Mehr geht nicht

Nun hat die von mir angeregte Erörterung nach § 202 a StPO stattgefunden. Der Staatsanwalt ist der Bitte des Vorsitzenden nur mit Murren gefolgt und hat seine Strafmaßvorstellungen mitgeteilt: 12 bis 13 Jahre.

Die (gestandenen) Mitverteidiger hatten ebenso wie ich Mühe, auf ihren Stühlen sitzen zu bleiben.

Ich habe mich dann doch noch getraut zu fragen – wofür? Für den Fall, daß der Angeschuldigte die Vorwürfe aus der Anklageschrift vollumfänglich einräumt und es eine schlanke Beweisaufnahme gibt. Teilte der Staatsanwalt lapidar mit.

Der Kundige weiß, daß die Obergrenze bei 15 Jahren liegt. Mehr kann der Staatsanwalt auch dann nicht erwarten, wenn sich die Hauptverhandlung bis in den Herbst nächsten Jahres hinziehen sollte.

Ich kann mir vorstellen, daß der Mandant nicht amüsiert sein wird, wenn ihm das mitgeteilt wird. Und dann ist da noch die Familie …

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Staatsanwaltschaft, Verteidigung veröffentlicht.

10 Antworten auf Mehr geht nicht

  1. 1
    MaxR says:

    Wie ist das mit der Familie zu verstehen? Ist der Mandant Süditaliener?

  2. 2
    Ken Duke says:

    Ich verstehe das auch nicht. Die Anklage umfasst mehr als 80 Seiten. Scheint also eine nicht ganz einfache Kiste zu werden. Soll die Anspielung auf die für den nicht amüsierten Mandanten zu erwartenden 12-13 Jahre Freiheitsstrafe bei einer gesetzlichen Strafobergrenze von 15 Jahren darauf hindeuten, dass hier völlig überzogene oder gar willkürliche Straferwartungen im Raum stehen? Das lässt sich dem bisher Mitgeteilten aber nicht entnehmen.

  3. 3
    JJ Preston says:

    Der Herr Staatsanwalt ist wohl in seinem Arbeitspensum unterfordert. Wenn ich als Angeklagter die Wahl hätte, 2-3 Jahre weniger zu sitzen, wenn ich kooperiere, oder ggf. in einer juristisch komplexen Sache einen höheren „Rabatt“ zu kriegen, wenn’s komplett durchdekliniert wird, nehm ich doch die gesamte Show mit.

  4. 4
    cledrera says:

    § 202a StPO – Einladung zur Konfliktverteidigung, oder wie war das zu verstehen ??

  5. 5
    Tom Paris says:

    Ein Grund, weshalb ich wenig von „Deals“ halte. Die Vorstellungen des Gerichts und der Staatsanwaltschaft beinhalten oftmals eine Strafe, die auch ohne Geständnis und mit monatelanger Beweisaufnahme kaum höher ausfallen könnte.

    Auch Angebote à la: „6 Jahre mit, 9 Jahre ohne Geständnis“ sind nicht selten mit Vorsicht zu genießen. Oftmals stellt das „Lockangebot“ die tat- und schuldangemessene Strafe dar, die auch ohne Geständnis zu erwarten wäre.

  6. 6
    Subsumtionsautomat says:

    Also 2-3 Jahre weniger sind doch schon ganz ordentlich, finde ich. Wären bei 15 Jahren immerhin ca. 15-20 %! Wieviel soll man denn sonst für ein Geständnis geben? Die Hälfte dessen, was man sich vorstellt? Und die Vorstellung des Verteidigers, was schuldangemessen ist, ist wohl ohnehin nicht entscheidend. Auch was die Vorstellung der StA betrifft, wäre eigentlich die Vorstellung des Gerichts interessanter, weil letztlich entscheidend…

    Ist der Angeklagte Ausländer, dann ist wesentlich interessanter als die Frage nach der Höhe der Strafe doch die, ob ggf. eine Halbstrafenabschiebung möglich und seitens der StA befürwortet wird, insbesondere im Falle eines Geständnisses. Da werden dann aus 12 Jahren schnell 6 Jahre, die durch die U-Haft auch schon zum Teil verbüßt sind. Kann im Einzelfall durchaus interessant sein.

  7. 7
    Tom Paris says:

    Ja, 2-3 Jahre „Rabatt“ wären ein akzeptables Angebot für ein Geständnis, wenn anderenfalls 15 Jahren sicher vorhersehbar und unvermeidlich wären. Aber wann ist ein Fall schon einmal so klar und so schwer, daß in revisionssicherer Weise nur die Verhängung der zeitlichen Höchststrafe alles allein angemessene Strafe in Betracht kommt?

    Bei einer verworrenen Sach- und Rechtslage, wie sie solchen Fällen regelmäßig zugrundeliegt, dürften 12-13 Jahre wahrscheinlich eher der worst case und kein akzeptables „Deal“-Angebot sein.

  8. 8
    Ref.iur. says:

    Mich würde mal interessieren, wie das Gericht auf das Angebot des StA reagiert hat. Da es sich um eine komplexe Sache handelt und das Gericht bei einem Deal eine Menge Zeit und Mühe gespart hätte, dürfte das Konfliktverhalten der StA doch nicht allzu gut angekommen sein…

  9. 9
    ben says:

    Erstmal das Gericht anregen, dem nachzugehen, ob die StA nicht „unvoreingenommen“ ist. Wie kann die StA bei einem normalen Fall 12-13 Jahre ohne Geständnis fordern? Absoluter Irrsinn!

    Hab da so leise in Erinnerung, dass man bei einem „normalen“ Fall ungefähr die Hälfte der Maximalstrafte als Regelmaß nimmt. Freilich müssen Vorstrafen etc. berücksichtigt werden, aber 12 – Jahre als Einsteigegebot zu nehmen ist schon sehr knackig.

  10. 10

    […] gemacht: 12 bis 13 Jahre, wenn er die Vorwürfe, die in der Anklage stehen, einräumt. Ich hatte darüber bereits berichtet, daß dieses Angebot eines ist, daß man nicht annehmen kann. Immerhin: Eine verbotene […]