Es ist immer wieder spannend für mich, anderen Verteidigern bei der Arbeit zuzuschauen. Das Vergnügen habe ich, wenn es mehrere Angeklagte in einem Verfahren gibt, aber auch, wenn ein Mandant erst in der Rechtsmittelinstanz zu mir kommt.
Manchmal kommt es aber auch zum Verteidigerwechsel innerhalb des Ermittlungsverfahrens oder einer Instanz; das dann meist, wenn der Mandant mit dem ersten Verteidiger nicht zufrieden war. Über einen solchen Fall berichtete ein Kollege auf der Mailingliste für Rechtsanwälte:
Nachdem mich der Mandat in einer Raubsache mit seiner Verteidigung beauftragt hat, erhalte ich heute Akteneinsicht. Aus der Akte ergibt sich, dass der Mandant zuvor bereits einen Kollegen mit seiner (Wahl-)Verteidigung betraut hat, der dann zum Pflichtverteidiger bestellt wurde.
Jetzt findet sich in der Akte ein Protokoll der Hauptverhandlung vom September, zu der der Mandant möglicherweise nicht ordnungsgemäß geladen war und entsprechend ausgeblieben ist. Der Vorverteidiger äußert sich jetzt ausweislich des Protokolls wie folgt:
„RA Rudolf Ratte erklärt, er wisse nicht, wo sich sein Mandant aufhält. Er gehe davon aus, dass dieser sich vielleicht in der Drogenszene in F-Dorf herumtreibe. RA Ratte erklärt, er halte es für wenig sinnvoll, einen Vorführungsbefehl zu erlassen aufgrund der vorgenannten Umstände. Möglicherweise sei eher angebracht, einen Haftbefehl nach § 230 StPO zur Sicherung der Hauptverhandlung zu erlassen.“
Hierauf ergeht dann auch sogleich der Haftbefehl.
Dass der Mandant in der Akte nirgends, aber auch gar nicht mit Drogen in Zusammenhang gebracht wird, macht die Sache sicher nicht besser.
Es ist schon interessant, wie manchen Kollegen nicht davor zurück schrecken, ihren eigenen Mandanten in die Pfanne zu hauen. Verteidiger vom Schlage Rudolf Ratte sollten eigentlich namentlich benannt werden, oder?
Vielen Dank an Herrn Kollegen A.F., der mir die Veröffentlichung seiner schlechten Erfahrung gestattet hat.