Motorradrecht

Das schnell merkende Amtsgericht Mitte

Im Mai 2015 hat die Polizei einen Unfall aufgenommen. Es ging um Bremsen auf Rollsplitt im Fließverkehr in einer Baustelle. Das Mopped hatte danach ein paar häßliche Kratzer und einem Schaden in Höhe von rund 1.500 Euro.

Im September 2015 haben wir für die Moppedfahrerin Klage beim Amtsgericht Mitte eingelegt. Was bisher geschah:

  • 16.09.2015 Klage zum AG Mitte
  • 26.11.2015 Versäumnisurteil gegen Beklagte im Vorverfahren
  • 11.12.2015 Einspruch gegen das Urteil
  • 20.09.2016 2. Versäumnisurteil gegen Beklagte
  • 05.10.2016 Berufung der Beklagten
  • 02.03.2017 Das Landgericht gibt der Berufung statt, hebt das Urteil des AG Mitte auf und verweist das Verfahren dorthin zurück, weil das Versäunisurteil nicht hätte ergehen dürfen, da die Beklagter nicht ordnungsgemäß geladen war.
  • 06.02.2018 Termin vor dem AG Mitte, es fehlten aber zwei Zeugen
  • 13.11.2018 Neuer Termin, zu dem die beiden Zeugen (nochmals) geladen wurden

Das Verfahren ist bis hierher aus meiner Sicht bereits eine Farce. Aber nun folgt das hier:

Ich danke dem Himmel, daß ich mit diesem Gericht nichts zu schaffen habe. Denn in Anbetracht dessen, was die dort beschäftigten Richter veranstalten, wäre ich längst schon Beschuldigter eines Verfahrens wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz.

Admiror, o paries, te non cecidesse ruinis, qui tot iudicum taedia sustineas.

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Der Nachtrunk und die Begleitstoffanalyse

735871_web_R_B_by_günther gumhold_pixelio.deDem Mandanten hat es doppelt geschmerzt: Er hat er sein Mopped verbogen und dann hat man ihm auch noch die Fahrerlaubnis (vorläufig) entzogen. Als Zugabe bekam er einen Strafbefehl, der eine Geldstrafe, die Entziehung der und eine Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festsetzte.

Er hat Rechtsanwalt Tobias Glienke, Fachanwalt für Strafrecht und für Verkehrsrecht, mit seiner Beratung und Verteidigung beauftragt. Hier nun der Bericht über die erfreulichen Folgen dieses Auftrags.

Aus dem Urteil, das das Amtsgericht Tiergarten nach drei (!) Verhandlungstagen gesprochen hat.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zur Last gelegt:

Er befuhr [um 05.00 Uhr], fahruntauglich infolge Alkoholgenusses bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,07 Promille zurzeit der Blutentnahme um 08.45 Uhr, mit dem Krad, amtliches Kennzeichen B-* die Straße nach F*, wo er in einer Rechtskurve alkoholbedingt von der Fahrbahn abkam und am Waldrand gegen einen Baum stieß. Seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit hätte er bei gehöriger Selbstprüfung erkennen können und müssen.

Vergehen der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr, strafbar nach §§ 316 Abs. 1, 21, 69, 69 a StGB.

Nach entsprechender Vorbereitung ging es dann in die Verteidigung gegen diesen Vorwurf. Das Gericht stellte am Ende dann folgendes fest

Der Angeklagte selbst gab an, dass er gegen 04.00 Uhr mit seinem Krad auf dem Heimweg gewesen sei und dann plötzlich mit dem Hinterrad weggerutscht und in den Wald gerutscht sei.

Dann hätte ihn eine unbekannt gebliebene Person mitgenommen zum Bahnhof R* und dort hätte er auf dem Bahnhof zwei Flaschen Wodka zu 0,2 ml, die er in der Jackentasche mit sich führte, ausgetrunken. Als Grund hierfür gab er an, dass er nach dem Unfall sehr geschockt gewesen sei.

Der Zeuge K* fand das Krad des Angeklagten gegen 06.00 Uhr im Wald liegen und stellte fest, dass der Motor noch warm war. Er rief dann die Polizei, die ca. 15 bis 20 Minuten später kam.

Der Polizeibeamte PK W* gab an, dass er vom Zeugen K* gerufen Schmutz auf der Fahrbahn feststellte und Unfallspuren und das Krad ohne Aufbruchsspuren im Wald vorfand. Auch bei seinem Eintreffen war der Motor noch warm. Eine Halterabfrage ergab, dass die Mutter des Angeklagten angab, dass sich der Angeklagte bei Freunden in R* befinden würde. Später tauchte der Angeklagte dann bei seiner Mutter auf. Die ihm entnommene Blutprobe ergab um 08.45 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 1,07 Promille.

Das Gericht ordnete dann eine Begleitstoffanalyse an, die ergab, dass der vom Angeklagten vorgetragene Nachtrunk von 2 Flaschen Wodka zu 200 ml bei ca. 37,5 bis 40 Volumenprozent und einem angenommenen Gewicht des Angeklagten von 75 Kilo bei 21 Jahren Lebensalter erklärbar war.

Lediglich der Wert für Methanol entsprach nicht dem angegebenen Nachtrunk. Dieser wäre bei 0,17 bis 1,31 mg/kg erwartbar gewesen und hatte tatsächlich einen Wert von 2,41 mg/kg. Der Sachverständige Dr. B* vom B* Institut für Rechtsmedizin, dem sich das Gericht noch aus eigener Sachkunde anschloss gab hierzu an, dass der Methanolabbau erst unterhalb einer Ethanolblutkonzentration von etwa 0,4 mg/g einsetzt und deshalb eventuell später abgebaut wurde, da noch Vortrunk im Blut hätte gewesen sein können.

Dieser Vortrunk war jedoch mit wissenschaftlichen Mitteln nicht exakt bezifferbar. Der Sachverständige erklärte, dass diese erhöhten Methanolwerte auch ein Indiz dafür sein könnten, dass der Angeklagte sich auf einer längeren Trinktour befunden hätte bzw. Alkoholmissbrauch betrieben hätte.

Insofern konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden, dass er sich zur Tatzeit in einem alkoholischen Zustand befand. Nach dem Grundsatz in dubeo pro reo war der Angeklagte insofern freizusprechen.

Diese Art der Verteidigung setzt profunde rechtsmedizinische Kenntnisse voraus. Denn einerseits muß der Verteidiger wissen, daß in den meisten Fällen mit einer Begleitstoffanalyse recht gut die Art des Getränks nachweisen läßt. Bier, beispielsweise, hinterläßt ganz verräterische Spuren im Blut. Vodka nicht.

Bekannt sein sollte auch, welche Wechselwirkungen zwischen Alkoholmengen und Bodymaßindex bestehen, wenn Trinkmenge und die gemessene Blutalkoholkonzentration zueinander passen sollen.

In diesem Fall war daher das Ergebnis – der Freispruch – gut vorhersehbar. Nur deswegen konnte der Mandant die umfangreiche Beweisaufnahme riskieren. Das Urteil ist rechtskräftig.

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Bild: © günther gumhold / pixelio.de

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Motorradfahrer: Zwei Drittel sind Straftäter

Unsere amerikanischen Freunde, jedenfalls ein Teil von ihnen, genauer: das amerikanische „Bundesamt für Ermittlung“, vulgo: das FBI, hat eine sensationelle Entdeckung gemacht und veröffentlicht:

… the truth of the matter is that those that own and operate motorcycles are 67% more likely to be involved in illegal or criminal activity …

berichtet Amerikas unabhängige Neuigkeitenquelle, der National Report.

Was sind das eigentlich für 2/3-Hirne in diesem Federal Bureau of Investigation (FBI), die da durchgefüttert werden?

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Dank an Tobias H. für den Hinweis.

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so ein kreuzgefährliches Quad

Zwischen einem Quad und einem Pkw kam es zu einem Unfall, wobei sich im Nachhinein nicht recht aufklären ließ, welcher der beiden Fahrer dafür verantwortlich war.

Der Quadfahrer, der zu allem Übel bei dem Crash auch erheblich verletzt worden war, klagte vor dem Landgericht Ingolstadt auf Schadenersatz und Schmerzensgeld und bekam – nichts.

Noch nicht einmal die Hälfte seines Schadens nach der sogenannten Unaufklärbarkeitsquote gönnten ihm die Ingolstädter Richter. Die fanden nämlich – sachverständig durch einen Gutachter und Wikipedia beraten – so ein Quad sei ein kreuzgefährliches Ding. Wer damit im öffentlichen Straßenverkehr herumfahre, habe es nicht besser verdient.

Auch vor dem Oberlandesgericht München, dass sich mit der Berufung des Quadfahrers beschäftigen musste, fand dieser keine Gnade.

Da keinem der beiden Unfallbeteiligten irgendein Verschulden nachgewiesen werden konnte, kam es auf die verschuldensunabhängige Haftung aus der Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge an. Nun sollte man eigentlich denken, bei zwei Kraftfahrzeugen mit jeweils vier Rädern sei die Betriebsgefahr gleich hoch und damit der Schaden hälftig zu teilen.

Das OLG München belehrt eines Besseren.

Die(s) ist jedoch fehlsam. Es kommt vielmehr auf die spezifischen Besonderheiten der beteiligten Fahrzeuge an. (…) In die Bewertung der spezifischen Besonderheiten des klägerischen Quads ist zunächst und entscheidend dessen Instabilität einzustellen:

Der Sachverständige (…) hat anläßlich seiner Einvernahme vor dem Erstgericht (…) insoweit folgendes ausgeführt:

„Ich möchte die Fahrweise dieser Quads, wie es hier unfallgegenständlich ist, zumindest bei starker Bremsung als sehr instabil betrachten aufgrund des Verhältnisses von Spurweite zum Radstand. Das Fahrzeug neigt in diesen Fällen dazu, die Vorderachse zu belasten und die Hinterachse zu entlasten, was zu Schleudervorgängen führen kann. Das unfallgegenständliche Quad zumindest hatte kein ABS. Eine Verlagerung des Gewichts des Fahrers kann auch die Fahrlinie beeinflussen, wenn man sich insbesondere das Verhältnis des Fahrergewichts zum Fahrzeuggewicht anschaut, das gilt insbesondere beim Bremsen.“

Diese Feststellungen entsprechen den allgemein zugänglichen Quellen (vgl. etwa Wikipedia, „Quad“ Bearbeitungsstand: 24.07.2013, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Quad&oldid=120836082 [abgerufen: 17.09.2013]).

(…) Die normale Betriebsgefahr des beklagtischen Toyotas tritt im Hinblick auf das Vorstehende im konkreten Fall vollständig gegenüber der Betriebsgefahr des Quad zurück.

OLG München, Urteil vom 17.09.2013, Az: 10 U 2166/13 (Vorinstanz LG Ingolstadt, Urteil vom 29. Mai 2013, Az: 33 O 361/11 in ZfS 2013, 679-680

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich.

Man ist mit einem straßenzugelassenen Kraftfahrzeug unterwegs, es knallt und man bekommt nichts, weil man kein ABS hat und das Fahrverhalten instabil ist. Auf den konkreten Nachweis, dass diese Umstände mit unfallursächlich waren, kommt es anscheinend nicht an.

Wie ist es dann mit motorisierten Zweirädern, bekommt man nach einem Unfall auch nichts?

Der BGH hat sich hierzu mehrfach geäußert und zum einen klargestellt, dass bei der Betriebsgefahr dem Umstand, dass ein Motorradfahrer selber nicht durch eine Karosserie geschützt ist, keine Bedeutung zukommt. Die allgemeine Betriebsgefahr eines Fahrzeugs wird vor allem durch die Schäden bestimmt, die dadurch Dritten drohen.

Dem Fahrer eines für den Verkehr zugelassenen, in verkehrstüchtigem Zustand befindlichen Fahrzeugs kann bei der Abwägung nicht zur Last gelegt werden, dass er schon wegen dieser Bauart und der geringeren Eigensicherung, die ihm das Fahrzeug bietet, bei Zusammenstößen mit anderen Fahrzeugen Verletzungen in höherem Maße ausgesetzt ist als in einem Fahrzeug, das in dieser Hinsicht größere Sicherheit bietet.

Die Betriebsgefahr eines Motorrads kann sich durch dessen Instabilität und die daraus resultierende Sturzgefahr grundsätzlich erhöhen. Aber nur soweit sich diese nachweislich als Unfallursache ausgewirkt hat (VI ZR 221/08 in VersR 2010, 642).

Ob die in München beim Oberlandesgericht eigentlich wissen, dass es den Bundesgerichtshof gibt?

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Der nackte Biker

Unser Mandant fand sich nach dem Zusammentreffen seiner Aprilia mit einem Pkw auf dem Straßenbelag wieder. Seine Motorradhose hatte darunter etwas gelitten und einige Prellungen waren auch zu beklagen.

Die in Anspruch genommene Versicherung des Unfallgegners meint, überhaupt nichts zahlen zu müssen, der Unfallhergang ist im höchsten Maße streitig. Insoweit Standard.

Wir klagen also neben dem Fahrzeugschaden auch Ersatz für die beschädigte Hose und Schmerzensgeld ein.

Nun überraschte uns der von der Versicherung beauftragte Kollege mit einer sehr kreativen Rechtsansicht, warum unserem Mandanten insbesondere kein Schmerzensgeld zustehe:

Der Kläger hat doch nach seinem eigenen Vortrag Schutzkleidung getragen. Bei ordnungsgemäßer Schutzkleidung konnten (…) die behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht entstehen. Der Kläger muss sich schon entscheiden: Entweder Schmerzensgeld oder Ersatz für Schutzkleidung.

Also dass fehlende Schutzkleidung ein Mitverschulden des Bikers bei bestimmten Verletzungen begründen kann, war uns bekannt. Aber dass ein Zuviel an Schutzkleidung ein Schmerzensgeld per se ausschließt, ist uns neu.

Wir raten trotzdem davon ab, nackt Motorrad zu fahren.

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Erst mal nur Akteneinsicht

Die Hoffnung, die wir hier äußerten, hat sich nicht erfüllt. Frau Assessorin D., Sachbearbeiterin bei der ARAG, war offensichtlich nicht bei einer Schulung und sie tut es schon wieder.

Die Mandantin kam nach einem Unfall mit einem Anhörungsbogen zu uns. Gegen sie wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren geführt und sie möchte sich gegen diesen Vorwurf verteidigen. Wir fragten bei ihrer Rechtsschutzversicherung – der ARAG nach, ob man uns für die Verteidigung Deckung gewährt. Dummerweise war Frau Assessorin D. zuständig.

Frau D. teilt uns nun mit, dass es Deckung zunächst einmal nur für die Akteneinsicht gibt. Hat die ARAG neue Rechtsschutzbedingungen, haben wir etwas verpasst? So langsam nervt Frau Assessorin D. und wir haben beim Vorstand der ARAG dringend um eine Nachschulung für Frau Assessorin gebeten. Eine Antwort steht noch aus.

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Dziekuje

Wir hatten einige zu klärende Fragen zum Kauf einer Harley und wurden an den einzigen autorisierten Händler in Warschau verwiesen. Von dort kam ein knappes Rückfax, bei dem mam erahnen konnte, dass wir gefälligst in polnisch kommunizieren sollen.

Nun können wir wirklich eine Menge. Aber kein polnisch. Zum Glück gibt es aber Kollegen und einer davon hat unser Schreiben komplett übersetzt. Da kann sich Liberator in Warschau nicht beschweren. Vielen Dank für die schnelle Hilfe in die Kantstraße an den Kollegen Daniel Fischer.

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Verkehrsunterricht nach Gutsherrenart

Motorradunfall

Ein teures pädagogisches Fahrmanöver.

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Rattenrad

Fundstück in Neukölln:

BMW-Ratbike in Neukölln

Ratbike, fotografiert von Helga

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Gunny wanted: Dead or Alive.

Es ist schon etwas angestaubt, aber immer noch für einen Aufreger gut:

Er nennt sich „Gunny“, er fährt eine dunkle Yamaha R6 und er ist ein notorischer Raser.

Tanja Buntrock berichtet im Tagesspiegel über einen Berliner Motorradfahrer, der zwei Hobbys hat: Einen Vierzylinder durch die Stadt und übers platte Land quälen. Und Video-Filmen. Beides zusammen gibt es auf Youtube zu sehen.

Und wohl irgendwann beim Amtsgericht Tiergarten, wenn man ihn erwischt:

Polizei sucht Raser, der seine Fahrten filmt.

titelt Frau Buntrock.

Hals und Beinbruch!

Danke an Gregor für den Hinweis.

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