Kein Ersatz für Schockschaden

Die Rechtsprechung in Österreich unterscheidet sich oft nicht von der in Deutschland. Über einen Schockschaden-Fall berichtet DerAnwalt.at in seinem heutigen Newsletter:

Erleidet jemand einen Gesundheitsschaden, weil ein naher Angehöriger rechtswidrig (hier für zwei Tage) in Haft genommen wurde, liegt eine bloß mittelbare Schädigung vor, für die kein Schadenersatz gebührt. Auch aus Art 8 Abs 1 MRK (Schutz des Privat- und Familienlebens) kann diesfalls kein Ersatzanspruch abgeleitet werden.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den bisher judizierten Fällen, in denen auf Grund eines „Schockschadens“ Schmerzengeld zugesprochen wurde, dadurch, dass eine psychische Störung mit Krankheitswert nicht durch den Tod oder eine schwere Verletzung eines nahen Angehörigen oder eines Dritten, sondern dadurch verursacht worden sein soll, dass der Ehemann der Klägerin zu Unrecht inhaftiert wurde. … Eine Ausweitung der Haftung des Schädigers auf Fälle, in denen nicht der Tod oder eine schwerste Verletzung des unmittelbar Geschädigten verursacht wurde, würde die Ersatzpflicht des Schädigers
unangemessen und unzumutbar erweitern.

Das Urteil stammt vom Österreichischen Obersten Gerichtshof als Revisionsgericht und ist hier im Volltext zu lesen.

Die Entscheidung überrascht (mich) nicht. Wessen Ersatzpflicht würde unangemessen und unzumutbar erweitert? Die des Staates! Wer einmal Schadensersatzansprüche gegen den Staat – den deutschen oder den österreichischen – geltend gemacht hat, weiß, wovon ich rede.

Nebenbei: Der zu Unrecht Verhaftete hätte in Deutschland einen Schadensersatzanspruch nach § 7 Absatz 3 Strafrechtsentschädigungsgesetz (StrEG):

Für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, beträgt die Entschädigung elf Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung.

Macht im vorliegenden Fall 22 Euro für zwei Tage Haft. Das muß reichen.

Dieser Beitrag wurde unter Strafrecht veröffentlicht.

2 Antworten auf Kein Ersatz für Schockschaden

  1. 1
    deranwalt.at says:

    Bei uns sind’s wenigstens EUR 100,-/Tag für das normale Haftübel, bei Vorliegen verschärfender Umstände kann es theoretisch auch etwas mehr sein.
    Orientiert sich an Schmerzengeld-Richtsätzen, die in der Praxis bei EUR 100,-/200,-/300,- pro Tag mit leichten/mittleren/schweren Schmerzen zuerkannt werden.

    Liegt aber alles auch noch immer weit unter dem Niveau, auf dem zB vom EGMR in vergleichbaren Fällen nach Konventionsverletzungen Schadenersatz zuerkannt wird – bloß wagt es halt angesichts des Kostenrisikos, sobald die Richtsätze überschritten werden, kaum jemand, mehr einzuklagen.

  2. 2
    Tilman says:

    Diese 11 Euro können aber immer noch gekürzt werden… ich hab mal von einem Fall gehört im TV, wo der Staatsanwalt argumentierte, man müsse dem Häftling doch die gesparte Miete, Essen etc abziehen.