Drumrumgebastelt

Der Bundesrat hat eine neue Idee: Er schlägt einen § 202d im Strafgesetzbuch vor. Danach …

… wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft,

wer Daten, die ein anderer ausgespäht oder sonst durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich oder einem anderen verschafft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.

Wer sich jetzt freut, daß nun ganze Belegschaften der Landesjustizministerien fünf Jahre lang hinter Gitter gebracht werden können, ist voreilig:

Staatliche Instanzen, die illegal erworbene Daten für die Strafverfolgung nutzen, sind von der Anwendung dieser Strafnorm ausgeschlossen. Der Ankauf dieser auf Datenträger gebrannten geklauten Daten wird straffrei möglich bleiben.

Amtsträger, die sich allein dienstbezogen bemakelte Daten verschaffen, sollen von einer Bestrafung ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang stellt der Bundesrat fest, dass der Ankauf sogenannter Steuer-CDs bereits nach dem geltenden Recht zulässig ist.

Denn erforderlich für eine gerechte Strafe sei die Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht. Wenn Amtsträger aber Daten in Besteuerungs- und Strafverfahren nutzen, wird der Staat nicht geschädigt. Und bereichern tut ja sich auch niemand.

Es ist bemerkenswert, wie es den Organen der Gesetzgebung auf recht hohem Niveau gelingt, ein durchaus sinnvolles Strafgesetz um ein grundsätzlich strafwürdiges Verhalten herum zu basteln.

Den Gesetzentwurf gibt es in der BT-Drs. 18/1288 (PDF, 459 KB)

Dieser Beitrag wurde unter Behörden, Cybercrime, Politisches, Steuerstrafrecht veröffentlicht.

10 Antworten auf Drumrumgebastelt

  1. 1
    Broncobama says:

    Hat man damit nicht auch gleich eine Handhabe, um Herrn Snowden nach deutschem Recht festzusetzen? Er schädigt ja das Ansehen der USA mit seinen Veröffentlichungen. (Wenn auch zu recht.)

  2. 2
    Johannes says:

    Das dürfte schon am Rückwirkungsverbot scheitern.

  3. 3
    jj preston says:

    Sinnvolles Gesetz?

    Zumindest, wenn man übersieht (oder übersehen will), dass man damit auch Glenn Greenwald hinter Gitter brächte. Oder die Spiegel-Redaktion. Oder jeden Journalisten, der Einzelheiten aus dem Datenbestand Snowdens zitiert…

    Und darauf zieht diese Gesetzesvorlage eigentlich ab, was die Begründung zu verschleiern versucht.

    Nur, wer nichts aus der Spiegel-Affäre gelernt hat, kann das vorgelegte Gesetzesvorhaben für sinnvoll erachten.

  4. 4

    § 201 (3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter die Vertraulichkeit des Wortes verletzt (Absätze 1 und 2).

    Was könnte bloß der Sinn der oben zitierten Vorschrift sein, welche eine Strafschärfung vorsieht, wenn jemand als Amtsträger illegal abhört ?

    Ob die Legalisierung des SteuerCD-Abklaus beim EuGH bestehen bleibt, wage ich zu bezweifeln, aber auch in Karlsruhe dürfte dieses Manöver Schmerzen verursachen.

  5. 5
    user124 says:

    @4
    sorry, diesen kommentar verstehe ich überhaupt nicht, ich kann den konstruierten zusammenhang nicht sehen. was hat der zitierte § mit steuer cds zu tun?

  6. 6

    5: Hinweis: die hier diskutierte Vorschrift sieht eine Legalisierung des eigentlich illegalen Datenerwerbs, etwa durch Kauf von Steuer-CDs nicht so armer Bürger vor.

    § 201 III StGB, also eine Nummer vorher, definiert eine massive Strafschärfung für Amtsträger, die illegal Daten beschaffen, nur eben durch das Abhören von Gesprächen, was vergleichbar ist.

    Also: § 201 und 202 betreffen ähnliche Tathandlungen ( Daten ziehen, ohne Rechtsgrundlage ), während der alte § 201 III StGB
    die Strafe erhöht, wenn ein Amtsträger sein Amt missbraucht, der geplante § 202 d aber die illegale Datenbeschaffung legal stellt, was ein Wertungswiderspruch ist.

    Ergebnis: Wenn jemand Daten durch illegales Abhören beschafft, dann wird er als Amtsträger schärfer bestraft, wenn er dies durch den Ankauf etwa von SteuerCDs macht, die etwa in der Schweiz
    unter Bruch des Völkerrechts gezogen wurden, dann kommt er frei davon, obwohl die Handlung ähnlich ist.

    Das ist, als würde man den Diebstahl von Äpfeln bestrafen, aber den Diebstahl von Birnen nicht.

  7. 7
    Maik says:

    Natürlich kommen Sie nicht auf die Idee die Daten seien gar nicht gestohlen. Diese stammen möglicherweise von den Banken selbst? Sie wissen sicherlich was die nachträgliche Erstellung der Unterlagen in der Schweiz kostet? Zusammen mit dem Kaufpreis der Cd gemessen an der Anzahl der beinhalteten Datensätze ein erkleckliches Sümmchen. Zudem erhält der Fiskus des Öfteren auch Cd Geschenke als Postwurfsendung.

    Ich bin uneingeschränkt für den Ankauf von Steuer-CDs und der strafrechtlichen Verfolgung der Anleger. Wer bis jetzt nicht reine. Tisch gemacht hat, ist der wahre Sozial-Schmarotzer. Es gilt wer betrügt, der sitzt.

  8. 8
    user124 says:

    @5
    sie sagen es ja selber, wer sein amt mißbraucht,
    dass will der amtstäger pp. im falle des neu geplanten 202d gar nicht..
    und das ähnliches nicht gleich ist, sagen sie bei den äpfel und birnen doch auch selber.
    und eine solche systematik, also mit tatbestandsmäßiger ausnahme einiger, gibt es sonst im stgb ja auch. siehe 138 / 139

  9. 9

    In einem der Entwürfe ist von „bemakelten Daten“
    die Rede – also: illegal erworbenen. Dass der Erwerb illegal erworbener Daten zu dienstlichen Zwecken dann doch legal sein soll, ist ein sog. Wertungswiderspruch – wer dienstlich bedingt Straftaten begeht, wird in aller Regel härter bestraft als ein ziviler Straftäter. Im neuen § 202 d gilt dies plötzlich niciht, weswegen ich der Vorschrift im Falle einer Verabschiedung keine großen Chancen gebe.

    Aus Rücksicht auf presserechtliche Gefahren
    zitiere ich jetzt nicht, wie der EuGH diese Praxis nennen würde, wäre er damit befasst, verweise aber auf den Fall Kopp ./. Schweiz, in dem auch illegaler Datenerwerb mit prägnanten Formulierungen gebrandmarkt wurde.

  10. 10
    user124 says:

    ein wertungswiderspruch liegt m.e. nicht vor. der gesetzgeber will doch genau diese regelung. das andere argument kann ich auch nicht nachvollziehen. die amtsdelikte werden ja gerade nicht im dienstlichen auftrag begangen