Sachschadensrecht

70 Tage Nutzungsausfall für Motorroller

Der Geschädigte hat grundsätzlich für die Dauer, in der er sein Fahrzeug unfallbedingt nicht nutzen kann, einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Und zwar auch dann, wenn Ersatzteile lange Zeit nicht lieferbar sind und das Fahrzeug deswegen nicht repariert werden kann.

In einem Urteil des Amtsgerichts Gifhorn, vom 17. 8. 2006 (Az. 13 C 1563/05) heißt es unter anderem:

Zieht sich die Reparatur eines ausländischen Fahrzeuges wegen Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung über einen großen Zeitraum hin (z.B. Tage für einen Motorroller Piaggio Beverly 125), so hat der Geschädigte Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die gesamte Reparaturdauer.

Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzteilen sind damit grundsätzlich ein Risiko des Schädigers.

Wenn also auch die übrigen Voraussetzungen für den Nutzungsausfallschaden vorliegen, kann der Geschädigte nicht auf die reine Zeit, die für den Einbau der Ersatzteile gebraucht wird, verwiesen werden. Die Fahrer von exotischen Fahrzeugen dürfen also nicht schlechter gestellt werden wie diejenigen, die ein Massenprodukt fahren.

Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde veröffentlicht in der Neuen Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV) 2004, 149.

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Kein Abzug „neu für alt“ beim Helm

Eine erfreuliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf getroffen:

Ein Motorradfahrer hat einen Anspruch auf die Kosten für die Neuanschaffung seines Schutzhelms, wenn der Helm bei einem Unfall einer mechanischen Belastung ausgesetzt war, da verborgene Mängel des Helms als Folge dieser Belastung nicht auszuschließen sind. Ein Abzug „neu für alt“ ist nicht vorzunehmen.

Aus den Gründen:

Dass der Motorradhelm des K1. [Anmerkung des Verfassers: des Motorradfahrers] infolge des Unfalls aus Sicherheitsgründen nicht mehr genutzt werden kann, ergibt sich unabhängig davon, ob eine äußerliche Beschädigung des Helms feststellbar ist, aus dem Umstand, dass der K1. gestürzt ist und […] unter anderem mit dem Helm gegen einen Bogenpoller vor der Feuerwehreinfahrt gestoßen ist. Da als Folge dieser mechanischen Belastung des Helms verborgene Mängel nicht auszuschließen sind, muss der Helm ausgetauscht werden (Senat, Urt. V. 25. 4. 2005, Az. 1 U 195104; Urt. V. 16. 2. 2004, Az. 1 U 151103). Zudem ist auch glaubhaft, dass durch den Sturz des K1. das Visier des Helms beschädigt worden ist. […] Danach kann er […] den Nettopreis für die Neuanschaffung ‚eines vergleichbaren Motorradhelms mit vergleichbarem Visier beanspruchen. […]

Nach der Rechtsprechung des Senats findet ein Abzug „neu für alt“ bei einem aus Sicherheitsgründen auszutauschenden Sturzhelm bzw. Visier nicht statt (Senat, Urt. V. 1. 10.2001, Az. 1 U 15/01).

OLG Düsseldorf, Urt. v. 20. 2. 2006 (Az: I U 137/05),
veröffentlicht in NZV 2006, Heft 8, S. 415

Eine weitere Entscheidung, die den Versicherern – zumindest im Düsseldorfer Sprengel – mit Erfolg entgegen gehalten werden kann.

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Neuwertige Schutzkleidung – Kein Abzug neu für alt

Das Amtsgericht Essen (Urteil vom 23.08.05; 24 C 436/04) hatte folgenden Fall zu entscheiden.

Der Motorradfahrer beanspruchte vom Unfallgegner und seinem Versicherer Schadensersatz für seine Schutzkleidung (BMW Sport-Integralhelm, Rückenprotektor, Goretex-Stiefel, Kradhose, Kradjacke und Lederhandschuhe, welche zwischen dem 06.02.2004 und dem 26.03.2004 angeschafft wurden). Der Verkehrsunfall hatte sich 24.07.2004 ereignet, die Sachen waren demnach zwischen 4 und 5 Monate alt. Gleichwohl wollte der Versicherer einen Abzug „neu für alt“ vornehmen,

da es sich um Gebrauchskleidung handele, die rapide an Wert verliere und zum Zeitpunkt des Unfalls mit Sicherheit auch bereits Gebrauchsspuren aufgewiesen habe.

Diesen Argumenten erteilte die Essener Richterin eine Absage:

Ein Abzug neu für alt ist hingegen nicht vorzunehmen. Zwar ist grundsätzlich zutreffend, dass beim Ersatz einer gebrauchten Sache durch eine neue dies zu einer Werterhöhung beim Geschädigten führen kann. Dazu muss sich aber die Werterhöhung für den Geschädigten günstig auswirken (Palandt, BGB, Kommentar, 63. Auflage, vor § 249, Rdnr. 146 m.w.N.). Berücksichtigt man hier die lange Lebensdauer von Motorradkleidung einerseits und die kurze Besitzdauer beim Kläger andererseits, dann würde sich der Ersatz von langlebiger Motorradkleidung nach rund 5 Monaten nicht günstig für ihn auswirken, da die Kleidung bis dahin zur Überzeugung des Gerichtes nicht meßbar an Wert verloren hatte.

Ich bedanke mich bei Herrn Rechtsanwalt Tim Windgassen aus Wuppertal, der diese günstige Entscheidung für den Moppedfahrer erstritten hat und so freundlich war, mir das Urteil zuzusenden. Dafür einen sonnigen Gruß vom Landwehrkanal an die Wupper!

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