Was kostet eigentlich Schwarzfahren?

696447_web_R_B_by_Martin Jäger_pixelio.deDie Verkehrsbetriebe kündigen an, daß sie für das Schwarzfahren (in Berlin) 40 Euro „erhöhtes Beförderungsentgelt“ haben wollen. Bei Kosten von 2,70 pro Einzelfahrschein rechnet sich das also ab der 15. Schwarzfahrt, auf der man nicht kontrolliert wurde. Das ist allerdings eine Rechnung ohne den Staatsanwalt.

Wird man erwischt, steigt das Kostenrisiko ganz erheblich. Ich möchte das mal anhand einer Antwort dokumentieren, mit der ich auf eine Anfrage eines potentiellen Mandanten reagiere. Er hatte unerfreulichen Kontakt mit einem Kontrolleur und bekam ein paar Wochen später auch noch häßliches Altpapier ins Haus geschickt:

Beförderungserschleichung

Ich werde nun gefragt:

Können Sie mir bitte sagen, wie ich reagieren soll oder ist es besser, dass Sie agieren?

Die Antwort ist nicht ganz so einfach wie die Frage vermuten läßt:

Gern kann ich für die tätig werden und das wird im Vergleich zum Nichtstun oder zum eigenen „Handeln auf gut Glück“ sicherlich die bessere Variante sein. Damit sind jedoch Kosten verbunden und ich kann Ihnen nicht garantieren, daß sich Ihre etwaige Investition am Ende auszahlen wird.

Wenn Sie beim Schwarzfahren erwischt wurden, müssen Sie „nur“ damit rechnen, daß man in Ihr Portemonnaie greifen wird. Entweder werden Sie zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt oder das Verfahren wird gegen Zahlung einer Auflage eingestellt. In welcher Höhe das ausfallen wird, kann ich nicht vorhersagen, rechnen Sie aber mit einem mittleren dreistelligen Betrag.

Einen Eintrag ins Führungszeugnis müssen Sie nicht befürchten, sofern es die erste (und letzte) Bestrafung ist.

Das Tätigwerden eines Strafverteidigers kann jedoch lediglich die Chance erhöhen, die Bestrafung zu vermeiden und die Einstellung gegen Zahlung einer Auflage zu erreichen. Wenn es Ihnen also darauf ankommt, das Risiko der Bestrafung zu minimieren, müssen Sie mit Verteidiger-Kosten zwischen 650 und 700 Euro rechnen.

Auf dieser Seite können Sie die Kosten genauer errechnen. In Ihrem Fall geht es um die Grundgebühr, das Vorverfahren und eine Einstellung. Dazu kommen noch die Kosten für die Kopien aus der Ermittlungsakte.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben geholfen zu haben, auch wenn ich Ihnen damit bestimmt keine gute Laune vermitteln konnte.

No Risk, no Fun. Könnte man denken. Aber: Wenn das Risiko irgendwo im vierstelligen Bereich liegt, sollte man sich schon mal überlegen, ob das den Spaß wert ist. Bevor man ohne Ticket in die Bahn steigt.

Übrigens:
Die Knäste sind voll mit Schwarzfahrern, die weder die Auflage, noch die Geldstrafe bezahlen konnten.

Hinweis:
Wer sich als juristischer Laie etwas wissenschaftlicher mit der Problematik „Erschleichen von Leistungen“ beschäftigen möchte, sollte mal einen Blick auf die Seite meines Nachbarn und Kollegen Steffen Dietrich werfen, die er extra für’s Schwarzfahren in Berlin geschrieben hat.

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Bild: © Martin Jäger / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Verteidigung veröffentlicht.

17 Antworten auf Was kostet eigentlich Schwarzfahren?

  1. 1
    Mitlesender says:

    Kostenloser Rat: NICHT schwarzfahren!

  2. 2
    klausi says:

    öffentliche verkehrsmittel sind so unverschämt teuer geworden, dass ich zum teil die schwarzfahrer verstehen kann.

  3. 3
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    Habe ich einen Knick in der Optik oder hat der Verbrecher die Untat um 28 Uhr begangen?

    Es gibt ja einen berühmten Roman:
    Wem die Stunde schlägt…

    Und dem Glücklichen (wozu Gluffke gehört) schlägt keine Stunde.

    Außerdem erinnert es an den alten Schlager:
    Wer hat an der Uhr gedreht?
    Ist es wirklich schon so spät?

  4. 4
    der Gläubige says:

    bei Beförderungserschleichung kommt mir immer dieses Lied in den Sinn

    https://www.youtube.com/watch?v=KB3vWv7nSDQ

    (und geht dann nicht mehr weg……)

  5. 5
    Weißfahrer says:

    „Die Knäste sind voll mit Schwarzfahrern, die weder die Auflage, noch die Geldstrafe bezahlen konnten.“

    Kann ich bestätigen. Die Meisten kommen – mit Fahrschein – durch Vermittlung der Polizei. Teilweise sogar Personen, die an dem Tag an ihrem Arbeitsplatz erscheinen sollten.

    Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um. Hat zumindest mal jemand behauptet.

  6. 6
    Daarin says:

    Komisch, ich denke dabei immer an dieses Lied: https://www.youtube.com/watch?v=WV1DewnTR48

  7. 7

    Ich bin als grösster Fan der B VG zutiefst empört
    über die Schwarzfahrerpest und fordere die
    Installation von Besserungseinrichtungen
    in der Schorfheide. Der Übelstand muss mit Stumpf und Stil ausgetilgt werden.

    Es kann nicht sein, dass fast 1/3 def Haftplätze in der
    Plötze von Schwarzfahrern besetzt wdrden !

  8. 8
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    Habt Ihr schon die neuen Fahrpläne für 2015/2016 gesehen?
    Die werden jetzt gedruckt.
    Die Preise steigen selbstverständlich.
    Die Strecken werden ausgedünnt.

    Und die Fahrplanhefte:
    Eine Seite Abfahrtszeiten und die Rückseite immer mit Texten von Wanderliedern.

  9. 9
    Tim says:

    Wobei man sich ja fragt, weshalb das Strafrecht ausgerechnet den Verkehrsbetrieben hier unter die Arme greift.

    Wenn sich nun der LIDL entscheidet keine Kassierer mehr an die Kassen zu setzen, sondern stattdessen „Selbstscankassen“ einführt, gibt es dann dafür auch einen neuen Straftatbestand? Betrug passt nicht, evtl. zwar Unterschlagung aber nicht wenn man wirklich nur aus Versehen vergisst, ein einzelnes Teil zu scannen.

    Im Endeffekt sparen die Verkehrsbetriebe ja Geld/Personal, welches aber durch den Staat in Form von Strafprozessen getragen wird.

  10. 10
    jemand says:

    @Verlobte: Ernsthaft?

    xx:28 Uhr.

  11. 11
    Verlobte von Wilhelm Brause says:

    In der dritten Zeile vom Strafbefehl (Hinrichtungsbeschluss oder wie auch immer man das juristische Schmankerl nennt) steht geschrieben:

    Tatzeit:
    Und dann:
    Mittwoch (Datum geschwärzt) 2015 und dann 28 Uhr.

    Wahrscheinlich ein neuer Trick der Verkehrsbetriebe, um Verspätungen zu vertuschen.
    Denen traue ich alles zu.
    ALLES !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  12. 12
    Roland B. says:

    Und was steht wohl unter dem Geschwärzten zwischen 2015 und 28? soll da vielleicht ein „n.Chr.“ vertuscht werden?

  13. 13
    Mike Lehmann says:

    Mir fällt da nur der Klassiker ein:

  14. 14
    Rechenkünstler says:

    @ Tim:

    Ja, der Staat kann definitiv besser 100.000 Euro für Kontrolleure ausgeben und im Gegenzug 100.000 Euro bei der Justiz einsparen. Mich wundert, dass der Finanzsenator noch nicht auf diesen genialen Trick gekommen ist.

    Generell: Früher hat man sich, wenn man kein Geld für den Bus hatte, auf’s Fahrrad geschwungen, auch bei Wind und Wetter. In unserer Rundum-Sorglos-Gesellschaft meint aber nun jeder, ein Recht auf kostenloses Busfahren zu haben.

    Wundert sich eigentlich noch jemand, woher unsere Staatsschulden stammen?

  15. 15
    Zivilrechtler says:

    @ Rechenkünstler:

    Naja, ich glaube, niemand hier in dem Forum hat vertreten, daß Schwarzfahren erlaubt sein sollte. Ich zum Beispiel habe überhaupt nichts gegen die Pauschale von 40 oder 60 Euro. Aber einen Straftatbestand mußte man, wenn man die Idee ernst nimmt, daß das Strafrecht nur die ultima ratio sein soll, auch nicht gleich erschaffen. Die Abschreckungswirkung resultiert doch weniger aus dem Strafrecht als vielmehr aus der Pauschale. Die zusätzliche Einführung eines Straftatbestandes war schlicht nicht erforderlich.

  16. 16
    Rechenkünstler says:

    @Zivilrechtler:

    Dann erzählen Sie doch mal, wie Sie bei einem Hartzer die 40 / 60 Euro vollstrecken wollen.

  17. 17
    Julius says:

    Vor den „28 Uhr“ hat der Hausherr schlicht die Stundenangabe wegradiert.

    Schade um die humorvollen Beiträge hier.