Reform der Rechtsberatung

Der Deutsche Bundestag hat [am 11.10.2007] das neue Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verabschiedet, mit dem die Rechtsberatung neu geordnet wird. Stimmt der Bundesrat zu, kann das Gesetz zum 1. Juli 2008 in Kraft treten.

„Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz erhält das Anwaltsmonopol für den gesamten Kernbereich rechtlicher Dienstleistungen. Allerdings wird es künftig moderate Öffnungen geben“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

[…]

Im Interesse einer sachgerechten, unabhängigen Rechtsberatung bleibt es auch in Zukunft bei dem Grundsatz, dass die Vertretung vor Gericht, ebenso wie die außergerichtliche Beratung in den Händen der Anwältinnen und Anwälte bleibt. Öffnungen sieht das neue RDG gegenüber dem geltenden Rechtsberatungsgesetz allerdings bei der unentgeltlichen, altruistischen Rechtsberatung vor, die grundsätzlich freigegeben wird. „Karitative Einrichtungen, Verbraucherberatung oder Mieterbund dürfen unentgeltliche Rechtsdienstleistungen anbieten – das gleiche gilt für Rechtsberatungen im Familien- und Freundeskreis. Um sicherzustellen, dass Rechtssuchende kompetent beraten werden, dürfen gemeinnützige Einrichtungen Rechtsdienstleistungen nur durch oder unter Anleitung eines Volljuristen erbringen, sagte die Bundesjustizministerin.

Auch Nichtanwälte sollen künftig im Zusammenhang mit einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit juristische Nebenleistungen erbringen dürfen. So dürfen beispielsweise Architekten künftig im Rahmen von Planungsleistungen ihre Auftraggeber bei damit zusammenhängenden baurechtlichen Fragen beraten. „Diese Regelung ist so gewählt, dass sie einerseits die verfassungs- und europarechtlich gebotenen Öffnungen ermöglicht und andererseits die Grenzen zulässiger Rechtsberatung klar und deutlich hervorhebt“, sagte Brigitte Zypries.

[…]

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz

Es gibt Stimmen, die sagen, daß sich dadurch die Anzahl der Mandate für Rechtanwälte erhöhen wird: Der Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Rechtsberatung durch Nichtanwälte soll zum Renner werden.

Strafverteidiger werden wohl nur mittelbar von dieser Reform betroffen sein.

Dieser Beitrag wurde unter Politisches veröffentlicht.

7 Antworten auf Reform der Rechtsberatung

  1. 1
    Amateurjurist says:

    Wer sagt denn, dass man für fehlerhafte Beratung durch Nicht-Juristen überhaupt einen Schadensersatz verlangen kann?

    Ich finde diese Gesetzesänderung ausnahmsweise mal vernünftig.

    By the way: Das alte Rechtsberatungsgesetz hat seine Ursprünge im Jahr 1935, als es darum ging, bestimmte Personengruppen in Deutschland von der ‚arischen‘ Rechtswissenschaft auszuschließen …

  2. 2

    § 280 Abs. 1 BGB sagt das: „Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.“

    Und dass sich die Beratung zB eines Architekten zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag innerhalb eines Schuldverhältnisses (Auftrag) bewegt, dürfte vergleichsweise klar sein. Warum sollte dann der Architekt nicht für Fehler im Zusammenhang mit seiner Beratung grade stehen müssen? Wenn der Architekt berät, dann ist es IMHO auch seine Pflicht, richtig zu beraten.

  3. 3
    Amateurjurist says:

    @Dominik Boecker: Versuchen Sie doch einmal mit derselben Begründung, von einem Meteorologen eine Schadensersatzforderung zu verlangen, weil dessen „Beratung“ nicht 100 % korrekt war … oder ist es etwa nicht seine Pflicht, eine wahrheitsgemäße Wettervorhersage zu präsentieren??

    Also.. ebenso wie bei dem Beispiel des nicht-rechtskundigen Architekten ist es auch hier unangebracht, von einer Beratung im Sinne eines Schuldverhältnisses gem. BGB auszugehen. Dass dies einige juristische Profis besonders mittels erhobenem Zeigefinger auf dem veralteten RBG dennoch immer wieder tun (und so manchen Architekten mit ihren Abmahnungen auch schon sicher in den finanziellen Ruin getrieben haben), zeugt nur von deren ausgeprägten Macht- und Profitdenken.

    Nur gut, dass die Politik solchen Zeitgenossen nun endlich einen Riegel vorgeschoben hat!

  4. 4

    Mit dem Meteorologen habe ich aber keine vertragliche oder gesetzliche Beziehung, wenn der mit gegen 20:12 Uhr im Ersten die Wettervorhersage präsentiert; insoweit erscheint mir der Vergleich schon von der Ausgangslage nicht passend.

    Dass eine vertragliche oder gesetzliche Beziehung notwendig ist, um Rechtsberatend tätig werden zu dürfen, ergibt sich aus § 5 Abs. 1 RDG:

    „(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen oder gesetzlich geregelten Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild oder zur vollständigen Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten gehören. (…)“.

    Der Architekt hat mit dem Auftraggeber eine vertragliche Beziehung, in dessen Rahmen er nicht nur die Architektenleistung erbringen darf, sondern künftig auch Rechtsberatungsleistungen. Und warum die Erfüllung der gesetzlichen oder vertraglich übernommenen Pflicht „Rechtsberatung“ nicht von der genannten Verletzung der Pflicht im Rahmen § 280 Abs. 1 BGB erfasst sein sollte, erschliesst sich mir nocht auf Anhieb. Schreibst Du da bitte noch was zu?

  5. 5
    Amateurjurist says:

    @Dominik Boecker: Ich meinte natürlich nicht die allgemeine Wettervorhersage für Klein Mäxchen in der Tagesschau, sondern wenn Sie z.B. als Industriekunde oder Energieerzeuger einen Vertrag mit dem Wetterdienst zur Belieferung mit Prognosen abschließen. Besteht dann etwa ein Schadensersatzanspruch im Falle nicht eingetroffener Prognosen? (Dabei fragt sich natürlich auch: 1. wie man im Einzelfall „nicht eingetroffen“ definiert und 2. ob man dem Meteorologen in diesem Fall evtl. grobe Fahrlässigkeit oder schlampige Arbeit nachweisen kann).

    Deswegen bin ich auch der Auffassung, dass sich Ansprüche aus dem 280er zumindest dann nicht durchsetzen lassen, wenn die Pflichtverletzung nur fahrlässig erfolgte oder wenn der Leistungserbringer keinen Einfluss hierauf hatte.

    Ansonsten müsste ich bei einer solchen Betrachtungsweise, dass jeder Vertrag ein ‚Schuldverhältnis‘ ist, auch Schadensersatz von der Bahn für mein Monatsticket verlangen, weil mir als Kunde (= Leistungsgläubiger) durch die dauernden Streiks ein Schaden (= massive Verspätungen/Arbeitsausfalltage/etc.) entsteht.
    Auch bin ich schon ganz zufrieden, dass mich mein Arbeitgeber bei solchen Vorkommnissen nicht gleich kündigt oder ebenfalls auf Schadensersatz verklagt.

  6. 6

    Bei jedem Gesetz muss immer die Frage gestellt werden: Qui bono? Wem nützt es? – Ich denke da z.B. an den ADAC und an die Banken (Testamentsberatung). Einen schillerndn Begriff als die „Nebenleistung“ dürfte es wohl kaum geben.

    Man betrachte im Vergleich einmal die Erfolge des Steuerberaterstandes bei der Verteidigung seiner Pfründe: Vor kurzem noch sind Versuche gescheitert, den selbstständigen Buchführungshelfern wenigstens auch die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen zu erlauben (also die Aufaddierung von Steuerbeträgen und die Übertragung dieser Zahl auf ein Steuerformular).

    Das Steuerberatermonopol wurde auch unter den Nazis eingeführt. Das ist aber egal, wenn man das BMF als Lobbyisten hat.

    Ich hätte nichts gegen eine Liberalisierung in der rechtsberatung, wenn im Gegenzug der Notarberuf abgeschafft würde. Aber der Notar ist ja in besonderem Maße staatstragend, weil er Grundstückstransaktionen an die Finanzämter melden muss.

  7. 7

    „Besteht dann etwa ein Schadensersatzanspruch im Falle nicht eingetroffener Prognosen?“

    Dem Grundsatz nach ja, ich denke nur, dass sich in dem Vertragswerk etwas zum Ausschluss der Haftung finden wird.

    Die Haftung für fehlerhafte Rechtsberatung ist ziemlich ziemlich streng. Ich sehe keinen sachlichen Grund, warum danach differenziert werden sollte, ob der Beratende Volljurist ist (dann strenge Haftung) oder nicht (dann keine oder nur geringfügige Haftung), denn der Beratungsgegenstand ist bei beiden identisch.

    Eher sogar im Gegenteil: wenn der Beratende weiß oder absehen kann, dass er nicht hinreichend qualifiziert ist, dann dürfte das ganz regelmäßig grob fahrlässig sein, wenn er gleichwohl die Beratung macht und es dadurch zu Schäden kommt.