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Schweigerecht

Eine erfolgreiche Verteidigung hat zu berücksichtigen, daß es Sache der Ermittlungsbehörden und des Gerichts ist, dem Beschuldigten nachzuweisen, er habe eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen. Es ist keineswegs so, daß der Beschuldigte seine Unschuld beweisen muß. In den meisten Fällen ist es dringend angeraten, daß der Beschuldigte – zumindest zu Beginn des Verfahrens – von seinem Schweigerecht Gebrauch macht: Verteidigung durch Schweigen.

Das Schweigen zu einem Vorwurf stellt kein Einräumen der Tat dar und wird auch von der Ermittlungsbehörde oder dem Strafgericht nicht als Eingeständnis gewertet. Wenn jemand von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, nimmt er ein Recht war, das ihm unser Grundgesetz, ja sogar die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert.

Auf jeden Fall sollte sich ein Beschuldigter in einem Strafverfahren solange nicht zur Sache äußern, bis er Einsicht in die Ermittlungsakte erhalten hat. Wenn der Akteninhalt nicht bekannt ist, muß eine „Verteidigung ins Blaue“ hinein geführt werden. Nur wenn der Beschuldigte und sein Verteidiger wissen, welche konkreten Beweise die Ermittlungsbehörde in den Händen hält und von welcher Qualität diese sind, kann gezielt Entlastendes vortragen werden.

Das Risiko, sich durch eine vermeintlich entlastende Aussage selbst zu belasten, ist sehr viel größer als die Chance, sich ohne genaue Aktenkenntnis zu entlasten.

Lediglich Angaben zur Person müssen Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens machen, also auch vor Ort gegenüber Polizeibeamten. Angaben zur Person sind dabei nur:

  • Namen
  • Geburtsdatum und Geburtsort
  • Staatsangehörigkeit
  • Familienstand
  • Meldeanschrift
  • Beruf

Weitere Angaben zu Person müssen nicht gemacht werden. Schon die Angabe zum Beruf sollte ganz allgemein formuliert sein: Die Mitteilung einer konkreten Stellung im Unternehmen ist schon eine Angabe zur Sache, weil daraus zum Beispiel auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit geschlossen werden kann.

In vielen Fällen versucht die Polizei, möglichst früh möglichst viele Informationen zu erlangen und diese entsprechend dem Ermittlungsauftrag auszuwerten. Diesem Ermittlungsinteresse steht das Recht des Bürgers gegenüber, jedenfalls vor der Polizei keine Angaben zur Sache zu machen.

Die Ausübung des Schweigerechts wird dem Beschuldigten regelmäßig nicht zum Nachteil gereichen (auch wenn Polizisten das immer wieder behaupten). Ganz im Gegenteil: Wenn man sich auf das Recht zu Schweigen beruft, so gewinnt man die Zeit, die erforderlich ist, die Dinge sorgfältig zu bedenken und gegebenenfalls vor einer Aussage zur Sache anwaltlichen Rat einzuholen. In der Regel ist es auch sinnvoller, zur gegebenen Zeit – wenn überhaupt – eine Aussage bzw. Stellungnahme nur schriftlich zur Ermittlungsakte zu reichen.

Die Verteidigung eines Beschuldigten wird durch eine Aussage ganz erheblich beeinträchtigt und erschwert, wenn die frühe Stellungnahme ohne Aktenkenntnis und ohne anwaltlichen Rat erfolgt ist. Auch wenn die Ermittlungsbeamten drängen und behaupten, durch das Schweigen würde „alles nur noch schlimmer“ oder man mache sich nur unnötig verdächtig, sollten Beschuldigte auf jeden Fall standhaft bleiben.

Zusammenfassung:

Die Verteidigung in einem Strafverfahren wird ganz erheblich erschwert, wenn der Beschuldigte dem Ermittlungsinteresse der Strafverfolgungsbehörden nachkommt. Besser und sicherer ist es auf jeden Fall, von dem verfassungsmäßig garantierten Schweigerecht Gebrauch zu machen und – gegebenenfalls nach Einholung anwaltlichen Ratschlages – schriftlich und in aller Ruhe zum Tatvorwurf Stellung zu nehmen.

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