Bußgeldrecht

149714_web_R_K_by_Henrik G. Vogel_pixelio.deDas Bußgeld- oder Ordnungswidrigkeitenrecht ist der kleine Bruder des Strafrechts. In beiden Rechtsgebieten ist geregelt, wie die Obrigkeit auf Regelverstöße ihrer Untertanen reagieren darf bzw. muß. Es gibt jedoch einige Unterschiede.

Sanktionen
Während es im Strafrecht um Geld- und Freiheitsstrafen geht, muß im Ordnungswidrigkeitenrecht „nur“ mit Geldbußen oder (teilweise sogar „kostenlosen“) Verwarnungen gerechnet werden. Im Strafrecht entscheidet ein Richter über Wohl und Wehe, im „Bußgeldrecht“ zunächst eine Verwaltungsbehörde.

Taten
Die Rechtsordnung bietet zahlreiche Möglichkeiten, sich ordnungswidrig zu verhalten. Im gesamten Verwaltungsrecht stößt man immer wieder auf entsprechende (An-)Drohungen. Der mit Abstand größte Anwendungsbereich des Ordnungswidrigkeitenrechts liegt aber im Straßenverkehr.

Unser kostenloser eMail-Kurs zur Selbstverteidigung im Bußgeldverfahren beginnt mit dem Satz:

Wer am Straßenverkehr teilnimmt, wird es nicht vermeiden können, die eine oder andere Vorschrift zu missachten.

In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um ein Versehen, eine Unachtsamkeit beim Führen von Fahrzeugen. Möglich sind aber auch Übertretungen sehenden Auges, also vorsätzlich begangenen Übertretungen.

Klassiker
Die Standardfälle der Verkehrsteilnehmer sind:

  • Parken im Halteverbot
  • Geschwindigkeitsüberschreitung
  • Abstandsunterschreitung
  • Rotlichtverstoß
  • Fahrzeugmängel (TÜV/ASU)
  • Alkohol und Drogen

Um die Phantasie der Bußgeldbehörden anzuregen, gibt es (im Oktober 2012) einen 46-seitigen Bußgeldkatalog, der zahlreiche und teilweise unterhaltsame Verstöße vorschlägt.

Weitere Folgen
Im Vergleich zu anderen Ländern Europas ist der fahrlässig begangene Verkehrsverstoß in unseren Breiten relativ günstig zu bekommen. Allerdings sind bei uns mit der Geldbuße oft weitere Unannehmlichkeiten verbunden:

  • Eintragungen ins Fahreignungsregister,
  • die im Ergebnis zum Entzug der Fahrerlaubnis führen können.
  • Oder es gibt neben dem Bußgeld noch ein Fahrverbot von bis zu drei Monaten.

Das macht die ganze Sache nicht angenehmer, hält sich aber im Vergleich zum Strafrecht noch in Grenzen.

Gegenwehr
Wenn man die Sanktion und die Folgen nicht einfach als obrigkeits-gegeben hinnimmt, muß man sich wehren. Bei der Verteidigung gegen den Vorwurf eine Ordnungswidrigkeit gehen wir (d.h. der Fachanwalt für Verkehrsrecht) in mehreren Schritten vor.

1. Täter- / Fahreridentität
Die Bußgeldbehörde muß sicher sein, den richtigen Fahrer erwischt zu haben. Wird beispielsweise nur der Halter anhand des Kennzeichens ermittelt, darf die Behörde nicht davon ausgehen, daß sie damit auch den Fahrer hat. Schweigt der Halter, sind die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde beschränkt.

2. Technik
Wo gemessen wird, gibt es Meßfehler. Oder eine falsche Bedienung, weil dem Beamten die Ausbildung an den Geräten fehlt. Das Gerät kann defekt sein, nicht geeicht, falsch aufgebaut … nicht zugelassen. Hier ist die Phantasie und der technische Sachverstand eines Verteidigers gefordert. Und gute Beziehungen zu Sachverständigen.

3. Verfahren
Nun ist es so, daß auf und in den Behörden Menschen sitzen. Und Menschen machen bekanntlich Fehler. Auch und gerade beim Erlaß von Bußgeldbescheiden. Es gibt reichlich Verfahrensvorschriften, die den Mitarbeitern hervorragende Gelegenheiten bieten, daneben zu greifen.

4. Milde
Auch wenn der Fahrer feststeht, die Technik in Ordnung ist und beim Verfahren keine Fehler gemacht wurden, gibt es noch reichlich Spielraum für eine erfolgreiche Verteidigung.

  • Gnade vor Recht
  • Reduzierung der festgesetzten Geldbuße
  • Absehen vom Fahrverbot
  • Fahrverbot erst im Winter (für Moppedfahrer) oder im Sommer (für Heizöllieferanten) oder in den Ferien (für Urlauber)
  • Absitzen zweier Fahrverbote gleichzeitig
  • Löschung alter Punkte im Verkehrszentralregister, bevor neue hinzukommen

Oder die „Bebußgeldung“ scheitert schlicht an der Verjährung, an der Zustellung der Bescheide oder anderen Widrigkeiten.

Zusammenfassung
Ordnungswidrigkeiten sind Alltagsdelikte, die jedem und immer wieder passieren. Genauso massenhaft werden sie von den Behörden abgefertigt und ebenso zahlreich sind die Verteidigungsmöglichkeiten und Erfolgsaussichten – wenn man sich damit auskennt. ;-)

Bildquellenangabe: Henrik G. Vogel / pixelio.de