Zurück

Mit Abstand am besten

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch zu dichtes Auffahren

Die Grenze zwischen einer einfachen Ordnungswidrigkeit und einer Straftat ist manchmal recht schnell überschritten. Dies kann im schlimmsten Fall zum Entzug der Fahrerlaubnis führen.

Wilhelm Brause hat’s eilig. Nach seinen Erfahrungen auf kurvenreichen Landstraßen nimmt er diesmal die Autobahn BAB 1 in Richtung Hamburg. Es herrschte nicht allzu reger Verkehr, so daß Brause es laufen lassen konnte. Geschwindigkeitsbegrenzung? Nicht auf diesem Teilstück zwischen Brinkum und Hemelingen. Freie Fahrt für den freien Brause. Tief geduckt hinter der Verkleidung rennt die neue Doppel-X mit Brause fast schon 250 km/h, als ein bunt bemalter VW-Bus auf die linke Spur wechselt. Brause schafft’s so eben noch, nicht auf den Bus aufzufahren, der dann fast 1.500 m braucht, um an dem LKW, der auf der rechten Spur fährt, endlich vorbei zu kommen. Brause, der sich immer noch über den Busfahrer ärgert, hängt dem VW währenddessen fast auf der Stoßstange. 5 Meter Abstand bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h auf einer Strecke von 1,5 km! Das war den Polizisten in ihrem 190er Daimler dann doch zuviel. Doch sie kamen nicht an Brause dran, denn der hatte schon wieder freie Bahn – bis zum nächsten Überholer, diesmal ein PKW Kombi. Auch hier das gleiche Spiel: Brause klebt in einer Entfernung von maximal 10 m am Heck des Kombi über eine Distanz von 2 km. Irgendwann sieht Brause dann blaues Licht im Rückspiegel, er wird rausgewunken.

Die beiden Polizisten wollen nicht nur einen Blick in die Papiere, sondern sie behalten sie auch gleich: Beschlagnahme des Führerscheins wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung gem. § 315 c StGB . Die Beschlagnahme wird eine Woche später vom Richter bestätigt. Brause ist gezwungen, seinen Freund Bulli Bullmann anzurufen, der ihn und die XX Stunden später abholt.

Was sagt nun der freundliche Staatsanwalt aus Bremen dazu? Er kann wählen: Geht er von einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit aus, ist Brause mit  200,00 Euro, 4 Flens und 3 Monate Fahrverbot dabei. Hält er die beiden „Überholmanöver“ für eine vorsätzliche Straftat, liegt der (Bremer) Tarif bei 30 Tagessätzen Geldstrafe, 7 Flens, Entzug der Fahrerlaubnis mit einer Sperre von 7 Monaten.

Letzteres war hier der Fall. Es kommt zur Anklageerhebung: Brause hat zwar mit hoher Überschußgeschwindigkeit den Sicherheitsabstand unterschritten, weil er quasi ausgebremst wurde. Gleichwohl hätte er sofort den Abstand vergrößern müssen. Statt dessen ist er in dem einen Fall 1,5 km, in dem zweiten Fall sogar 2 km mit einer Distanz gefahren, die noch nicht einmal ausgereicht hätte, damit sich Brause noch erschrecken konnte, wenn die bedrängten Fahrzeuge plötzlich gebremst hätten. Daß sich beide Autofahrer sich vielleicht auch nicht korrekt verhalten haben, spielt hier nur eine nachgeordnete Rolle.

Eigentlich ein fast alltäglicher Fall: Zu dichtes Auffahren. Aber wenn man einmal richtig darüber nachdenkt, kann es einem schon schwindelig werden: Bei einer Geschwindigkeit von 150 km/h legt man immerhin 41,67 Meter pro Sekunde zurück. Der Richter ließ in der Hauptverhandlung kein Argument gelten, das den Motorradfahrer hätte rechtfertigen können. Bessere Bremsen, bessere Reaktion, versetztes Fahren – nichts konnte helfen.

Was lernen wir nun aus dem (nicht erdichteten) Fall? Man sollte sich auch als Motorradfahrer Gedanken darüber machen, daß man nicht nur sich selbst, sondern auch andere gefährden kann, wenn man ohne das Gehirn einzuschalten, durch die Lande brezzelt.

Zurück