Pflicht­ver­tei­di­ger von Be­ginn der U-?Haft an

Bis­lang war dem U-?Haft­ge­fan­ge­nen ein Pflicht­ver­tei­di­ger zwin­gend erst nach Ab­lauf von drei Mo­na­ten Haft zu be­stel­len. In An­be­tracht des tief­grei­fen­den Grund­rechts­ein­griffs, der mit der In­haf­tie­rung eines bis zur rechts­kräf­ti­gen Ver­ur­tei­lung als un­schul­dig gel­ten­den Men­schen ver­bun­den ist, ist es rechts­staat­lich ge­bo­ten, die Bei­ord­nung eines Ver­tei­di­gers auf den Zeit­punkt des Be­ginns der U-?Haft vor­zu­zie­hen. Damit wird si­cher­ge­stellt, dass der Be­schul­dig­te seine Rech­te von An­fang an ef­fek­tiv wahr­neh­men kann. Mit die­ser Än­de­rung wird auch ent­spre­chen­den Emp­feh­lun­gen des Eu­ro­pa­ra­tes ent­spro­chen.

So hört sich die Pressemitteilung des BMJ zur Verbesserung des Rechts­schutzes für Un­ter­su­chungs­ge­fan­ge­ne an.

Auf die Umsetzung ab dem 1. Januar 2010 bin ich gespannt.

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4 Antworten auf Pflicht­ver­tei­di­ger von Be­ginn der U-?Haft an

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    Tilman says:

    Der Beschuldigte wird einen Antrag über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse inkl. Belege einreichen müssen. Die Bearbeitung des Antrags beim neu zu schaffenden „Bundesamt für Pflichtverteidigung“ (Angeschlossen an die Staatsanwaltschaft) wird die Anträge zügig innerhalb von drei Monaten bearbeiten.

    Aber mal ernsthaft: der Wortlaut „von Be­ginn der U-?Haft an“ deutet an, dass der Pflichtverteidiger erst *nach* Anordnung der U-Haft kommt, d.h. also noch nicht beim ersten Richtertermin, wo bis zum Ende des Tages nach der Verhaftung die U-Haft angeordnet wird.

    Was mich ausserdem stört, ist dass bei der „Er­wei­ter­te Be­leh­rungs­pflicht“ nichts darüber steht, dass diese Belehrung in der Sprache des Verhafteten statt finden müsse.

  2. 2

    Jetzt tun Sie dem BMJ aber Unrecht:

    § 114b StPO (RegE):

    (1) Der verhaftete Beschuldigte ist unverzüglich und
    schriftlich in einer für ihn verständlichen Sprache über seine Rechte zu belehren. Ist eine schriftliche Belehrung erkennbar nicht ausreichend, hat zudem eine mündliche Belehrung zu erfolgen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn eine schriftliche Belehrung nicht möglich ist; sie
    soll jedoch nachgeholt werden, sofern dies in zumutbarer Weise möglich ist.

  3. 3
    BV says:

    Ich finde es immer lustig, wenn der Gesetzgeber mit vermeidlichen Innovationen und tollen Ideen in einem Bereich daher kommt, der seit Jahren und Jahrzehnten unverändert ist. Sowohl die U-Haft als auch die Grundrechte gibt es schon eine ganze Zeit lang. Und scheinbar plötzlich fällt dem Gesetzgeber auf, dass da was nicht rund läuft und eine Änderung „rechtsstaatlich geboten“ ist. Klar, das ist kein Grund, die Änderung einfach zu lassen. Es ist der Wortlaut solcher Meldungen, der mich stört.

  4. 4

    Nicht gespannt warten, sondern mithelfen, dass die Gerichte nicht irgendwelche liebgewonnen Flachpfeifen, Voll- und Hohlpfosten als Pflichtverteidiger beiordnen.

    Es sollte konzeptionell darauf hingearbeitet werden, dass die gern genommene Vetternwirtschaft mit Ja-Sagern ein Ende findet. („Wusstest Du schon, meine Tochter hat jetzt auch ihre Zulassung, gib der mal ein paar Pflichtverteidigungen, die wird Dir dann auch nicht in die Suppe spucken.“)

    Eine Zusammenarbeit mit den jeweiligen Präsidenten der Gerichte wäre anzustreben – so ein paar Ideen früh genug wären nicht schlecht.