Sonntags-Frühstücks-Worte

Das menschliche Gehirn ist die komplizierteste Sache der Welt. Dummerweise kommt es ohne Gebrauchsanweisung. Automatisch gehen die meisten Leute falsch damit um. Die sagen sich: „Ich möchte mir das Gehirn möglichst lange frisch erhalten, indem ich es möglichst selten benutze!“

Dr. Eckart von Hirschhausen
im Vorwort zu Irre – Wir behandeln die Falschen

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Gepflegte Zivilrechtler

Aus einem Schriftsatz in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung, die zwei engagierte Kollegen für ihre jeweiligen Mandanten miteinander geführt haben:

Der Kollege Rechtsanwalt Rudolf Ratte ist es nicht wert, daß man über sein Geschreibsel sinniert, er argumentiert auf dem Niveau nationalsozialistischer Propaganda kurz vor dem Zusammenbruch und sucht sich sein Klientel in den Kreisen, die zu Recht als Abschaum qualifiziert werden. Gleich und Gleich gesellt sich halt gern.

Und ich dachte, manche gepflegte Auseinandersetzung, die ich im Zusammenhang mit der Verteidigung eines Mandanten geführt habe, seien schon hart an der Grenze gewesen. Aber das hier ist echt hart.

Womit bewiesen ist: Wir Strafverteidiger sind eben doch nicht die Schmuddelkinder unter den Rechtsanwälten. ;-)

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I’ll kill you

Der tote Terrorist Acme Achmet ist zwar schon ein paar Tage alt. Aber unsterblich. Der Gag mit den katholischen Priestern (ab ca. 06:00) ist gerade mal wieder aktuell.

(Ich brauchte einen neuen Klingelton für eine Gruppe nervender Anrufer.)

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Irre – Wir sperren die Falschen ein

Wenn man sich den Tisch anschaut, auf dem sich zu Hause meine Bücher stapeln, könnte ein findiger Psychologe durchaus Rückschlüsse auf meinen Job ziehen.

Manfred Lütz: Irre – Wir behandeln die Falschen. Unser Problem sind die Normalen.

Der Titel paßt auch auf die Strafjustiz. Irgendwie.

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Es lohnt sich …

… für die Stadt Bielefeld und für betroffene Fahrer.

Die Westfälischen Nachrichten (WN) wärmen das Thema „Blitzer am Bielefelder Berg“ noch einmal auf und liefern Zahlen:

Pro Woche fotografierte die Anlage in ihren besten Zeiten 4000 Fahrer. Das sind im Schnitt 571 am Tag, 23 in der Stunde, alle drei Minuten eine Aufnahme.

Mit der Bearbeitung der eingeleiteten Bußgeldverfahren seien 27 Juristen beschäftigt, berichten die WN. Es rechne sich:

Im Schnitt rechnet die Stadt Bielefeld mit 100 Euro pro Bescheid. Das bedeutet rund 10 Millionen Euro Einnahmen. Zieht Schlüter die Personalkosten, Büroräume und Sachkosten ab, dann bleiben unterm Strich sieben Millionen Euro an Einnahmen – in einem Jahr.

Die Installationskosten für die Meßeinrichtung dürften sich in kürzester Zeit amortisiert haben. Aber auch für einen Geblitzten Betroffenen kann es sich lohnen, einen etwaigen Bußgeldbescheid prüfen zu lassen:

Aus den 283 917 Fotos wurden rund 100 000 Bußgeldbescheid. Die anderen sind technisch nicht okay, von Ausländern, die deutsche Ordnungsbehörden nicht verfolgen können, oder aus anderen Gründen nicht zu gebrauchen.

Über den dicken Daumen bedeuten diese Zahlen: Zwei Drittel der Messungen sind nicht verwertbar. Ob die 27 Aschenputtel Juristen tatsächlich immer die „richtigen“ Messungen aussortieren und in’s Kröpfchen werfen? Da wäre ich mir nicht so sicher wie der Herr Schmidt.

Einspruch, Akteneinsicht, Prüfung sind die Möglichkeiten, die der Gesetzgeber für die Betroffenen installiert hat. Und in den meisten Fällen hilft’s, einmal genauer hinzuschauen.

WN-Artikel gefunden bei LexisNexis.

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Selbsteingeschätzt

Aus einem Bericht des Gerichtshelfers bei den Sozialen Diensten der Justiz:

Soziales Umfeld
Bezüglich seines sozialen Umfeldes gab er an selbiges zu haben. Er fühlt sich in seinem Freundes- und Bekanntenkreis akzeptiert und aufgehoben. Zu seiner Mutter und seiner Schwester hat er ebenfalls guten Kontakt.
Auf meine Frage wie er sich Hinsichtlich seines Charakters selbsteinschätzt gab er nach einigem Nachdenken bekannt das er ausgeglichen, ruhig, hilfsbereit und ehrlich sei.

Ich weiß schon, warum ich meinen Mandanten rate, gegenüber der Hilfe der Gerichtshelfer sehr vorsichtig zu sein; in der Regel verzichten wir auf diese Art der Hilfe. Denn wer so ein verquastes Zeug schreibt, der muß es vorher auch gedacht haben. In welcher Hinsicht dieser (Sprach-)Müll in unserem Gerichts-Verfahren „hilfreich“ sein soll, erschließt sich mir jedenfalls nicht.

Vorsorglich: Diesen Fall habe ich übernommen, nachdem der Mandant sich beim Gerichtshelfer selbsteingeschätzt hat.

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Ausgehummert

Der Verkauf der US-Geländewagen-Marke Hummer nach China ist geplatzt. Der verlustreichen Tochter von General Motors (GM) droht nun das gleiche Schicksal wie den Geschwistern Saturn und Pontiac: Sie soll abgewickelt werden.

berichtet die MOZ

Tja, wie war das mit den Dinosauriern? Aber vielleicht sollte man sich gerade deswegen so ein Ding nun in die Doppelgarage stellen.

Übrigens: Für den Hummer gibt es die grüne Umwelt-Plakette.

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Generalprävention

Aus den Gründen eines Urteils:

Schließlich waren auch generalpräventive Gesichtspunkte bei der Strafzumessung von wesentlicher Bedeutung. Angesichts der Tatsache, dass in der letzten Zeit gehäuft Pkw in Brand gesetzt werden, muß mit angemessenen, aber deutlichen und empfindlichen Strafen ein Zeichen gesetzt werden.

Es sind reichlich Autos angezündet worden. Man hat bislang – außer dem hier Verurteilten – keinen Brandstifter ermitteln und der Tat überführen können. In einem weiteren Fall hat eine sehr umfangreiche Beweisaufnahme zum Freispruch einer Angeklagten geführt.

Wird in diesem Fall nun ein Exempel statuiert? Muß der hier Verurteilte für die ausbleibenden Fahndungserfolge der Ermittler büßen? Ein Urteil für die Galerie?

Über das Strafmaß wird dann wohl eine streitige Verhandlung vor dem Berufungsgericht geführt werden.

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Ordnung muß sein – in Gifhorn

Tolle Geschäfts-Idee: Erst die Gebühren für die Straßenreiniung kassieren, dann die Straßen nicht freiräumen und statt dessen Knöllchen verteilen an diejenigen, die wegen der unterlassenen Schneeräumung Probleme haben, ihr Auto abzustellen.

Ich kann da nur zum zivilen Ungehorsam aufrufen: Das Verwarnungsgeld massenhaft nicht bezahlen, dann massenhaft ins Bußgeldverfahren einsteigen und schießlich massenhaft vor das Amtsgericht Gifhorn ziehen, damit der dort zuständige Richter in umfangreichen Beweisaufnahmen den Sachverhalt unter Zuhilfenahme kundiger Sachverständiger den Fall entscheiden kann.

Videoclip gefunden bei Rechtsanwältin Kerstin Rueber.

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Wie würden Sie bestrafen?

Der Mandant hatte ein paar Vorstrafen.

1.
19.08.1998 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 12.09.1998
Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher Diebstahl im besonders schweren Fall
Datum der (letzten) Tat: 09.05.1998
Angewendete Vorschriften: STGB § 242, § 243 ABS. 1 NR. 1, § 25 ABS. 2
150 Tagessätze zu je 15 DM Geldstrafe

2.
11.02.2002 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 19.02.2002
Tatbezeichnung: Fahrlässiger Vollrausch
Datum der (letzten) Tat: 28.12.1999
Angewendete Vorschriften: STGB § 323 A, § 20
9 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit 2 Jahr(e)
Bewährungszeit verlängert bis 18.02.2005
Strafe erlassen mit Wirkung vom 29.03.2005

3.
24.06.2003 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 11.07.2003
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
Datum der (letzten) Tat: 05.04.2003
Angewendete Vorschriften: STGB § 113 ABS. 1
30 Tagessätze zu je 10 EUR Geldstrafe

Bis hierher alles kein Problem mehr. Die Sachen waren erledigt, wenngleich noch nicht vergessen. Sie standen jedenfalls noch drin, im Auszug aus dem Bundeszentralregister (BZR).

Danach ging’s weiter wie folgt:

4.
02.06.2005 AMTSGERICHT
Rechtskräftig seit 02.06.2005
Tatbezeichnung: Beihilfe zum Diebstahl und Beihilfe zum versuchten Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: 24.05.2004
Angewendete Vorschriften: STGB § 242 ABS.1, ABS.2, § 243 ABS.1 NR.1, § 22, §23, §53, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 01.06.2009
Bewährungszeit verlängert bis 01.06.2010

5.
14.03.2006 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 14.03.2006
Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit Bedrohung
Datum der (letzten) Tat: 02.09.2003
Angewendete Vorschriften: StGB § 113 Abs.1, § 241 , § 52, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 13.03.2009

6.
27.09.2006 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 27.09.2006
Tatbezeichnung: Gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung
Datum der (letzten) Tat: 26.06:2003
Angewendete Vorschriften: StGB § 223, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 241, § 52, § 25 Abs. 2, § 21
10 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 26.09.2008

7.
12.03.2007 Amtsgericht
Rechtskräftig seit 20.03.2007
Tatbezeichming: Vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr
Datum der (letzten) Tat: 13.07.2006 .
Angewendete Vorschriften: StGB § 316 Abs. 1, § 56
3 Monat(e) Freiheitsstrafe
Bewährungszeit bis 19.03.2009

Die achte Eintragung im BZR war die Zusammenfassung von Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6; das Gericht hat daraus eine Gesamtstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten gebildet.

Also, nochmal langsam, zum Mitschreiben: Es waren insgesamt vier Bewährungen mit 1 Jahr und 6 Monaten Freiheitsstrafe offen.

Und dann kam eine weitere Anklage hinzu:

Er befuhr am 28.7.2008 gegen 20.57 Uhr mit einem Fahrrad in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand in Schlangenlinien u.a. die Landstraße 897 aus Richtung S. kommend in Richtung G. Die ihm am 28.07.2008 um 22.07 Uhr entnommene Blutprobe hat eine Blutalkoholkonzentration von 2,32 %0 ergeben.

Und jetzt? Was soll das geben? Für eine folgenlose Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad (ohne konkrete Fremdgefährung) standen nach anfänglicher Vorstellung der Staatsanwaltschaft nochmal 9 Monate Freiheitsstrafe – ohne Bewährung – zur Rede. Dies hätte den Widerruf der Strafaussetzung der offenen Strafen zur Folge. Das wären dann in summa 2 Jahre und 3 Monate geworden.

Nun hat der Mandant rechtzeitig einen Verteidiger beauftragt. Und das Landgericht hat in der Berufungsinstanz entschieden.

Das Ergebnis darf erraten werden. Und zwar folgendes:

    1. Urteil des Amtsgerichts in erster Instanz
    2. Urteil des Landgerichts in der Berufung

8-)

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