Kein Multitasking beim Richter

Die mit Abstand schwierigsten Mandanten eines Rechtsanwalts sind – nein, nicht Lehrer, sondern – Juristen. Aber auch innerhalb dieser Kategorie läßt sich differenzieren. Spitzenreiter sind hier – na? – Richter.

Beleg gefällig? Bitteschön:

Er wolle keine Extrawurst, ihm sei auch nicht langweilig und er sei schon gar kein Querulant, verteidigte ein Amtsrichter aus dem Breisgau … seinen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid.

Hmm. Der Küchenpsychologe zieht bei so einer Verteidigungsstrategie sofort eindeutige Schlüsse. Das aber erstmal beiseite; was ist denn nun passiert?

Es geht um eine Geschwindigkeitsüberschreitung von netto 7 km/h, die der Richter – aus eigener Tasche! – mit 25 Euro büßen soll. Das geht ja nun gar nicht. Vor allem deswegen, weil die Straßenverkehrsordnung den vollen Juristen massiv überfordert.

In einer Tempo-30-Zone müsse er stets mit Kleinkindern und Omas mit Rollatoren rechnen. Deswegen sei er verpflichtet, permanent auf die Straße zu schauen. Wenn er aber den Rentner- und Kinder-Verkehr beobachtet, könne er nun mal nicht den Tacho im Blick behalten.

Ja, er halte es schlechterdings für gefährlich, das kleine rote Tacho-Strichlein wie eine Schlange zu fixieren. Genau so passierten nämlich Unfälle.

berichtete die Badische Zeitung.

Das Verfahren wurde ausgesetzt, damit – zum Beweis der Tatsache, daß Richter nicht multitaskingfähig sind – ein Physiker feststellen kann, daß die StVO für Richter nicht anwendbar ist, wenn sie mit dem Auto an Altersheimen und Kindergärten vorbeifahren.

Danke an Tobias Andrae für den Hinweis.

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht, Richter veröffentlicht.

12 Antworten auf Kein Multitasking beim Richter

  1. 1
    Peter Paluschke says:

    Bei einem „Normalsterblichen“ der in den späten 80´er Jahren ähnlich argumentiert hat ( hier waren es zuviele Schilder die ihn ablenkten) sah die zuständige Behörde
    die Eignung zur Teilnahme am Strassenverker als nicht mehr gegeben……..

  2. 2
    chio says:

    Im Grunde stimme ich dem Richter zu, der Blick aufs Tacho kostet einige blinde Meter.
    Aber es gibt Abhilfe:
    Einige Hersteller zeigen die Geschwindigkeit in großen leicht abzulesenden digitalen Ziffern an.
    Einige bieten gleich ein Head up Display an wo die relevanten Informationen gleich auf die Windschutzscheibe projiziert werden.

    In einem kann ich dem Richter nicht zustimmen, wer mit Kleinkindern und Omas (*Seitenhieb* Opas sind ja egal *Seitenhieb*) rechnet sollte eher zu langsam als zu schnell fahren.

  3. 3
    ??? says:

    Ihm (dem Richter) fehlt eine Frau auf dem Beifahrersitz, die, den Stadtplan auf dem Schoß haltend, permanent dazwischenquatscht und dann immer wieder „nicht so schnell, Hugo…“ ruft.
    Oder die Akte an Herrn Burhoff weiterreichen. Oder an Bossi. Der ist auch schon mal geblitzt worden.

  4. 4

    Wie alt ist der Richter denn und wie lange (Jahre ?) hat er denn schon seine Fahrerlaubnis/Führerschein. Denn es kommt gar nicht auf die angezeigte Geschwindigkeit an, sondern auf das notwendige Gefühl, jederzeit abrupt und spontan und erfolgreich bremsen zu können, wenn plötzlich (!) ein Kind auf der Strasse erscheint. Und erfahrene Autofahrer haben ein Gefühl für die Notwendigkeit einer solch geringen Geschwindigkeit.

    Der angeblich störende und ablenkende Blick auf den Tacho ist nur eine perfide Ausrede des Richters. ERfahrene Autofahrer müssen nicht auf den Tacho gucken, um die Geschwindigkeit zu wissen. Erfahrene Autofahrer „spüren“ die Geschwindigkeit.

  5. 5
    T.H., RiAG says:

    Ist bestimmt einer aus der Familienabteilung… :-D

  6. 6
    krassOder says:

    Genau das mit dem „Eignung zur Teilnahme am Strassenverkehr“ ging mir auch durch den Kopf.
    Als Fussgänger muss er die Geschwindigkeit nicht per Tacho prüfen, also eigentlich optimal für den Richter.

    Statt dem Physiker wäre wohl die Auflage einer MPU ratsam.

  7. 7
    ingo says:

    @ ???:

    Herr Burhoff ist nur forensisch tätig. Soweit ich weiß nimmt er keine oder jedenfalls nur sehr ausgewählte Mandate an.

  8. 8
    Hans Adler says:

    Das Argument ist ja sogar einigermaßen einleuchtend. Aber nur solang man davon ausgeht, dass der Herr einen Anspruch darauf hat, mit einem Tempo knapp unter der Höchstgeschwindigkeit zu fahren. Wer das nämlich bei Tempo 30 nicht hinkriegt, ohne gelegentlich zu schnell zu werden, kann ja zur Sicherheit mit Schrittgeschwindigkeit fahren.

  9. 9
    alfred says:

    Ich verstehe das Argument. Ich schalte einfach den Tempomaten an. Sehr entspannend.

  10. 10
    Staatsanwalt says:

    Das wird wegen der Sachverständigenkosten eine nette Verfahrenskostenrechnung an den Betroffenen geben, was der urteilende Owi – Richter sicher auch im Kopf hatte. Aber wahrscheinlich ist der Betroffene rechtsschutzversichert, sonst ist dieser ganze peinliche Unsinn nicht zu erklären. Ich möchte mal wissen was der Herr Richter von sich geben würde wenn bei ihm ein Betroffener mit einer solchen Einlassung auflaufen würde.

    BTW: Während meines Studiums ist ein Rechtsanwalt und Repetitor mit einer ähnlichen Einlassung auf die Nase gefallen. Er hatte argumentiert dass die an jeder Einmündung einer Landstraße aufgestellten Tempobeschränkungen auf 70 ihm beim Tiefflug mit seinem Porsche überfordern würden. Das hat ihm Post von der Fahrerlaubnisbehörde eingebracht, die jetzt Zweifel an seiner Fahrtauglichkeit hatte.

  11. 11
    Mann von der Straßenverkehrsbehörde says:

    @ Staatsanwalt:

    Wie, Rechtsanwälte lassen sich genauso „abgefahren“ ein wie Richter?

    Wenn das der Herr Hoenig wüsste.

  12. 12