Schülerlotsen im Knast

515551_web_R_K_B_by_Martin Berk_pixelio.deUnser Mandant wurde rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. In Anbetracht der Ausgangserwartung der Staatsanwaltschaft von dicht an die neun Jahre zumindest ein geringer Teilerfolg. Damit muß der Mandant nun leben.

Er wurde „heimatnah“ in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) nach Westdeutschland verlegt. Einer der Mitverteidiger hat ihn dort kürzlich besucht. Er berichtete, daß sich unser Mandant zwischenzeitlich schon ganz gut eingerichtet und mit seiner Situation einigermaßen arrangiert habe. Dazu beigetragen hat ganz besonders, daß er einen Job bekommen hat, der ihn die meiste Zeit des Tages beschäftigt.

Ein weiterer Grund dafür, daß es ihm nicht allzu schlecht geht, ist auch der Vergleich mit den Mitgefangenen. Der Kollege berichtet:

Die meisten Häftlinge haben wohl ein „LL“ (Lebenslange Haft). Er gilt mit seinen fünfeinhalb Jahren als „Schülerlotse“.

Der Vergleich mit denjenigen, denen es schlechter geht als einem selbst, ist auch den Menschen zu empfehlen, die keine Freiheitsstrafe absitzen müssen, sondern sich über Arbeitsüberlastung, laute Musik oder schlechtes Wetter beschweren.

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Bild: Martin Berk / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Knast, Mandanten, Verteidigung veröffentlicht.

4 Antworten auf Schülerlotsen im Knast

  1. 1
    Thomas B. says:

    Der Vergleich mit anderen ist in keinem Fall eine gute Idee. Es gibt immer jemanden, der „attraktivere“ Lebensumstände hat, als man selber

    Oder anders ausgedrückt. Was wäre, wenn „die meisten Häftlinge“ nur 2-3 Jahre absitzen müssten.

    • Entscheidend ist die Richtung, in die man schaut: Um den eigenen Status wertschätzen zu können, ist es hilfreich, sich bewußt zu machen, daß es Menschen gibt, denen es (wesentlich) schlechter geht. crh

    Aber schön, dass er wenigstens einen Job bekommen hat, mit dem er scheinbar was anfangen kann. Ich mag mir kaum vorstellen, wie man ganze Tage ohne irgendeine Beschäftigung verbringen kann.

    • Ja, Knastarbeit ist ein großes Privileg, das in der Praxis leider nicht jedem Knacki zuteil wird. crh
  2. 2
    BV says:

    Es klagt halt ein jeder auf seinem Niveau.

  3. 3
    f.loskel says:

    Ich war gestern beruflich in Luckau. Zwischen der Abfahrt Duben und Luckau befindet sich eine „moderne“ JVA mit ca. 6m hohen Mauern.

    Schon der Gedanke ……

  4. 4
    Ralph says:

    Hat man im Knast inzwischen (das Recht auf einen eigenen) Laptop und Internet (dem Hartzer stehen sie doch auch als „lebensnotwendig“ zu)?
    Dann könnte man sich den Tag über beschäftigen und Jura-blogs lesen und kommentieren ;)