Rocker

Bundesrichter, Staatsanwälte und Rocker-Kutten

Jetzt ist es raus: Das Tragen von Rocker-Kutten, auf denen gleichzeitig Kennzeichen des Motorrad-Clubs und die Ortsbezeichnung eines nicht verbotenen Chapters angebracht sind, ist nicht strafbar.

Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 9. Juli 2015 – 3 StR 33/15 – entschieden.

Die Mitteilung der Pressestelle des BGH vom 09.07.2015 dazu:

Das Landgericht Bochum hat die Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, durch das Tragen von Lederwesten mit den Abzeichen der weltweit agierenden Rockergruppierung „Bandidos“ Kennzeichen eines verbotenen Vereins öffentlich verwendet zu haben. Die dagegen von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom heutigen Tage verworfen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die Angeklagten Mitglieder örtlicher „Chapter“ in Unna und Bochum des weltweit auftretenden Motorrad-Clubs „Bandidos“. Zwei andere Ortsgruppen in Deutschland, die „Chapter“ Aachen und Neumünster, sind durch Verfügungen der zuständigen Innenministerien verboten, wobei das Verbot des „Chapters“ Aachen noch nicht rechtskräftig ist. Das Auftreten der „Bandidos“ wird wesentlich auch durch das gemeinsame Tragen von Lederwesten, sog. Kutten, bestimmt, deren Gestaltung sich weltweit im Wesentlichen einheitlich darstellt: Unterhalb des Schriftzugs „Bandidos“ (sog. Top-Rocker) befindet sich als Mittelemblem die Figur eines mit einem Sombrero und einem Poncho bekleideten, mit einer Machete und einem Revolver bewaffneten Mexikaners (sog. Fat Mexican). Darunter steht ein weiterer Schriftzug (sog. Bottom-Rocker), der in Deutschland entweder auf die nationale Hauptgruppe „Germany“ verweist, oder die Bezeichnung der jeweiligen Ortsgruppe enthält.

Die Angeklagten begaben sich am 1. August 2014 in Begleitung ihrer Verteidiger zum Polizeipräsidium Bochum. Sie trugen jeder eine Weste, auf der sich als Mittelabzeichen der „Fat Mexican“ und darüber der beschriebene Aufnäher mit dem Schriftzug „Bandidos“ befanden. Jeweils als untere Abgrenzung waren Aufnäher mit den Ortsbezeichnungen ihrer „Chapter“ Unna und Bochum angebracht.

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass sich die Angeklagten hierdurch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5; § 9 Abs. 1 VereinsG strafbar gemacht hätten. Es sei nicht auf eine verbotene Ortsgruppe hingewiesen worden. Das mit den unterschiedlichen „Bottom-Rockern“ zusammengesetzte Kennzeichen sei mit dem der verbotenen Vereine in Aachen und Neumünster auch nicht zum Verwechseln ähnlich. Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, dass die Ortsgruppen der Angeklagten die Ziele der beiden verbotenen „Chapter“ geteilt hätten.

Der Bundesgerichtshof hat den Freispruch im Ergebnis bestätigt. Die Angeklagten hatten auf ihren Kutten mit dem stilistisch einheitlich gestalteten „Bandidos“-Schriftzug und dem „Fat Mexican“ zwar Kennzeichen auch des verbotenen „Chapters“ Neumünster angebracht. Darin allein liegt indes, wie der Bundesgerichtshof bereits in ähnlicher Konstellation zu § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) entschieden hat, dann kein tatbestandsmäßiges Verwenden der Kennzeichen, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Schutzzweck der Norm im konkreten Fall nicht berührt wird. So verhält es sich hier: Aus dem jeweiligen Ortszusatz ergibt sich eindeutig, dass die Angeklagten den „Bandidos“-Schriftzug und den „Fat Mexican“ nicht als Kennzeichen des verbotenen „Chapters“, sondern als solche ihrer jeweiligen, nicht mit einer Verbotsverfügung belegten Ortsgruppen trugen und damit gerade nicht gegen den Schutzzweck des – auf die jeweiligen Ortsgruppen beschränkten – Vereinsverbots verstießen.

Eine Strafbarkeit wegen Tragens von Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von einem – nicht verbotenen – Schwesterverein verwendet wird (§ 9 Abs. 3 VereinsG), hat der Senat aus Rechtsgründen ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber diese Regelung nicht in die Strafvorschrift des Vereinsgesetzes einbezogen hat.

Im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 9 Abs. 3 in das Vereinsgesetz eingeführt, um „klarzustellen“, dass die Hinzufügung eines Ortszusatzes zur Abgrenzung von dem verbotenen Verein nicht ausreichen solle, wenn der Schwesterverein dessen Zielrichtung teile. Diese Regelung betrifft jedoch unmittelbar nur das polizeirechtliche Kennzeichenverbot des § 9 VereinsG. Die hier anzuwendende Strafnorm des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG enthält jedoch keinen ausdrücklichen Bezug auf § 9 Abs. 3 VereinsG, sondern (in § 20 Abs. 1 Satz 2 VereinsG) lediglich auf dessen Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2. Eine Verurteilung der Angeklagten ohne eine ausdrückliche Einbeziehung von § 9 Abs. 3 VereinsG in die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 VereinsG durch den Gesetzgeber verstieße aber gegen den verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB).

Dies bedeutet, dass das Tragen einer Kutte mit den von allen „Chaptern“ der „Bandidos“ benutzten Kennzeichen („Bandidos“-Schriftzug und „Fat Mexican“) zusammen mit dem Ortszusatz eines nicht verbotenen „Chapters“ unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 VereinsG nach derzeitiger Rechtslage zwar polizeirechtlich verboten sein kann, nicht aber strafbar ist.

Nun, dann kann es ja endlich wieder bunter werden auf unseren Straßen. Diese Null-Toleranz, die da seitens der Strafverfolgungsbehörden an den Tag gelegt wird, treibt schon seltsame Blüten. Ein bisschen Gelassenheit täte auch den Jungs und Mädels in den schwarzen Kutten gut.

Nebenbei: Es gibt auch Staatsanwälte (mindestens einer ist mir persönlich bekannt), die sich nach Dienstschluß eine „Rocker-Kutte“ überwerfen.

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Kein Waffenschein für Bandidos

711525_web_R_by_FotoHiero_pixelio.deDas Bundesverwaltungsgericht bestätigt den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse, die bayerische Landratsämter zwei Präsidenten und einem Vizepräsidenten verschiedener Chapter des Bandidos Motorcycle Club (MC) erteilt hatten.

Alleiniger Grund für den Widerruf sei die Mitgliedschaft in dem MC. Darauf daß weder die drei Bandidos noch die Chapter, der sie angehören, bisher strafrechtlich in Erscheinung getreten seien, komme es nicht an.

Es seien …

Tatsachen festgestellt [worden], aus denen sich angesichts der Gefährlichkeit von Waffen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die zukünftige Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung von Waffen oder ihrer Überlassung an Nichtberechtigte und damit die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit der Kläger ergibt. Auch die Gruppenzugehörigkeit einer Person kann als (personenbezogener) Umstand für deren waffenrechtliche Zuverlässigkeit relevant sein. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind von Mitgliedern der Bandidos gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden, die maßgeblich auf die szenetypischen Rivalitäten zwischen den Bandidos und anderen Rockergruppierungen zurückzuführen sind. Es besteht wie bei anderen Mitgliedern der Bandidos die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass die Kläger – selbst wenn sie dies persönlich nicht anstreben sollten oder sogar für sich vermeiden wollten – künftig in die Austragung solcher Rivalitäten und in hiermit einhergehende gewalttätige Auseinandersetzungen einbezogen werden. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass sie hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen. Für diese Prognose ist auf die Bandidos allgemein und nicht auf das jeweilige Chapter abzustellen. Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die Tendenz zur gewalttätigen Austragung szeneinterner Rivalitäten für die Bandidos schlechthin, nicht nur für einzelne Chapter prägend ist, und dass zudem aufgrund der Vernetzung der Chapter untereinander wechselseitige Unterstützung bei Auseinandersetzungen angefordert wird.

… ist in der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.01.2015 zu lesen.

Eine durchaus kritisch zu würdigende Entscheidung (BVerwG 6 C 1.14; BVerwG 6 C 2.14; BVerwG 6 C 3.14). Der zentrale Satz:

Für diese Prognose ist auf die Bandidos allgemein und nicht auf das jeweilige Chapter abzustellen.

bedeutet übersetzt schlicht „Sippenhaft“. Die Abwägung zwischen der individuellen Zuverlässigkeit und der von einer Gruppe theoretisch ausgehenden Gefahr orientiert sich hier allein an dem Umstand, daß die (ehemaligen) Erlaubnis-Inhaber Rocker sind; und weil alle MCs grundsätzlich zumindest gefährlich aussehen, darf davon ausgegangen werden, daß die Member der MC gefährlich sind – jedenfalls unter waffenrechtlichen Gesichtspunkten.

Überraschend ist das Ergebnis dieser Abwägung jedoch nicht.

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Bild: FotoHiero / pixelio.de

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Höllenengel in allen Himmelsrichtungen

Die Berichterstattung aus dem Hause Springer ist nicht unbedingt ein leuchtendes Beispiel für Qualität im Bereich der Printmedien. Ich rede jetzt nicht nur von dem mit übergroßen Lettern und Brüsten bedruckten Papier aus der Rudi-Dutschke-Straße. Auch die anderen Blätter aus dieser Ecke scheinen es nicht so ernst zu nehmen mit dem Anspruch an saubere Berichterstattung.

Schauen wir uns mal ein Beispiel aus der Berliner Morgenpost vom 2. Mai 2013 an.

Der 1. Mai lieferte den Krawallmachern aus Kreuzberg kein Material; also den Reportern, meine ich. Dann müssen sie eben an anderer Stelle suchen, um das Blatt zwischen der Werbung voll zu kriegen.

Die starke Polizeikonzentration auf Grund der vielen Demonstrationen am 1. Mai haben Rocker der Hells Angels und Red Devils zu einer Demonstration der Stärke ausgenutzt.

[…]

Die Rocker haben es offenbar ausgenutzt, dass Tausende Polizisten bei den großen Demos in Schöneweide und Kreuzberg waren

Könnte es sein, daß der arbeitsfreie Tag von den Motorradfahrern offenbar genutzt wurde, um eine gemeinsame Ausfahrt zu machen? Nein, kann es nicht; denn dann könnte man ja darüber nicht berichten.

Die etwa 70 Rocker waren bei ihrer Ausfahrt auf schweren Harley-Maschinen sowie in teuren Autos und Vans unterwegs.

Kommt hier etwa der Neid eines freien Journalisten zum Ausdruck, der sich von seinem schmalen Zeilenhonorar lediglich eine Zwiebacksäge wie die Peugeot 103 oder das vierrädrige Modell 105 aus dem selben Hause leisten kann? Ja, Harleys sind schwer, es sind ja auch keine Sportmaschinen. Welchen Informationsgehalt hat dieser Satz sonst noch?

Ein starker Verband von Hells Angels und Mitgliedern von Unterstützer-Klubs hatte sich am Maifeiertag von 12.45 Uhr im Zehlendorfer Ortsteil Nikolassee auf der Spinnerbrücke getroffen.

Nun, an einem sonnigen Feiertag treffen sich an der Spinnerbrücke in aller Regel mehrere Hundert Zweiradfahrer, auf schweren Harley-Maschinen, auf leichten Supersportlern und manchmal auch auf Zwiebacksägen. Ein paar davon tragen Kutten, andere Schleifpads an den Knie und ein paar wenige auch Badelatschen (der Wannsee ist in der Nähe!).

Der Überschrift des Artikels ist zu entnehmen, daß der Haupteingang nach Berlin komplett dicht war:

Hells-Angels-Rocker blockieren die Berliner Avus

Der Unsinn wird allerdings im Text korrigiert:

Nach Angaben von Augenzeugen blockierten die Rocker dabei die Avus-Zufahrt Spanische Allee.

Es handelt sich also nicht um die komplette Autobahn, sondern schlicht um die Auffahrt, die an sonnigen Feiertagen (s.o.) von den Besuchern der ehemaligen Pommesbude auf „der Brücke“ genutzt wird.

Rocker ignorierten sämtliche Verkehrsregeln …

Das muß jetzt nicht weiter kommentiert werden, oder?

… wobei andere Verkehrsteilnehmer behindert und besonders auf der Avus stadteinwärts zum Teil genötigt wurden.

Wenn man sich vergegenwärtigt, was sonntags Nachmittags stadteinwärts auf der AVUS abgeht, braucht man keinen einzigen Rocker, um von „Behinderungen“ und „Nötigungen“ zu sprechen. Bei Lichte betrachtet sieht es doch so aus, daß ein paar Moppedfahrer nach einem Imbiss auf die Autobahn gefahren sind und ein paar Autofahrer kurzzeitig den rechten Fuß lupfen mußten, um sich anschließend ungehindert (?) weiter im zähflüssigen Verkehr in die Stadt hinein zu quälen.

Das Finale der AVUS, es naht der Ku’damm:

Im Konvoi verließen die Hells Angels aus Berlin und Potsdam die Autobahn am Funkturm und fuhren über Halensee auf den Kurfürstendamm. Dort missachteten die Rocker nicht nur massiv rote Ampeln.

Wir haben in unserer Kanzlei jedes Jahr eine hohe zweistellige Anzahl von Autofahrern, denen man einen massiven Rotlichtverstoß vorwirft. Das sind alles keine Verbrecher, sondern oftmals gut situierte Schlipsträger, teils mit Kutte (vulgo: Weste eines Dreiteilers) und gar nicht so wenige Journalisten, die mal eben schnell noch bei Dunkelgelb über die Fußgängerampel …

Eine im Amtsdeutsch genannte Verbundfahrt wäre anmeldepflichtig gewesen.

Eine spontane Fahrt von „der Brücke“ in die Stadt ist selbstverständlich nicht anmeldepflichtig, aber an sich – auch wenn es so wäre – auch nicht der Rede wert. Wenn es denn ein werthaltiger Bericht werden soll.

zudem sei das Tragen der sogenannten Rockerkutten eine Ordnungswidrigkeit.

Zum Thema „Wert“ noch eine Anmerkung: Wenn man keine Ahnung hat … Mir ist jedenfalls keine Vorschrift bekannt, nach der das Tragen einer Kutte verboten oder erlaubnispflichtig wäre. Von verbotenen Abzeichnen oder Colors („Berlin City“) berichtet hier niemand.

Erst eilig herbei gerufenen Polizeikräften gelang es, den Aufmarsch der Rocker in Schöneberg zu stoppen. Um sich beabsichtigten Kontrollen der Polizei zu entziehen, rasten die Höllenengel in alle Himmelsrichtungen davon.

Na, wenigsten ein bisschen Sprachwitz hat der Springer-Schreiber. :-)

Ich kann mir die Situation gut vorstellen. Da fahren ein paar Harleys – sagen wir mal zehn oder so – die Grunewaldstraße entlang, als die zufällig vorbeifahrende Besatzung eines Opel Corsa zur Kelle greift. Ein Teil der Kradler biegt nach links, ein anderer Teil nach rechts in die Martin-Luther-Straße ab, der Rest tuckert weiter in Richtung Kurfürstenstraße. Harleys und rasen? Also, nahörensiemal!

Dann endlich, ganz zum Schluß (genau wie in den alten Filmen mit Bud Spencer und Terence Hill) kommt es doch noch zu einer Keilerei:

An der Kurfürstenstraße wurden drei der Rocker gestoppt, wobei es zu einem Angriff auf einen Beamten kam. Ein Rocker leistete Widerstand und versetzte einem Beamten einen Kopfstoß, der dadurch leicht verletzt wurde. Der Angreifer konnte überwältigt, gefesselt und festgenommen werden.

Die Qualität der Berichterstattung bis hierher deutet darauf hin, daß man über diese Situation vielleicht auch anders berichten könnte. Wenn sie sich eben anders ereignet hat. Das wissen wir aber nicht, lieber Zeilenhonorarempfänger.

Nein, ich widerstehe nun der Versuchung, am Ende dieses Beitrags über einen Polizeiübergriff mit Quarzhandschuhen und Pfefferspray zu berichten. Ich will mir ja nicht nachsagen lassen, ich würde tendenziös und ohne jeden Sachverstand berichten.

Zusammenfassung:
Also was ist eigentlich am 1. Mai passiert? Ein Journalist hat einen Bericht geschrieben.

Danke an die Donnerkatze für den Hinweis auf diesen Bericht. crh

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Was steckt hinter dem Rammbock?

Hells Angels BackpatchDie Rahmenkonzeption des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz zur Bekämpfung der Rockerkriminalität war geheim. Jedenfalls bis zur gar nicht mehr geheimen Veröffentlichung auf www.hellsangelsmedia.com.

Das führte zum Hausbesuch u.a. des örtlichen SEK bei Kay S., dem Vereinsvorsitzenden des HDRA (Harley Drag Race Association) e.V. Landau, der laut Impressum für die Internetpräsentation verantwortlich zeichnet.

Außerdem ist Kay S. Präsident des Hells Angels MC Landau. Er ist also nicht nur Drag Racer, sondern gehört eben zur Zielgruppe des Konzeptpapiers. Dann bietet sich natürlich gleich mal die Umsetzung des vormals geheimen Konzepts in die Praxis an.

Darüber und über den Bericht in der Bikers News habe ich in der vergangenen Woche berichtet.

Ein freundlicher Kommentator (besten Dank an OG) verlinkte auf einen Artikel auf Telepolis, in dem Ulrike Heitmüller am 31.08.2012 ein paar Hintergründe für den Rammbock-Einsatz schilderte.

Danach soll es bei dem Einsatz nicht um die Zustellung der Einstweiligen Verfügung eines Zivilgerichts gegangen sein, sondern um die Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses.

Dieses Konzeptpapier scheint also nicht nur geheim (gewesen ;-) ) zu sein, sondern war auch noch ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Und wer solche Werke „unerlaubt verwertet“, begeht möglicherweise eine Straftat nach § 106 UrhG. Urheberrechtler werden erklären können, daß die Veröffentlichung auf einer Website eine „Verwertung“ darstellt.

Die Einstweilige Verfügung (vom 20.09.2012) wurde erst drei Wochen nach dem Besuch der Truppe (am 31.08.2012) erlassen.

Bemerkenswert ist jetzt noch folgendes:

Am 28.08.2012 formulierte der Urheberrechtsinhaber in Gestalt des Polizeipräsidenten eine Abmahnung. Er forderte den HDRA e.V. auf, bis zum 11.09.2012 das geheime Papier aus den Netz zu nehmen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Am selben Tag, also am 28. August, hat der Rechteinhaber aber die Computer und vermutlich auch reichlich Papier bei dem Vereinsvorsitzenden beschlagnahmt, die sicherlich sehr hilfreich gewesen wären, auf die Abmahnung entsprechend zu reagieren. Es ist schon irre, was es so alles gibt …

Da wird sich zumindest ein logistisches Problem ergeben haben, das bei der Frage hinsichtlich der Kosten für das Einstweilige Verfügungsverfahren noch eine Rolle spielen könnte.

Bild: DaiFh – Lizenz: CC-BY-SA-3.0

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Zustellung an den Präsidenten per Rammbock

Es ging um eine Einstweilige Verfügung des Amtgerichts Landau, also um einen Beschluß eines Zivilgerichts aus der Provinz. Damit ein solcher Beschluß wirksam wird, muß er dem Antragsgegner förmlich und nachweisbar zugestellt werden.

In der Regel übernimmt diese Zustellungs-Formalitäten der gemeine Postbote. Diese Einstweilige Verfügung war aber etwas ganz Besonderes, dafür brauchte es dann auch eine besondere Art der Zustellung.

Am 28. August um 8 Uhr sah Kay die Polizei auf sein Haus zukommen. „Mit Rammbock und allem“, erzählte er später. Er ging den Polizisten gleich entgegen und gab ihnen zu verstehen, dass er sich nicht wehren würde. Das ersparte ihm die Fesselung mit Kabelbindern, er musste sich auch nicht auf den Boden legen, und seine Tür wurde nicht aufgebrochen.

berichtete Michael Ahlsdorf in der Bikers News.

Worum gings? Der Präsident des Polizeipräsidiums Rheinland-Pfalz hat erfolgreich eine Einstweilige Verfügung (AG Landau, 5 C 1329/12) beantragt, die dem Präsidenten Hells Angels MC Landau zugestellt werden sollte.

Der Angel soll verantwortlich sein für die Veröffentlichung eines 64-seitigen Dokuments des Unterausschusses „Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung“ (UA FEK) der Bund-Länder-Projektgruppe mit dem wenig zimperlichen Titel „Bekämpfungsstrategie Rockerkriminalität – Rahmenkonzeption“. In dieser Bedienungsanleitung werden wohl u.a.

die Maßnahmetaktiken der Polizeieinsätze, zum Beispiel das gezielte Ansetzen von Verkehrskontrollen mit dem Hintergedanken, dass bei diesen Gelegenheiten sich immer ein Anlass findet, noch ein bisschen weiter zu suchen.

beschrieben, berichtet Ahlsdorf.

Es ist nachvollziehbar, daß solche Interna nicht gern in den Händen der „Gegner“ gesehen werden. Von daher kann man die Entscheidung des provinziellen Amtsgerichts, soweit sie bekannt ist, nicht tadeln.

Aber eine (geplante) Zustellung per Rammbock durch die geschlossene Tür statt durch Einwurf in den Briefkasten ist dann doch ein wenig heftig, finde ich. Zumal die Datei mit dem Dokument („Verschlußsache – nur für den Dienstgebrauch“) ohnehin schon die Runde gemacht haben dürfte.

Gegen den Beschluß hat der Präsident (der Hells Angels, nicht der Polizei) Widerspruch erhoben, so daß darüber sich wohl demnächst auch noch ein Landgericht den Kopf zerbrechen muß, wenn das Amtsgericht die „EV“ bestätigt. Ich werde gegebenenfalls über die Art der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung berichten.

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Kein Foto vor’m Tor

Der Gremium MC hatte sich das Brandenburger Tor als Hintergrund für ein Familienfoto ausgesucht. Offenbar reagiert aber das Tor gegen die Kutten der Rocker allergisch. Deswegen muß das gute Stück vor ihnen geschützt werden. Von der Polizei. Die jedenfalls stellte die Jungs am Samstag vor die Alternative: Entweder mitohne Kutte oder eben nicht.

Die Rocker entschieden sich für das „nicht“, darauf wurden sie des Platzes verwiesen.

Ob der Platzverweis nach § 29 ASOG erfolgte oder eine andere Zauberformel ausgesprochen wurde, ist nicht überliefert.

Vor dem Hintergrund der letzten bewegenden Tagen könnte man vielleicht vermuten, daß Rocker-Kutten per se eine „Gefahr für die Sicherheit und Ordnung“ des Brandenburger Tors darstellen.

Vielleicht sollten die Jungs vom Gremium es mal mit der Oberbaumbrücke versuchen. Die Wanne hat dort – wie man sieht – jedenfalls nicht für Pickel gesorgt. ;-)

Update
SPON hat dazu etwas im Angebot:

Als Begründung für das [Fototermins-]Verbot sagte ein Polizeisprecher, in der derzeitigen Situation wolle man keine Machtdemonstration dulden. Er gehe davon aus, dass das Foto als Provokation gegen die Polizei gedacht war.

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Betriebsausflug am Schwarzlsee

Alles im grünen Bereich.

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Von Engeln und dem Teufel

Der Präsident des Landgerichts Potsdam in einem Strafverfahren gegen Mitglieder der Hells Angels untersagt,

an allen Hauptverhandlungstagen im Justizzentrum unter anderem das Tragen von Motorradwesten, sog. Kutten, und sonstigen Bekleidungsgegenständen, die die Zugehörigkeit zu einem Motorradclub demonstrieren, […]; die Kutten seien in eigener Verantwortung außerhalb des Gebäudes zu deponieren.

Die Verteidigung hatte diese Sicherungsverfügung als Verletzung von Grundrechten gerügt und Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Beschwerde als unbegründet verworfen.

Es liegt weder ein Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs.1 GG) vor noch ist der Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Strafverfahren (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt.

… ist in der Pressemitteilung Nr. 25/2012 des Bundesverfassungsgerichts vom 25. April 2012 zum Beschluss vom 14. März 2012 – 2 BvR 2405/11 – zu lesen.

„Wenn es der Rechtsfindung dient …“ hatte vor 44 Jahren mal der Teufel gesagt. Vielleicht hilft dieser Gedanke auch den Engeln, wenn sie in den Verhandlungen gegen ihre Brüder nur ohne Kutte auf der Galerie Platz nehmen dürfen.

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Kieler Engel verboten

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurde hier bekannt,  daß heute der Innenminister Schleswig-Holsteins Klaus Schlie den Hells Angels MC Charter Kiel mit sofortiger Wirkung verboten hat. 25 in Kiel lebende Member des MC erhielten heute die entsprechenden Verbotsverfügungen von stets freundlichen Polizeibeamten in die Hand gedrückt.

Schlie greift durch im hohen Norden: Das ist nun bereits das dritte Verbot eines MC seit Frühjahr2010. Die Flensburger Hells Angels und die Neumünsteraner Bandidos hat’s bereits auf diesem Wege erwischt.

Ganz nebenbei haben sich die Ermittler in sieben Wohnungen und im „Sansibar“, der Szene-Kneip im Kieler red light destrict, umgeschaut. 300 Polizisten und ein paar Leute vom Spezialeinsatzkommando (SEK) – wohl wegen der teilweise verschlossenen Türen – waren unterwegs. Ziel war insbesondere die Beschlagnahme des Vereinsvermögens, diesmal also nicht die Ermittlung von angeblichen Straftaten.

Das war’s dann erst einmal mit den Kieler Engeln, die es bereits seit September 1994 gibt. Ob die Bandidos und die Mongols nun eine Party veranstalten, wird zwar nicht überliefert, scheint aber angesichts der für Rocker in Kiel dünn gewordenen Luft eher unwahrscheinlich.

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Angeklopft?

Bei den Bandidos in der Provinzstraße in Berlin-Reinickendorf wurde in der vergangenen Nacht angeklopft. Die Polizei läßt vermelden, es seien mehrere Schüsse aus einer scharfen Schusswaffe abgegeben worden, die Einschusslöcher hinterlassen haben. Nun sucht man im Dunkeln.

Über die Hintergründe des Schusswechsels ist bislang nichts bekannt.

liest man in der Berliner Morgenpost.

Von einem Austausch von Kanonenkugeln („Schußwechsel“) war in der Pressemeldung der Polizei nichts zu lesen, das wird sich der Reporter ausgedacht haben, um die Seite zu füllen. Auch die Andeutung des Morgenpostlers, es könne ein Angel geschossen haben, dürfte einem Blick in die Kristallkugel entsprechen.

Ein Zusammenhang mit dem heute gestarteten Verfahren in Frankfurt (Oder) wurde auch (noch) nicht konstruiert. Das kommt dann wohl noch …

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