Selbstverständnis eines Strafverteidigers

Aus einem Bericht über einen Strafprozeß im Moabit der noch jungen Weimarer Republik:

Acht Tage kämpfte ich einen aussichtslosen Kampf. Kämpfte ich für Schumann? Nein. Ich kämpfte einfach dafür, daß trotz aller Last der Beweise, trotz allen Abscheus ihm das Recht [zuteil] wurde, das jedem Menschen zusteht: Solange als unschuldig zu gelten, bis das Gericht über ihn sein Urteil gesprochen hat und dieses Urteil rechtskräftig geworden ist. Ich kämpfte damit nicht für Schumann, sondern für das Recht schlechthin. Ich kämpfte damit auch für die Richter. Denn nur wenn ich alle Möglichkeiten, die für den Angeklagten sprechen konnten, erschöpft hatte, konnte der Richterspruch Bestand haben und über jeden Zweifel erhaben sein.

Abgeschrieben von

Erich Frey, Ich beantrage Freispruch

Hamburg, 1960

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