Jahresarchive: 2012

Der Strafverteidiger empfiehlt – 26

Heute:

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Udo for President!

Wenn das mal gut geht:

Aber wenn Sie 18 Jahre lang Strafverteidiger waren, werden Sie im Bundestag bestimmt auch keine Magengeschwüre mehr kriegen.“

Ich drücke Udo Vetter für das Gelingen seines neuesten Projekts sämtliche Daumen. Trotzdem würde ich es bedauern, wenn uns auf diesem Wege ein guter Strafverteidiger und Blogger an die Politik verloren ginge.

Nun, irgendeiner muß aber auch mal für Ordnung da im Reichstag sorgen. Man kann ja nicht alles selber machen.

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Gesucht: Rechtsanwalt mit Klammerbeutel

Ok, daß man es bei Leuten versucht, die – sagen wir mal – im Wirtschaftsleben nicht besonders routiniert auftreten, ist nachvollziehbar. Aber daß die Frau Maria Sanchez [zent@btcl.net.bd], oder wer auch immer hinter dieser Anmache steckt, sich an unsere Kanzlei-eMail-Adresse wendet, also an einen Strafverteidiger, der den Betrugstatbestand nachts um 2 Uhr, wenn er geweckt wird, rückwärts singen kann, enttäuscht ja nun doch:

Guten Tag!

Mein Name Maria Sanchez, arbeitete ich als Rechtsanwalt in der Madrider Gesellschaft IBERICA-ASESORIAS in Spanien. In der Tat fand ich Ihren Namen in das Suchfeld Computer-System. Ich hoffe, dass Sie zuverlässige und vertrauenswürdige Persone sind. Mein verstorbener Client, Herr Gorski, der in Spanien für mehr als 10 Jahre vor seinem Tod lebte, starb mit seiner ganzen Familie am 29 Dezember 2004.

Bevor ich weiter erkläre, muss ich erst für diese unerwünschten E-Mails bei Ihnen entschuldigen. Ich bin mir bewusst, dass dies sicher nicht vorhersehbarer Weise zu nähern bauen ein Vertrauensverhältnis Ich hatte keine Wahl, weil die Umstände und die Dringlichkeit mit dem Fall verbunden.

Vor der Tod mein Kunde gab ein Mandant Storage Box / Diplomatic Personal Schatz im Wert von US $ 14800000 ($ 14.800.000), der Sicherheitsdienst in Spanien. Und so, in der Sicherheits-und persönlichen Gründen kann ich nicht verraten den genauen Inhalt der diplomatischen tsenostey Lagerung und welche Art Sicherheit Firma, die sie sind. Als Anwalt meines verstorbenen Klienten, fragte der Sicherheitsfirma mir, die Mitglieder der Familie (Erbe / Erbin) einzuführen, um das Erbe meiner verstorbenen Kunden oder Lagerung geben wird beschlagnahmt und mitgenommen werden dem Bureau von Diplomatic Sicherheit als unzustellbar.

Die Suche nach den Angehörigen des Verstorbenen ist Erfolgloss gelaufen. Auf dieser Grundlage schlage ich Ihnen, Sie als Verwandte von gestorbener Herr vorstellen. Ich weiß, Sie können nicht in irgendeiner Weise mit meinem verstorbenen Client verbunden sein, aber mit einigen Modalität in meinem Platz, ich kann garantieren, dass, wenn Sie meinen Anweisungen (Rechtsstaatlichkeit) folgen, können wir Ihre Verwandtschaft mit meinem verstorbenen Client beweisen und ohne Probleme zu erben.

Denken Sie daran, dass diese Transaktion 100% ohne Risiko bei diesem Geschäft verbunden ist, wie ich alle Bedingungen entwickelt wurden, um den Betrieb effektiv und erfolgreich abzuschließen. Sobald der Schatz (die Erbe) zu Ihnen geliefert wird, müssen wir den Inhalt im Verhältnis von 50% Aktien für Sie, 50% für mich.

Wenn Sie zur Zusammenarbeit zustimmen, antworten Sie bitte auf meine persönliche E-Mail-Adresse, können Sie uns auch anrufen oder schicken Sie mir ein Fax zur weiteren Klärung.

Mit freundlichen Grüßen,

Anwalt: Frau Maria Sanchez
ab.mariasanchez@yahoo.com

Vielleicht findet sich aber trotzdem irgendein Kollege, der mit dem Klammerbeutel gepudert wurde, um der Senhora zu helfen.

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Der Zeugenbericht im Jugenstrafrecht

Das Jugendstrafrecht hat viele Gemeinsamkeiten mit dem sogenannten Erwachsenen-Strafrecht; dazu gehört auch die Strafprozeßordnung (StPO), jedenfalls nach herrschenden Ansicht.

Zu den Besonderheiten im Jugendstrafrecht gehört nach meiner Erfahrung, daß sich Jugendstrafrichter oft so ihre eigenen Verfahrensregeln basteln. Und die weichen dann auch schon mal von der StPO ab. Ein schönes Beispiel für

  • „Wie das Verfahren hier läuft, bestimme ich, Herr Verteidiger!“
  • „Nein, das bestimmt das Gesetz, Frau Vorsitzende!“

möchte ich hier schildern. Die Richterin hatte mich ohnehin aufgefordert, Belege für meine Ansicht (s.o.) beizubringen, die sie nachlesen kann. Also: Here we go.

Der Mandant – Wilhelm Brause – wird durch die Aussage der Anzeigeerstatterin – Berta Groll – belastet. Als Entlastungszeugin wurde die Schwester – Wilhelmine Brause – geladen. Wilhelmine war im Ermittlungsverfahren zwar als Beteiligte bekannt, ist aber nicht vernommen worden.

Die Richterin gab der Wilhelmine das Beweisthema bekannt. So weit, so gut, so vorgesehen in § 69 I S. 2 StPO:

Die Vorschrift enthält die Grundregel, nach der bei der Vernehmung des Zeugen zur Sache verfahren werden soll: Unterrichtung des Zeugen über den Gegenstand der Untersuchung […]

liest man im Karlsruher Kommentar zur StPO, § 69 Rdz. 1.

Dann begann das Schwesterchen recht flüssig zu erzählen, woran sie sich erinnerte. Es dauerte etwa 15 Sekunden, da unterbrach die Richterin die Zeugin mit der ersten Nachfrage; nach weiteren 10 Sekunden des Wilhelminischen Vortrags erfolgte die nächste Unterbrechung. So weit, so schlecht, so nicht (vgl. KK a.a.O.) vorgesehen:

[…], sodann zusammenhängender Bericht des Zeugen (Abs. 1 S. 1), […]

Dieser ununterbrochene Zeugenbericht ist ein wesentliches Element, das unter anderem auch Aufschluß darüber gibt, woran sich der Zeuge, also hier die Wilhelmine, aus sich heraus erinnert. Es soll deutlich werden, was dem Berichterstatter wichtig war/ist und welche Details er sich merken konnte. Zwischenfragen verwässern den Boden, auf dem anschließend die Werthaltigkeit der Aussage beurteilt werden soll. Gefährlich wird’s, wenn die Zwischenfragen den Zeugen in eine Richtung (ab-)lenken könnten oder gar sollen.

Im vorliegenden Fall kommt es ganz entschieden auf eine solide Bewertung der Glaubhaftigkeit der Aussage von Wilhelmine an. Sie ist die Schwester des Angeklagten, ihre Aussage steht im diametralen Gegensatz zur Aussage der Bertra Groll, die ihren Bruder Wilhelm im Ermittlungsverfahren massiv belastet hat.

Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß am Ende der Beweisaufnahme jemand zwischen zwei roten Deckeln eine Notiz macht: „Die Zeugin hat das Gericht belogen.“ Ob diese Zeugin nun Berta oder Wilhelmine sein wird, muß bewertet werden – von der Richterin, der Staatsanwältin und vom Verteidiger.

Letzterer reklamiert daher die Unterbrechungen und Nachfragen – worauf die Richterin wie oben beschrieben reagierte. Es kam zu einem längeren Monolog der Inhaberin der Prozeßleitung Danach dann aber doch noch zu einem erfreulich prozeßordnungsgemäßen Zeugenbericht: Ununterbrochen, mit reichlich Details, kleinen Erinnerungslücken und weiteren nützlichen Kriterien, die am Ende die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Aussage leichter beantworten lassen. Diese „Kleinigkeiten“ hätten mit großer Wahrscheinlichkeit bei fortgesetzter (Zer-)Störung des Zeugenberichts durch die Richterin gefehlt.

Wenn das Gericht noch Fragen hat, folgt (KK a.a.O.):

danach (vgl BGHSt 3, 281, 284) „nötigenfalls“ Verhör (Abs. 2)

Dieser störungsfreie Zeugenbericht ist unter Strafjuristen eigentlich auch kein Thema. Herr Carl Pfeiffer sieht das in seinem Kommentar zur Strafprozeßordnung (§ 69 Rdz. 1) genau so und liefert die von der Richterin verlangten Belege:

Sodann ist der Zeuge zu einem Bericht zu veranlassen (Abs. 1 S. 1); er hat Anspruch darauf, sein „Wissen zur Sache im Zusammenhang vorzutragen“ (BVerfGE 38, 117 = NJW 1975, 104), also unbeeinflusst von Fragen. Dies ist eine zwingende Vorschrift; […]. Ist trotz Bemühungen eine zusammenfassende Darstellung nicht zu erlangen, muss der Richter zur Vernehmung durch Vorhalte und Fragen übergehen; […]

Also erst wenn und nachdem der Zeuge das Stottern beginnt oder ihn größere Erinnungslücken plagen, darf das Gericht nachhaken. Zentraler Teil der Zeugenaussage ist der so genannte „Sachbericht“, nicht das „Verhör“.

Das „Verhör“ nach § 69 Abs 2 StPO dient der Vervollständigung und Überprüfung des Berichts. Lücken in der Darstellung sollen geschlossen, Unklarheiten beseitigt, etwaige Widersprüche geklärt und vor allem soll erforscht werden, ob der Zeuge eigenes Wissen oder von Dritten Erfahrenes wiedergegeben oder statt Wahrnehmungen Schlussfolgerungen bekundet hat. Gegebenenfalls wird auch zu erfragen sein, von wem fremdes Wissen erworben wurde. Die Fragen, die vielfach in der Form von Vorhalten gestellt werden, sind erst zulässig, nachdem deutlich geworden ist, was der Zeuge ohne einen solchen Verneh­mungsbehelf zu bekunden vermag.

Schöner als Herr Christian Monka, Oberstaatsanwalt beim BGH, im Beck’schen Online-Kommentar StPO, Hrsg: Graf, Stand: 01.10.2012, Edition: 15, § 69, Rn 2 – 6
hätte ich es auch nicht formulieren können. ;-)

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 25

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Hochbezahlter Strafverteidiger

Ganz frisch aus unserem Spamfilter:

Derjenige, der sich für diesen Job oder einen vergleichbaren interessiert, sollte bei seiner Kalkulation des zu erwartenden „hohen Nebeneinkommens“ die Kosten für den nachfolgenden Strafprozeß berücksichtigen. Denn es ist ziemlich sicher mit der sehr kurzfristigen Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Geldwäsche zu rechnen, sobald die erste Barabhebung erfolgt ist.

Ob sich dann aber die „hochbezahlte“ Geldwäsche noch lohnen wird, glaube ich eher nicht. Zumal das Honorar für den Strafverteidiger besser nicht aus dieser Quelle stammen sollte.

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 24

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Bundesanwaltschaft: No risk – no fun?

Das Verfahren gegen Beate Zschäpe berge Risiken für die Anklage, denn die Beweislage sei schwierig, berichten Barbara Hans, Birger Menke und Benjamin Schulz auf SPON.

Die Bundesanwaltschaft hat am 8. November 2012 – symbolträchtig (oder als show-Einlage) exakt ein Jahr, nachdem Frau Zschaebe sich den Strafverfolgern gestellt hatte – Anklage erhoben und die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Oberlandesgericht (OLG) München beantragt.

Auf nahezu 500 Seite wirft die Bundesanwaltschaft der Angeschuldigten Zschaepe vor,

sich als Gründungsmitglied des „NSU“ mittäterschaftlich an der Ermordung von acht Mitbürgern türkischer und einem Mitbürger griechischer Herkunft, dem Mordanschlag auf zwei Polizeibeamte in Heilbronn sowie an den versuchten Morden durch die Sprengstoffanschläge des „NSU“ in der Kölner Altstadt und in Köln-Mülheim beteiligt zu haben. Darüber hinaus ist sie hinreichend verdächtig, als Mittäterin für 15 bewaffnete Raubüberfälle verantwortlich zu sein. Ferner wird ihr in der Anklageschrift zur Last gelegt, die Unterkunft der terroristischen Vereinigung in Zwickau in Brand gesetzt und sich dadurch wegen eines weiteren versuchten Mordes an einer Nachbarin und zwei Handwerkern und wegen besonders schwerer Brandstiftung strafbar gemacht zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, §§ 211, 224 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5, §§ 249, 250 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b, §§ 251, 253, 255, 306a Abs. 1 Nr. 1, 3, § 306b Abs. 2 Nr. 2, §§ 306c, 308 Abs. 1 und 2, §§ 22, 23, 25 Abs. 2, §§ 52, 53 StGB)

Was ist an diesen (abstrakten) Anklagesätzen riskant? Worin besteht für die Anklageverfasser das Risiko?

Es ist nicht so, daß dem Generalbundesanwalt die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegt und vom Gehalt abgezogen werden, wenn die Anklagevorwürfe im Laufe des Verfahrens sich ganz oder teilweise nicht bestätigen.

Vielmehr liegt die Vermutung nahe, daß es sich bei dieser Anklageschrift um eine so genannte Vorratsanklage handelt: Alles, was nicht völlig fern liegt, wird erst einmal hineingepackt, um dann zu sehen, was am Ende hinten rauskommt. Diese „Technik“ ist erfahrenen Strafverteidigern (und Richtern) nicht unbekannt.

Was soll denn passieren, wenn sich der eine oder andere Vorwurf nicht bestätigen sollte? Das Strafprozeßrecht bietet eine Menge Möglichkeiten, die angesammelten Vorwürfen Schicht für Schicht beiseite zu legen: Irgendwas zwischen Abtrennung und Einstellung durch Beschluß oder Teil-Urteil einerseits und Teil-Freispruch andererseits wird dabei herauskommen.

An der Rechtsfolge für Frau Zschaepe wird das kaum etwas ändern: Länger als LL (lebenslang) geht nicht. Ein Freispruch oder auch nur eine zeitige Freiheitsstrafe liegt wohl – aus Sicht der Medien und der Anklagebehörde – eher nicht im Bereich des „Risikos“. Und die Kostenfrage dürfte für die Angeklagte auch kein Problem darstellen, über das sie sich den Kopf machen müßte.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß sich zumindest ein paar (wenige) Journalisten künftig um eine saubere und fundierte Berichterstattung in diesem Mammutverfahren bemühen werden. Der hier zitierte Artikel hätte insoweit noch reichlich Platz für eine Optimierung gehabt.

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Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Der Mandant hatte uns mitgeteilt, daß die Kosten für seine Verteidigung von seinem Rechtsschutzversicherer übernommen würden. Es gibt so etwas wie (erweiterten) Strafrechtsschutz, deswegen haben wir den Versicherer – die Advocard – um seine Deckungszusage gebeten und ihm den Sachverhalt geschildert.

Zunächst reagierte die Advocard nicht. Auf unsere Bitte, in die Puschen zu kommen, schreibt der Versicherer unsem Mandant:

Einen Tag später bekommen wir Post von der Advocard:

Wenn das Risiko der Strafverteidigung gegen einen Betrugsvorwurf nicht versichert ist, gibt es eben auch keine Kostenzusage. Das ist völlig in Ordnung. Aber warum werde ich dann gebeten, mich gleichwohl „erneut mit uns in Verbindung“ zu setzen? Haben die Advocarden Langeweile?

Ich denke nicht, daß ich Gefallen daran finden werde, Brieffreundschaften mit überforderten Versicherungs-Sachbearbeitern zu pflegen.

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Sprechzeiten des Gerichts

Ein Anruf am Freitag:

Die Anruferin teilt also mit, daß sie nicht mehr angerufen werden kann.

Sinn für Humor haben sie ja, die Beschäftigten in der Justiz.

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