichter auch zu spät kommt ;-)

  4. 4
    gant says:

    Also entweder geht’s um die Sicherheit oder um respektablen Umgang. Wobei ich mich frage, wieso Angeklagte und Zeugen keinen respektablen Umgang verdient haben sollen.
    Die „VIP“-Behandlung sollte nicht aus Respekt, sondern allein aus Sicherheitsmotiven heraus erfolgen, denn sonst können wir uns das ganze Theater wirklich sparen.

    So etwa wie Bundestagsabgeordnete auch an solchen Kontrollen vorbei direkt ins Flugzeug steigen dürfen. Einen Teil hält man zwar für so gefährlich, dass ihn der Verfassungsschutz wie Terroristen überwachen muss, aber eine Gefahr stellen sie „natürlich“ nicht dar?

    Es wäre ja zumindest zu begrüßen, wenn das bei Gerichtskontrollen anders wäre. Aber ich fürchte, dass man derartige Unbedenklichkeitskärtchen mit dem Amt bekommt und nicht aus Sicherheitsüberlgungen. Aber so funktioniert die Welt eben nicht.

  5. 5
    alfred says:

    Hm, ist in Hamburg doch schon lange so, jedenfalls beim Einlass – das mit dem Ausgang ist mir neu, war aber auch lange nicht mehr da. Referendare hatten übrigens auch keine Probleme mit Wartezeiten, ob’s heute noch so ist?

  6. 6
    ra kuemmerle says:

    Zur Frage der Sicherheit, die mit dem „Unbedenklichkeitskärtchen“ einhergehen soll und dem „Unterschied“ zu einem schnöden Anwaltsausweis hatte ich mir auch schon mal Gedanken gemacht… http://www.mitfugundrecht.de/2011/01/habe-aufgegeben-habe-jetzt-einen/

  7. 7
    ??? says:

    Wenn dem Wachpersonal – meistens sind es Leute, die sich nicht das Salz in die Suppe verdienen – sämtliche Sicherungen durchknallen, dann nimmt das kuriose Züge an.

    Hier ein Auszug aus einer Reportage der Südeutschen Zeitung von 2009, wo man mit einem Gerichtsreporter etwas ruppig umging. Man die berühmte Gisela F. auch so behandelt hätte?

    Süddeutsche Zeitung 16.01.2009

    Der letzte Prozess
    Mutmaßlicher Linksterrorist in Stammheim vor Gericht
    Von Bernd Dörries

    Stuttgart – In Stuttgart-Stammheim saßen alle wichtigen RAF-Terroristen ein, hier wurde ihnen der Prozess gemacht. Am Donnerstag begann in Stammheim das wohl letzte Verfahren gegen einen mutmaßlichen Linksterroristen dieser Epoche: Thomas K., 60, angeklagt wegen Rädelsführerschaft bei der Terrororganisation Revolutionäre Zellen (RZ). Es ist vielleicht eines der letzten Verfahren in Stammheim überhaupt, die Justiz überlegt seit langem, den ehemaligen RAF-Trakt und das Gerichtsgebäude abzureißen: Es ist alles schon etwas bröckelig.

    Der Wachdienst zeigt sich aber noch einmal in großer Form, höchste Gefahrenstufe. Alle Besucher werden durchsucht, müssen Telefone, Gürtel und alle möglichen Gegenstände am Eingang abgeben. Dem Korrespondenten der FAZ wird der Ehering vom Finger gezogen, weil er diesen auf die Richter schleudern könnte, so ein Wachtmeister. Journalisten der FAZ waren bisher nicht dafür bekannt, ihre Eheringe auf Richter zu werfen.

    Andreas Baader und Gudrun Ensslin wurden stets durch einen speziellen Eingang ins Gericht gebracht. Thomas K. kommt durch den Zuschauerraum. Er ist ein freier Mann. Nach 19 Jahren auf der Flucht hatte er sich im Dezember 2006 der Polizei gestellt. Er trägt einen schwarzen Kapuzenpulli, hat graue Strubbelhaare und gibt als Beruf Lehrer und IT-Administrator an. Mehr möchte er nicht aussagen. Die Bundesanwaltschaft sieht in ihm eine der „dominierenden Persönlichkeiten“ der Revolutionären Zellen und klagt ihn wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung an…..

  8. 8
    K. Schmädler says:

    Ich bin Schöffe am Landgericht Berlin. Bei den Terminen in Moabit nehme ich den Haupteingang, gehe an der Schlange für Besucher vorbei und nehme die Schleuse für Rechtsanwälte und Richter. Dort zeige ich den Brief mit der Erinnerung an den Schöffentermin, der immer eine Woche vorher kommt, sowie den Personalausweis. Sodann komme ich ohne Kontrolle und ohne Warten immer sofort rein.

  9. 9
    BV says:

    Na, was für ein Glück haben da die Angeklagten, die durch die „Hintertür“ gebracht werden. Die haben derartige Durchleuchtungen lange hinter sich ;-)

  10. 10
    Chris says:

    Ich war auch mal Schöffe und habe mich immer an der Schlange vorbeigemogelt. Den Schriebs mit der Ladung brauchte ich dann auch nicht mehr, ein nettes „guten Morgen“ an die Wachleute, die mich schon vom Sehen her kannten, hat dann auch gereicht. Persönlich bekannt = keine Taschenkontrolle.

  11. 11
    gant says:

    Aber wer schon mit so ner komischen Wanne vorfährt und dann auch noch nem Hut da reinspaziert… da kann man nicht vorsichtig genug sein!1elf

  12. 12
    Sebastian says:

    Als Referendar mit „Einlassausweis“ des LG Duisburg war ich kürzlich doch reichlich verblüfft, dass ich nach Vorlage des selbigen (schlecht einlaminierter Zettel) ohne Probleme das Berliner Kammergericht betreten durfte…

    Erfreut hat es mich natürlich dennoch.

  13. 13
    Nasowas says:

    An den Schleusen werde Privilegien demonstriert. Die so durchgelassenen, fühlen sich als die Besseren und dienen dann untertäniger der Herrschaftssicherung.

    Wie wäre, das per Gesetz alle ohne Entwürdigung durchzulassen sind, die ein entsprechendes Führungszeugnis vorzeigen können, und nicht irgendeinen Berufsausweis etc.

  14. 14
    ra kuemmerle says:

    Privilegien? Als Verteidiger will ich lediglich schnell ins Gericht, schnell zu meinem Saal oder in die Geschäftsstelle und meinen Job erledigen. Was man aus einer Mücke für einen großen rosa Elefanten machen kann…

  15. 15
    Nasowas says:

    Schnell ins Gericht, schnell in den Saal oder in die Geschäftsstelle und einen Job erledigen wollen die meisten, die erniedrigend geschleust werden.

    Andere Gründe, das Gericht zu betreten, als schnell … , sollten nicht dafür herhalten, anders behandelt zu werden als die mit einem entsprechenden Ausweis.

    Welche Chancen hat man als Nichtanwalt, nicht Mitarbeiter des Gerichts als mündiger Bürger behandelt zu werden, der nicht unbegründet verdächtigt wird und dem demonstriert wird, dass es andere Bürger gibt, denen die Schleusenwächter bedingngslos vertrauen?

  16. 16
    tu nix zur Sache says:

    Leider liest kein Justizwachtmeister den Blog der einmal ein Bild von den vorübergehend aufbewahrten und gelegentlich (Waffengesetz) auch endgültig beschlagnahmten Waffen und waffenähnlichen Gegenständen zeigen kann..

  17. 17
    namenlos says:

    Ich bin ebenfalls Laienrichter am Amtsgericht Tiergarten und kann mich meinem Vorschreiber K. Schmädler nur anschließen: Es gibt dort schon lange eine Schleuse, welche nicht nur für die Angestellten des Gerichts sowie RA vorgesehen ist, sondern auch für die Schöffen. Somit auch für uns keine Kontrollen oder Wartezeiten.
    Auf der anderen Seite habe ich mich auch schon ein paar Mal gefragt, weshalb eigentlich nicht auch Schöffen eine Art Dienstausweis (Schöffenausweis) bekommen, für 5 Jahre Amtsperiode würde sich das soch rentieren?? Dann fiele das lästige Wühlen in der Tasche nach Ausweis und Anschreiben vom Gericht weg…Haben die Angst, man könne nach Beendigung der Amtsperiode mit dem Ding Unfug anstellen?? Unbegründet, denn man könnte diese Ausweise dann wieder einziehen…