Die Mandantin aus Berlin bekommt von der Thüringer Polizei einen „Zeugenfragebogen wegen einer Ordnungswidrigkeit“. Es geht um eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 16 km/h außerorts. Sie soll mitteilen, wer der erkennbar männliche Fahrer sei, der mit ihrem Auto so schnell unterwegs war.
Für diese Untat gibt es regelmäßig keine Punkte, lediglich ein Verwarnungsgeld in Höhe von 30 Euro.
Der Mandantin wurde auch mitgeteilt, daß schlicht die 30 Euro gezahlt werden könnten und die Sache wäre vergessen.
Wenn nicht gezahlt würde, müsse sie aber unbedingt allerlei Fragen beantworten.

Dazu heißt es:
Bitte senden Sie den Fragebogen innerhalb einer Woche nach Zugang an die umstehend genannte Dienststelle zurück, selbst wenn Sie von Ihrem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen.
Ich frage mich, warum die Behörde der Mandantin erst den Fragebogen zuschickt, wenn sie ihn danach wieder zurück verlangt. Das hätte man sich doch eigentlich sparen können.
Sie vermeiden dadurch weitere Ermittlungen (wie z.B. Befragung der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz).
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß hier ein Polizeibeamter wegen einer Knolle von 30 Euro Haus- und Arbeitsplatzermittlungen durchführen würde. Zumal der Arbeitsplatz nicht bekannt ist. Heiße Luft also.
Zu diesen Angaben sind Sie gem. § 46 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz i.V.m. § 161 a Abs. 1 Satz 1 StPO verpflichtet.
Zu welchen Angaben, bitteschön? Die in dem Fragebogen gestellten Fragen muß kein Mensch Zeuge beantworten. Und der § 161 a StPO regelt einen ganz anderen Fall! Die Behörde blufft.
Der Ton wird strenger:
Sollten Sie der Bitte um Benennung der Fahrzeugführerin oder des Fahrzeugführers, des Verantwortlichen, nicht entsprechen, obwohl Ihnen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, müssen Sie damit rechnen, richterlich vernommen zu werden.
Glauben die Kasper Herrschaften da im Amt wirklich, daß ein Richter die Halterin wegen einer solchen Mickey-Maus-Verkehrs-Ordnungswidrigkeit vernehmen wird? Was soll eine solche erkennbar leere Drohung?!
Es wird noch schärfer:
Falls nicht festgestellt werden kann, wer zur Tatzeit das Fahrzeug geführt hat, kann der Halterin oder dem Halter gemäß § 31a StVZO die Führung eines Fahrtenbuches auferlegt werden.
Nein! Bei Bagatellverstößen wie diesem wäre eine Fahrtenbuchauflage unverhältnismäßig, deswegen rechtswidrig. Genauso wie die Drohung damit.
Dann kommt noch das verquaste Behördendeutsch, mit dem auf die verschiedenen Rechte hingewiesen wird, in bestimmten Fällen keine Angaben machen zu müssen. Das versteht sowieso kein Mensch, der keine Juristerei studiert hat.
Insgesamt scheint mir die Behörde es darauf anzulegen, mit den aufgezeigten empfindlichen Übeln die Mandantin einzuschüchtern, um an die begehrten Informationen zu kommen.
Wenn mit solchen grenzwertigen Aktionen bereits bei einem Verwarnungsgeld Druck auf den Bürger ausgeübt wird – wie sieht es dann erst aus, wenn es an’s Eingemachte geht?!
Auf diesem oben abgebildeten Fragebogen gibt es nichts, was ausgefüllt und unterschrieben werden müßte. Gar nichts. Der dient meines Erachtens nur dazu, den Bürger zu täuschen und einzuschüchtern.
Faires Verfahren, liebe Thüringer Bußgeldbeamte, geht anders.