Politisches

Brandstifter Brandner: Ein Rassist und Antisemit?

Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV) hat sich in einer Pressemitteilung zu den Ausfällen des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages posititioniert:

RAV kritisiert ›brandstiftende‹ Ideologie der AfD: Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses ungeeignet

Stephan Brandners Äußerungen auf Twitter verleugnen die antisemitische, rassistische und misogyne Dimension des Anschlags von Halle. Wer Solidaritäts- und Schutzkundgebungen vor Synagogen und Moscheen als »Herumlungern« betitelt oder sich solche Formulierungen zu eigen macht und nicht in der Lage ist, die Motivation des Anschlags zu benennen, der offenbart erneut, dass er und seine Partei Teil des Problems sind. Die, die hetzen, die verharmlosen, die leugnen und relativieren sind – wenn auch nicht im juristischen Sinne – mitverantwortlich für antisemitische, rassistische und antifeministische Taten.

Wir verurteilen auch die Angriffe auf unseren Kollegen Michel Friedman aufs Schärfste. Stephan Brandner zeigt mit den Angriffen auf Michel Friedman, wo die AfD steht. In antisemitischer Manier wird auf eine Person fokussiert, die jüdischer Herkunft ist und diese daher herabgewürdigt.

Dazu Prof. Dr. Helmut Pollähne, Rechtsanwalt in Bremen und Mitglied im erweiterten Vorstand des RAV: »Herr Brandner ist in seiner Funktion als Vorsitzender des Rechtsausschusses ungeeignet. Er beschädigt das Ansehen des Rechtsausschusses und erschwert dessen Funktionsweise massiv«.

Das reguläre Gesetzgebungsverfahren stellt eine Beteiligung der Verbände sicher. Der RAV beteiligt sich aktiv an diesen Verfahren. Dies bedeutet auch, dass Mitglieder unseres Vereins an Anhörungen des Rechtsausschusses teilnehmen. Wir sehen große Probleme darin, dass die Leitung des Rechtsausschusses und damit auch die Durchführung von Beteiligungsverfahren im Rahmen des Ausschusses einer Person obliegt, die antidemokratische, diskriminierende und menschenverachtende Positionen vertritt.

Dazu Dr. Kati Lang, Rechtsanwältin in Dresden und ebenfalls Mitglied im erweiterten Vorstand des RAV, »wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln um den solidarischen Zusammenhalt dieser Gesellschaft streiten. Wir werden die ›brandstiftende‹ Ideologie der AfD immer und immer wieder benennen und bekämpfen. Dazu gehört auch, dass wir Herrn Brandner nicht unwidersprochen in seiner Funktion als Vorsitzender des Rechtsausschusses respektieren werden«.

Brandner leitet u.a. die Anhörungen im Rechtsausschuss und verfügt damit über nicht unerhebliche Möglichkeiten, auf das Gesetzgebungsverfahren Einfluss zu nehmen. Ich bin aber davon überzeugt, dass es ihm nicht gelingen wird, sein erbärmliches Gedankengut und das seiner Spießgesellen nachhaltig zu installieren. Die Behebung der Not von Volk und Reich wird (ihm) nicht noch einmal gelingen.

Nazis und Neofaschisten gehören nicht in den Bundestag; und erst Recht nicht in den Rechtsausschuss.

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Bild: ScreenShot eines Tweets von @StBrander vom 09.12.2017 via HeuteShow.

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Straftäter bei der CDU

Der CDU Ortsverband Britz hat eine Mission. In dem (vormals?) bürgerlichen Bezirk im Süden Neuköllns soll mit starken Worten für Ordnung gesorgt werden:

Bemerkenswert ist zunächst die Wortwahl der honorigen CDU-Ortverbandelten. Die in trilingualer Fäkalsprache gehaltene Aufforderung lässt durchaus gewisse Rückschlüsse auf das Bildungsniveau des acht- bis neunköpfigen Vorstands dieser (weiteren) Splittergruppe der Berliner CDU zu.

Aber schauen wir uns einmal an, was die CDU Britz dort ankündigt.

Wir klauen euren Scheiß aus euren Verstecken!

Der gemeine Jurastudent aus dem ersten Semester erkennt sofort: Das ist der klassische Fall der Ankündigung einer Wegnahme fremder beweglicher Sachen, also eines Diebstahls, der mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann.

Der auch nur oberflächlich informierte Kundige erkennt sofort, dass mit dem „Scheiß“ Betäubungsmittel gemeint sind, die von „Dealern“ versteckt werden. Das sind nicht nur Sachen im Sinne des § 242 StGB, sondern auch Regelungsgegenstände des Betäubungsmittelgesetzes.

Der Diebstahl dieser Betäubungsmittel stellt einen Erwerb im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG dar, der zu dem nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG unter Strafe (in gleicher Höhe wie der Diebstahl) gestellten Besitz führt.

Blättert der Interessierte dann im BtMG ein paar Vorschriften weiter und hat dabei die Anzahl der Vorstandsmitglieder des OrtsverBANDEs im Hinterkopf, fängt der interessante Teil der Betrachtung an. Hier sind diverse Verbrechenstatbestände definiert, die der fortgeschrittene Jurastudent durchprüfen kann.

Geht man dann noch mit ganz feinem Besteck an das Plakat heran, findet man hier

Haut ab!

zusätzlich noch nötigende (§ 240 StGB) Elemente.

Ich halte fest:

Mitglieder des CDU Ortsverbands kündigen die Begehung massiver Straftaten an, um ihr Revier von vermeintlichen Straftätern zu säubern. Der im Subtext deutlich erkennbare Rassismus kennzeichnet zusätzlich die Gesinnung dieser besorgten Gesellen aus Neukölln Süd. Das sind exakt solche Methoden, die von einer bürgerlichen Partei, die eigentlich auf dem Boden unserer Verfassung stehen sollte, nicht erwartet werden konnte.

In diesem Sinne:

Nazis raus, auch aus Neukölln Britz!

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Kein (dritter) Weg in den Faschismus

Ein gewisser Herr Klaus Armstroff, laut Wikipedia ein deutscher Elektriker, Politiker und Neonazi, hat sich beschwert. Über mich.

Genauer gesagt: Über die in diesem Blogbeitrag kundgetane Solidarität mit ein paar Plakatverschöneren, die dem verstromten Politnazi nicht gefallen hat.

Mit einer einzeilig in 10-Punktschrift gehaltenen Ansammlung von Grammatik- und Rechtschreibefehlern (der Klassiker einer querulatorischen Beschwerdeschrift) hat er die Kollegen der Rechtsanwaltskammer Berlin gelangweilt.

In dem Blogbeitrag hatte ich geschrieben, dass …

… ich es schätze, wenn sich Menschen gegen die menschenverachtende Propaganda dieser Faschisten stellen.

Ein paar Jungs hatten die Plakate des sogenannten „III. Weg“ verschönert, wurden dabei (leider) erwischt und befürchteten nun, dass ihre Adressdaten in die Hände dieser nationalen Sozialisten fallen könnten.

Warum ich der Ansicht bin, dass es sich bei den Pseudopartei-Mitgliedern um Faschisten handelt, ergibt sich unter anderem auch aus der Wikipedia:

Der III. Weg (auch: Der Dritte Weg, Kurzbezeichnung: III. Weg) ist eine rechtsextremistische Kleinstpartei. Sie wurde am 28. September 2013 unter maßgeblicher Beteiligung ehemaliger NPD-Funktionäre und Aktivisten des im Juli 2014 verbotenen Freien Netzes Süd (FNS) gegründet. Sie gilt als Versuch, das FNS unter dem Schutz des Parteienprivilegs weiterzuführen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen deutlichen Einfluss von Neonazis in der Partei festgestellt.

Jetzt kann man diskutieren, ob Armstroff und das andere Gesindel in der „Partei“ Faschisten sind. Für diese Qualifizierung gibt es keine eindeutige Definition. Aber jeder weiß, was damit gemeint ist.

Gegen diese Bezeichnung hat sich die Spitzenkandidat Klaus Armstroff aber gar nicht gewehrt. In seiner Beschwerde schreibt er:

Dem Spitzennazi missfiel es nur, dass ich den Plakatmalern geraten hatte, sich beim Malen nicht erwischen zu lassen, und dass ich für diesen zivilen Ungehorsam gewisse Sympathien hege:

Und das ist dann auch ein Grund zur Sorge, die sich der drittbewegte Armstroff macht: Die Sorge um das Ansehen der Anwaltschaft.

Ich meine, dass das Ansehen der Anwaltschaft nicht leidet, sondern nur gewinnen kann, wenn wir uns konsequent diesem Pack entgegenstellen und verhindern, dass sie die Grundlagen abschaffen, die es ihnen erst überhaupt ermöglichen, ihre widerwärtige Propaganda zu verbreiten.

Ich bedanke mich bei den Kollegen der Rechtsanwaltskammer, dass sie die Beschwerde selbstverständlich zurückgewiesen haben:

Der Blogbeitrag war weder strafbar, noch berufsrechtswidrig, sondern notwendig, um zu zeigen, dass solche Charakterbaracken hier unerwünscht sind.

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Bild oben: Superikonoskop – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, durchgestrichen von crh

Bild unten: Robin Higgins from Pixabay Von crh entführt beim stets lesenswerten Volksverpetzer

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2. Juni 1967

Benno Ohnesorg wird vor der Deutschen Oper von dem West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras durch einem Pistolenschuss aus kurzer Distanz in den Hinterkopf getötet.

#Startschuss

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PM: Urteil gegen „Freie Kameradschaft Dresden“ rechtskräftig

Die Pressestelle des Bundesgerichtshofs teilt in der Pressemitteilung Nr. 064/2019 vom 13.05.2019 mit:

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden verworfen, durch das diese jeweils wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und weiterer Straftaten zu Jugendstrafen verurteilt worden sind.

Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten Mitglieder der kriminellen Vereinigung „Freie Kameradschaft Dresden“, die sich Ende Juli 2015 in Dresden gegründet hatte und deren Ziel es war, die rechtsextreme und ausländerfeindliche Gesinnung ihrer Mitglieder zu verbreiten und – auch mit Gewalt – die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland zu bekämpfen. Ihre Angriffe richteten sich in erster Linie gegen politisch Andersdenkende und Ausländer, aber auch gegen Polizeibeamte, soweit diese zum Schutz ihrer primären Angriffsziele eingesetzt waren. In mehreren Fällen agierte die „Freie Kameradschaft Dresden“ gemeinsam mit der als terroristische Vereinigung verfolgten „Gruppe Freital“.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die auf die jeweils erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Beschluss vom 2. April 2019 – 3 StR 23/19

Zeit Online berichtete am 24.08.2017 über den Ausgang des Verfahrens vor dem Landgericht Dresden gegen die Dresdner Nazis:

Zwei Mitglieder der rechtsextremen Gruppe Freie Kameradschaft Dresden (FKD) sind vom Dresdner Landgericht zu Freiheitsstrafen von je drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Die Staatsschutzkammer sah die Vorwürfe der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährlichen Körperverletzung, des Landfriedensbruchs und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion nach zehn Verhandlungstagen bestätigt. Für den 19-Jährigen verhängte sie eine Jugendstrafe.

Ob das Pack dann als bessere Menschen wieder aus dem Knast rauskommen wird, weiß ich nicht. Aber zumindest ist für die nächste Zeit deren Handlungsspielraum beschränkt. Manchmal und in diesen Fällen finde selbst ich den Knast für eine sinnvolle Einrichtung.

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Jetzt wird’s ernst. Schützt die Hirschkühe!

Die Gleichstellungsbeauftragte der Berliner Verkehrsverwaltung, Almut Hopf-Gantenbrink, will die StVO gendergerecht umformulieren, berichtete der Tagesspiegel am 02.04.2019.

Danach sollen aus Anliegern – analog zu den Studenten – Anliegende werden. Auch die Zeichen 258 und 259 der StVO werden angepasst: „Verbot für Reitende“ soll es künftig heißen und „Verbot für Zufußgehende“.

Aber nicht nur an den Text der StVO soll Hand angelegt werden. Auch die Bildersprache bedürfe dringend einer Anpassung an sexismusfreie Verhältnisse.

Als Beispiel nannte Frau Almut Hopf-Gantenbrink das Zeichen 142 der StVO, auf dem bisher ein männlicher Hirsch abgebildet ist. Die Gleichstellungsbeauftragte forderte vor dem Hintergrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der Hirschkühe dazu auf, den Hirsch auf dem Wildwechsel-Warnschild ohne Geweih darzustellen. Es könne ja nicht sein, dass man nur männliche Hirsche nicht überfahren dürfe.

Wir werden alle sterben! ;-)

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Strafrecht, Zivilrecht, Rache

Eine Anfrage an ein Portal, in dem „Kostenlose Rechtsfragen an Rechtsanwälte“ gestellt werden können:

So sehr, wie ich es schätze, dass sich Menschen gegen die menschenverachtende Propaganda dieser Faschisten stellen: Helfen kann man nicht (mehr) bei dem Versuch, unerkannt zu bleiben.

Denn es ist nicht zu verhindern, dass die Daten – und zwar komplett und vollständig – in der Ermittlungsakte gespeichert werden. Und der „Geschädigte“ bekommt zur Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche grundsätzlich auch Akteneinicht, und damit auch das Rundrumsorglospaket mit Geburtsdatum und Anschrift.

Wirklich verhindern wird man das nicht können (auch wenn es da den einen oder anderen mehr oder minder erfolgversprechenden Versuch geben könnte).

Es gibt also gleich drei Gründe, sich beim Beschädigen des Propagandamaterials von Faschisten nicht erwischen zu lassen: Strafrechtliche Verfolgung, zivilrechtlicher Regress und – im Zweifel gewalttätige – Rache.

Passt auf Euch auf!

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Der Staatsrechtsler und das bisschen Strafrecht

Die AfD hat Prof. Karl-Albrecht Schachtschneider mit einem „Gutachten“ zur Strafbarkeit der AfD-Fraktionschefin Alice Weidel in der Parteispenden-Affäre beauftragt.

Er hat sich sehr lange und intensiv mit der Sach- und Rechtslage auseinander gesetzt:

Und er hat sich umfassend und vollständig informiert:

Das Ergebnis seiner fundierten und gewissenhaften Prüfung:

Wer ist dieser strafrechtliche Überflieger?

Das kann man so machen, aber dann isses halt … nicht professionell.

Weidel und Schachschneider sei gesagt: Si tacuisses … Aber was erwarte ich auch schon von diesen Leuten, deren kollusives Ziel es zu sein scheint, eben dasjenige Staatsrecht, für das der Sachverständige in seinem aktiven Berufsleben unterwegs war, auf links rechts zu drehen.

Anmerkung für den einen einsamen Lehrer unter den Lesern:
Doch, das ist korrekte Rechtsschreibung in der Überschrift.

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Besten Dank an den Strafverteidiger Thorsten Hein aus Bad Vilbel für den Hinweis auf den Beitrag im Deutschlandfunk.
 
ScreenShots 1 bis 3: Aus einem Beitrag von Martin Zagatta beim Deutschlandfunk.
ScreenShot 4: Wikipedia via Google-Suche

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Risiken und Nebenwirkungen vom Ende Gelände

An diesem Wochenende läuft die Ende Gelände Aktion im Rheinischen Braunkohlerevier. So sieht das in der aktuellen Berichterstattung aus:

Was geht?

Die Aktion wird von den Organisatoren und Teilnehmern als „ziviler Ungehorsam“ qualifiziert.

Das Ziel:

  • Die Braunkohleverstromung soll beendet werden.

Die Mittel:

  • Blockaden und Besetzung der Produktionsmittel.

Jurastudenten – auch solche, die strafrechtlich nicht sonderlich interessiert sind – werden relativ schnell die Lösung herausfinden: Das Ziel mag legitim sein, einen Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 32, 34 StGB (oder einen Entschuldigungsgrund nach § 35 StGB) stellt es allerdings nicht dar.

Deswegen kann diese Aktion von den Ermittlungsbehörden recht schnell strafrechtlich eingeordnet werden. Jedenfalls vorläufig.

Nach der vergleichbaren Aktion am Pfingstwochenende 2016 in einem Braunkohletagebau von Vattenfall, der „Schwarzen Pumpe“ in der Lausitz, bekamen die weißbekittelten Braukohlegegner dreieinhalb Monate später Post von der Polizei:

Neben dem Landfriedensbruch im besonders schweren Fall (§ 125a StGB) können noch die Sachbeschädigung (z.B. § 303 StGB) und/oder im Einzelfall Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (z.B. § 113 StGB) hinkommen. Der Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) spielt auch noch eine Nebenrolle.

Was ist seit Mai 2016 mit den Schwarze-Pumpe-Aktivisten passiert? Wenig bis nichts! Die Verteidigung wartet auf die vollständige Akteneinsicht. Der quasi im Zweimonatsabstand verschickte Sachstandsanfragentextbaustein wird regelmäßig mit einem Sachstandsbeantwortungstextbaustein quittiert:

Ich habe den Eindruck, als sei die Ermittlungsbehörde allein von der Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren bereits überfordert. Zweieinhalb Jahre nach der Besetzung konnte die Ermittlungen immer noch nicht abgeschlossen werden. Es ist nicht zu erwarten, daß mit der Akteneinsicht durch die Verteidiger die Verfahren beendet werden. Dann werden sich die zuständigen Gerichte mit den Aktivisten beschäftigen müssen … Das sind dann solche Verfahren, in denen sogar mir die Richter leidtun.

Aber werfen wir mal einen Blick auf das denkbare Ende und malen den Teufel an die Wand.

Selbstverständlich spielt das Ziel der Aktion bei der Bestimmung des Strafmaßes oder gar bei der Frage nach der Einstellung des Verfahrens (§ 153 StPO), regelmäßig gegen Zahlung einer Auflage (§ 153a StPO), eine erhebliche Rolle.

Dennoch:

Die oben zitierten Strafgesetze §§ 125a, 303, 113 StGB eröffnen einen Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren – und damit ein erhebliches Risiko für die weitere Karriere der zumeist jungen Menschen.

Ich bin optimistisch, daß das hier nicht so heiß gegessen wird. Die konzertierte Aktion vor Ort wird sich in den Strafverfahren fortsetzen und damit einen weiten Spielraum für die (Sockel-)Verteidigungen ermöglichen. Die strafrechtlichen Probleme halte ich für angemessen lösbar.

Aber es gibt da noch etwas anderes, das bei allem Optimismus auf dem Zettel stehen sollte.

Das Zivilrecht.

Wenn denn ein Strafgericht feststellt, daß ein Aktivist gegen eine Strafrechtsnorm verstoßen hat, die den Schutz der Rechtsgüter anderer (z.B. der von Vattenfall oder des RWE) im Blick hat, hat die Geschädigte es relativ leicht mit der Begründung eines Schadensersatzanspruchs.

Zivilisten zücken das BGB locker aus der Hüfte und blättern bis zum § 823 Abs. 2 BGB. Und dann gibt es noch den § 830 BGB, nach dessen Lektüre sich dem einen oder anderen Teilnehmer die Härchen vom Rückenpelz aufstellen dürften, wenn man den Berichten der Geschädigten über die eingetretenen Schäden folgt. Selbst dann, wenn es auch zivilrechtlich eine Menge „Verteidigungs“-Möglichkeiten gibt.

Was will ich also sagen?

Ziviler Ungehorsam ist meiner Ansicht nach ein probates („legitimes“ – s.o.) Mittel, um auch gegen scheinbar übermächtige Widerstände Veränderungen durchzusetzen, solange die Kirche im Dorf nicht abgerissen wird.

Allerdings sollte man wissen, was passiert, wenn’s denn dann zur Nagelprobe kommt. Denn wer das Recht nicht kennt, bringt sich um das Vergnügen, dagegen zu verstoßen.

In diesem Sinne: Paßt auf Euch auf!

Ach so:
Hatte ich schon gesagt, daß ich Braunkohleverstromung echt Scheiße finde?

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Bild „Legitim“ (c): ScreenShot von der Website der Ende Gelände
Bild „Teufel“ (CC0): OpenClipart-Vectors / via Pixabay

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Tom Schreiber: Brüllender Abgeordneter

Wenn ich mir in den letzten Wochen und Monaten das Verhalten von einer bestimmten Sorte Bundes- und Landtagsabgeordneter anschaue, stellt sich mir die Frage, warum oft nur Badewannenstöpsel als plump bezeichnet werden.

In aller Regel sitzen solche verbalen Katheterbeutel vom jeweiligen Präsidenten aus gesehen ziemlich weit rechts.

Es gibt aber Ausnahmen. Tom Schreiber ist so eine; an anderer Stelle hat der SPD-Direkt-Kandidat bereits seine Qualitäten unter Beweis gestellt vorgetäuscht.

Schreiber kann aber nicht nur im Abgeordnetenhaus dummes Zeug schwätzen, sondern auch auf Twitter.

Dort erzählt er stolz, daß er sich auf das Niveau besoffener Fußballfans begeben kann. Um anschließend zum Rundumschlag auf Strafverteidiger auszuholen.

Ich habe die Unterhaltung an der Stelle nicht fortgeführt. Denn selbst der Gewichtheber aus dem Fitness-Center würde zu dieser Art der Argumentation sagen: Nä, der ist mir zu prollig!

Admiror, o paries, te non cecidisse ruinis, qui tot scriptorum taedia sustineas.
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Bild: © Sibylle Hardt / pixelio.de

Update:
Tom Schreiber setzt das Gespräch auf seine Art fort:

Und noch eine Reaktion auf den Blogbeitrag:

Ein weiteres Statement des Sozialdemokraten in diesem Zusammenhang:

Intellektuelle und rhetorische Fähigkeiten sind – zu meinem großen Bedauern – sehr ungleich unter den Menschen verteilt.

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