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Vorladung durch die Polizei

In den meisten Fällen, in denen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, will die Polizei den Beschuldigten sehen, um ihn zu vernehmen. Wie reagiert man am besten auf so eine polizeiliche Vorladung?

Im Grunde unterscheiden sich die Rechte des Beschuldigten bei einer Vorladung nicht von denen, die er bei einer schriftlichen Anhörung hat. Deswegen auch hier der dringende Hinweis:

Schweigen und Verteidiger konsultieren.

Der Polizei ist viel daran gelegen, daß Sie auf der Dienststelle erscheinen und sich dort befragen lassen. Deswegen sind die Vorladungen auch entsprechend formuliert. Davon sollten Sie sich jedoch nicht beeindrucken lassen: Sie sind nicht verpflichtet, einer polizeilichen Vorladung zu folgen, also sollten Sie niemals ohne Verteidiger oder zumindest nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung zur Polizei gehen.

Reihenfolge:

Zunächst einmal gilt auch hier (wie bereits bei der Anhörung ausgeführt): Solange Sie die Inhalte der Ermittlungsakte nicht kennen, bleibt Ihr Versuch, sich zu erklären, eine höchst gefährliche Verteidigung ins Blaue. Sie können nicht wissen, aus welcher Richtung, mit welchen Mitteln und mit welcher Intensität der „Angriff“ geführt wird. Also: Erst die Akteneinsicht, dann erst die Stellungnahme. Niemals in der umgekehrten Reihenfolge.

Filter:

Es gibt einen weiteren, ganz wichtigen Grund, sich grundsätzlich nicht durch einen Polizeibeamten vernehmen zu lassen. Lassen Sie mich das an einem ganz einfachen Beispiel erläutern.

Ausgangssituation:

Der Vernehmungsbeamte stellt Ihnen eine Frage, die Sie beantworten möchten. Sie denken nach.

Filter Nummer 1:

Die Gedanken, die Sie denken, werden sich unterscheiden von den Worten, die Sie sprechen. Denken kann der Mensch schneller als sprechen. Es gehen also Informationen verloren.

Filter Nummer 2:

Der Polizeibeamte hört, was Sie sagen. Aber er versteht es teilweise nicht, teilweise auch anders, als Sie es gemeint haben. „Missverständnis“ ist das bezeichnende Wort dafür.

Filter Nummer 3:

Das Verstandene muss der Polizeibeamte nun in Worte formulieren. Auch hier werden Gedanken in Sprache  umgewandet, mit denselben Risiken und Nebenwirkungen wie beim Filter Nummer 1.

Filter Nummer 4:

Die Worte muss der Beamte nun in die Schriftsprache übersetzen und in eine Schreibmaschine tippen in einen Computer eingeben. Bei der Umwandlung der gesprochenen Sprache in die geschriebene wird erneut der Sinn verändert.

Filter Nummer 5:

Das Ergebnis der Vernehmung wird zunächst vom Staatsanwalt  gelesen. Er wird sich aus dem geschriebenen Text seine Gedanken machen.

Ergebnis:

Glauben Sie immer noch ernsthaft, dass die Gedanken, die Sie sich vor dem ersten Filter gemacht haben, mit den Gedanken des Staatsanwalts noch etwas zu tun haben? Berücksichten Sie, dass dieses Beispiel von einem ehrlichen und im Ergebnis offenen Ermittlungsbemühen der Polizei und der Staatsanwaltschaft ausgeht. Es sind andere Varianten der Fragestellung und Antwort-Protokollierung denkbar.

Ratschlag:

Teilen Sie Ihre Gedanken einer Person mit, der Sie vertrauen können, die Ihre Interessen vertritt, und die weiß, wie und wohin die Gedanken eines Staatsanwalts gehen. Der Strafverteidiger wird Ihre Gedanken in Worte fassen, deren Wirkung er kennt. Oder er wird Ihnen raten, diese Gedanken besser für sich zu behalten.

Wenn Sie einen Verteidiger nicht bemühen möchten, dann schweigen Sie besser. Aber setzen Sie sich niemals (freiwillig!) der Vernehmung durch einen professionellen und gut ausgebildeten Fragesteller aus. Denn sonst laufen Sie Gefahr, daß Sie einen Verteidiger beauftragen müssen.

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