Ich konnte es nicht vermeiden. Eine Kollegin hatte mich gebeten, ihr als strafrechtlicher Berater in einer mündlichen Verhandlung vor dem Zivilgericht zur Verfügung zu stehen. Also mußte ich – das erste Mal seit vielen Jahren wieder – in den Tegeler Weg fahren.
Natürlich hatte ich Lampenfieber in diesem gepflegten Hohen Hause. Das ist man ja gar nicht gewohnt, lauter ehrlichen Menschen, hervorragend gekleidet und ausgesucht höflich, zu begegnen. Das drückt dann natürlich auf die Innereien.
Glücklicherweise fand ich nach einigen Hinweisen den für diesen Druck geeigneten Raum. Erstaunt hat mich allerdings die Bedienungsanleitung, die dort extra für die Zivilisten aufgehängt werden mußte:
Gut, daß es zuverlässiges Personal gibt, das sich mit den Gepflogenheiten der Seidenanzugsträger auskennt.
Ich habe solche Hinweise in Gerichten bis jetzt nur in den für den Publikumsverkehr geöffneten Toiletten gesehen.
Als ich noch in grauer Vorzeit Azubienchen war, hing auf der Mädchentoilette ein Emailleschild mit dem Spruch:
Verlasse diesen Platz
so sauber wie die Katz.
Damit ihn auch der Hintermann
genauso sauber nutzen kann!
Auf der Knabentoilette war ich nie.
Sprüche, die auf Schultoiletten mit Filzstift oder Kuli in die Türen geritzt oder geschmiert worden sind, gehören nicht hierher, weil Advokateninternet und somit ganz, ganz feine Kinderstube.
Eine weitere Variante der vergeblichen Höflichkeitserziehung der lieben Mitmenschen sind die Varianten, mit denen man eine Tür öffnen oder schließen kann. Wir sind nicht ohne Grund das Volk der Dichter und Denker:
Lieber Hausfreund , du wirst Lachen
die Tür geht leise zuzumachen.
Es zeugt von Kraft und nicht von Geist
wenn man mit Wucht die Tür zuschmeißt.
So ein hübscher Mensch wie Du
macht diese Türe leise zu.
Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen, dass ich dieses poetische Kunstwerk gelesen und nicht selbst gedichtet habe.
Was hierzulande noch mit Individualanweisungen vorgeschrieben wird, soll (ob´s stimmt?) in Sachsen-Anhalt längst Einzug in eine entsprechende Benutzungsordnung gefunden haben:
http://www.wasser-wissen.de/uebersichten/skurriles.htm#Benutzungsordnung
Lauter ehrliche Menschen. Ich glaube nirgendwo wird mehr gelogen als vor deutschen Zivilgerichten. Ein Beschuldigter darf ja sogar die Unwahrheit sagen, ein Beklagter sollte dies eigentlich nicht.
@K75 S
Ob’s stimmt? Auch wenn man das den deutschen Behörden durchaus zutrauen würde, einfach mal auf das Ausgabedatum schauen.
@Willi: Hab´sch gesehen … hätte doch aber keinen Spaß gemacht alles vorher zu verraten.